Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

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Pal

65, Männlich

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Beiträge: 2513

Re: Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

von Pal am 11.05.2017 20:02

Nun gut. liebe Solana!

Vielleicht bemerkst du selbst den Widerspruch in deinen eigenen Worten:

Solana: 1 -
Eine Raupe wird nur dann zum Schmetterling, wenn sie das Raupenstadium vollständig hinter sich lässt.

Solana; 2 -
Auch wenn wir dabei versagen, dürfen wir immer wieder uns neu nach dem höchsten Ziel ausstrecken...

1 und 2 gehen nicht zusammen. Entweder oder!

Solange ich den Schatz in irdenem Gefäß trage, werde ich die Vollkommenheit nie vollständig erfahren. Ich bin nämlich nicht nur "Geist", sondern eben ein Geist in einer irdenen Hütte, von der ich nur zu gerne erlöst werden möchte!

Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.05.2017 20:03.

geli
Gelöschter Benutzer

Re: Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

von geli am 11.05.2017 20:25

Cleopatra: Wir sind eben nicht beides, wir sind eine neue kreatur- wir sind ganz Schmetterling. Deshalb bringt es auch nichts, sich als Raupe zu sehen oder wie eine Raupe zu handeln.

Ja, ich denke, es ist eine Frage des Glaubens. In einer ganz bestimmten Situation gab Gott mir den klaren Gedanken: "Angela, was glaubst du - was du siehst oder was ich sage?"
Glaube ich mehr, dass ich eine "Raupe" bin, oder freue ich mich darüber, dass Gott mich zu einem "Schmetterling" gemacht hat?
Beschäftige ich mich mehr mit meinem Dasein als "Raupe" (das böse Fleisch), oder beschäftige ich mich mehr mit meiner neuen Identität als Kind Gottes?

Ja, das ist die Frage: Beschäftige ich mich ständig mit dem, was ich "sehe", oder beschäftige ich mit mit dem, was Gott über mich sagt?

Natürlich bedeutet das nicht, dass ich nicht Gott mein Herz prüfen lasse und ihn bitte, mich ggf. zu korrigieren - nicht dass es Missverständnisse gibt - @ Pal

Aber ich denke, es ist beides gefährlich: Sich einerseits nur noch mit dem zu beschäftigen, was ich in Christus bin (und zu meinen, ich brächte nun keine Korrektur mehr),  und sich andererseits zu sehr mit dem "bösen Fleisch" zu beschäftigen, was uns den Blick dafür verdunkelt, was Gott uns alles geschenkt hat.

Pal, ich hab oft den Eindruck, dass Du sehr dazu neigst, auf Deine "schrecklich verdorbene Natur, das schrecklich böse Fleisch" zu schauen, oder irre ich mich?

Es gibt ein Lied, das ich eine Zeitlang sehr oft gehört habe - hier dazu der Refrain:

"Und ich danke dir, dass du mich kennst und trotzdem liebst, und dass du mich beim Namen nennst und mir vergibst. Herr, du richtest mich wieder auf, und du hebst mich zu dir hinauf. Ja, ich danke dir, dass du mich kennst und trotzdem liebst."

Dieses "trotzdem" ist es nämlich, was mich tröstet, wenn ich mal wieder Leid trage über mein eigenes Versagen, über meine eigene Unfähigkeit... und was mir auch hilft, "trotzdem" wieder auf das zu schauen, was Gott über mich in seinem Wort sagt (der "Schmetterling" ).

Denn: "Selig sind die, die Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden."

Wie hat letztens jemand zu mir gesagt: "Hinfallen, um Vergebung bitten, Krone richten, weitergehen..."   Hier würde ich vielleicht noch hinzufügen:

"Danke sagen" - nämlich dass nicht das "böse Fleisch" am Ende der Sieger sein wird, sondern die neue Kreatur, die jetzt schon in mir angelegt ist und die mehr und mehr Raum einnehmen darf.
Jesus in mir ist der Sieger - er ist nämlich gekommen, um die Mächte der Finsternis zu zerstören - auch in mir!
Er kämpft und siegt für mich.
Ein Satz, den ich mal irgendwo gelesen habe, begleitet mich schon lange:

"Der Sieg wird nicht erkämpft, sondern er wird geglaubt".

Ich denke auch: Solange ich damit beschäftgt bin, herauszufinden, was Gottes Wort über mich als neue Kreatur, als "Schmetterling" sagt, sind meine Gedanken schon mal beschäftigt, und das "böse Fleisch" findet wenig Raum, ebenfalls meine Gedanken zu füllen 

Lg, geli

Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.05.2017 20:29.

Burgen
Gelöschter Benutzer

Re: Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

von Burgen am 11.05.2017 20:51

Ja, genau, Geli.

Deine Beschreibung oben zeigt ein gutes Bild gelebtes praktisches Christsein.

Mit der Geburt eines Kindes ist alles in es hineingelegt, genau wie bei der Wiedergeburt der Geist Christi - der Heilige Geist

alles in uns hineingelegt hat.

Wir müssen dann letztlich nur noch wachsen, erwachsen werden, lernen.

Ein Kind fällt oft erstmal hin. Laufen lernen ist nicht so einfach.

Jedes Aufstehen kräftigt die Muskeln, Sehnen und Bänder.

Das ist während des Glaubenlebens nach der Wiedergeburt nicht anders.

Auch hier werden die Muskeln, die Glaubensmuskeln der Erlösung, stärker.

Allerdings gebe ich zu, dass die Prozesse ziemlich viele Jahre dauern können.

Doch das Wort Gottes sagt uns auch: ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von wo mir Hilfe kommt.

Das kann oftmals am Tag geschehen.

Beispiel: Als Kind rollerte ich furchtbar schnell eine abschüssigen Fussweg hinunter.
Gesehen habe ich, dass ich fest den Lenker in Händen hielt und meine Augen ziemlich starr auf den dicken Baum
gerichtet waren, was zur Folge hatte, dass es einen harten Stoß gegen den Baum gab.
Ich war nicht in der Lage, ihn zu umfahren und fand mich im Krankenbett wieder.

Es ist doch wirklich Gnade, die wir geschenkt bekommen haben, viel mehr auf ihn als auf den alten Menschen zu blicken.
Die Gnade bewirkt Freiheit und Zuversicht, was sich auch im Umgang mit anderen bestenfalls auswirkt.

G.Burgen 

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Pal

65, Männlich

  Urgestein

Beiträge: 2513

Re: Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

von Pal am 11.05.2017 21:07

Geli:
Pal, ich hab oft den Eindruck, dass Du sehr dazu neigst, auf Deine "schrecklich verdorbene Natur, das schrecklich böse Fleisch" zu schauen, oder irre ich mich?

Ja, da irrst du dich tatsächlich!

Nur habe ich zwei Gründe, warum ich diese (dunkle) Perspektive derart betone:

1.) Ich erlebe im Gemeindebau, Seelsorge als Gemeindeleiter oft das enorme Zukurzkommen der einzelnen Personen. Das heißt die Sünde wird oft vollbracht aber die tiefe Reue und Buße fehlt. Das heißt die Diskrepanz zwischen echter Heiligkeit und fleischlicher Scheinheiligkeit ist leider sehr tragisch.

2.) Ich lese, das die Bibel selbst weit mehr Konzentration auf das Negative, als auf das Positive verwendet. Wenn man einmal die positiven neben die negativen Geschichten stellen könnte, würden wir sicher staunen, wie sehr das Negative Prozentual überwiegt.
Wenn die Bibel so eine Fokusierung tätigt, sollte ich mir dann (beim Predigen) nur die "positiven Körner" rauspicken?
Nein, ich meine das Negative sollte ungefähr in biblischen Verhältnis weitergegeben werden.

Warum verhält es sich in er Bibel so?
Gott hätte die vielen schlechten Dinge doch einfach verschweigen können.
Aber nein!
Sie werden extra plakativ, ungeschönt hervorgehoben.
Als Paradebeispiel nenne ich nur einmal die Mißerfolgsgeschichte mit dem auserwählten Volk Israel.
Und dann sagt das NT =>

1Ko 10:6 Diese Dinge aber sind als Vorbilder für uns geschehen, daß wir nicht nach bösen Dingen gelüsten, gleichwie auch jene gelüsteten.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.05.2017 21:35.

solana

-, Weiblich

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Forenmoderator

Beiträge: 4164

Re: Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

von solana am 11.05.2017 21:49

Pal schrieb:

 Vielleicht bemerkst du selbst den Widerspruch in deinen eigenen Worten:
Solana: 1 -
Eine Raupe wird nur dann zum Schmetterling, wenn sie das Raupenstadium vollständig hinter sich lässt.

 

Solana; 2 -
Auch wenn wir dabei versagen, dürfen wir immer wieder uns neu nach dem höchsten Ziel ausstrecken...

1 und 2 gehen nicht zusammen. Entweder oder!

Solange ich den Schatz in irdenem Gefäß trage, werde ich die Vollkommenheit nie vollständig erfahren. Ich bin nämlich nicht nur "Geist", sondern eben ein Geist in einer irdenen Hütte, von der ich nur zu gerne erlöst werden möchte!

Hallo Pal
Das ist kein Widerspruch, sondern die Spannung zwischen Glauben und Schauen.
Dieselbe Spannung, die auch in Paulus Worten liegt, die ich dazu zitiert habe:

Phil 3, 12 Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin.
13 Meine Brüder und Schwestern, ich schätze mich selbst nicht so ein, dass ich's ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist,
14 und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.
15 Wie viele nun von uns vollkommen sind, die lasst uns so gesinnt sein.

Die Spannung, von der du selbst doch auch so oft sprichst .

Wenn du diesen "Widerspruch" auflösen wolltest - was käme dann dabei heraus?
Das hiesse dann doch: "Wir sind, solange wir hier auf der Erde leben, doch noch nicht ganz erlöst, sondern nur halb; doch noch nicht ganz wiedergeboren, sondern stecken noch im Geburtskanal fest irgebndwo zwischhen dem "alten" und dem "neuen" Menschen; wir sind dem alten Leben doch noch nicht ganz abgestorben, sondern nur halb und die Sünde hat auch noch halbe Herrschaft über uns ....
Dann ist es kein Widerspruch mehr .

Aber die Spannung liegt doch nicht zwischen unserer alten und unserer neuen Natur, sondern zwischen der menschlichen und der göttlichen "Ebene"/Perspektive. Und wir haben an beiden Ebenen Anteil - wir sind auf der Ebene Gottes im Glauben g a n z erlöst, nicht nur halb Und sind durch diese Erlösung eine g a n z neue Kreatur - nicht "halb alt" geblieben.
Und auf der Erbene  unseres menschlichen Daseins in der Welt sind wir g a n z Mensch geblieben, sind nicht auf einmal ein "Übermensch" geworden, ohne Schwächen und unanfechtbar, vollkommen usw.

Die Spannung, die wir aushalten müssen, ist zwischen den "Ebenen" , nicht zwischen unseren guten und schlechten Taten.

Und unsere "Identität" sollen wir auf der richtigen Ebene suchen. Hier ist die Alternative.

Die Alternative heisst nicht: entweder identifiziere ich mich nur mit meinen Erfolgen und guten Taten, indem ich die Misserfolge und mein "Böse-Sein" ausblende einerseits oder ich identifiziere mich mit miner Schwachheit/Misserfolg/Sündhaftigkeit usw und blende dabei alles Gute (das mich stolz machen könnte) andererseits aus.
Denn damit blieben wir ja doch wieder nur auf der Ebene des "Menschseins", der Blick klebt am Ego, im Positiven wie im Negativen. 

Wenn ich aber die Perspektive des NT annehme, dann suche ich meine Identität auf der anderen Ebene, der Ebene Gottes:

Kol 3,1 Seid ihr nun mit Christus auferweckt, so sucht, was droben ist, wo Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes.
2 Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist.
3 Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.

Unser Blick soll weggehen von uns selbst - nicht unsere Erfolge als Gutmenschen noch unsere Misserfolge als Bösemenschen machen unsere Identität aus. Das sind "Kleider", die wir ab- bzw anlegen, so dass auch unser äusseres Erscheinungsbild immer mehr mit unserer inneren Neuschöpfung übereinstimmt und das Licht, das in uns als Schatz in irdene Gefässe hineingelegt wurde, immer mehr nach aussen hin sichtbar wird.

Deshalb sehen wir im Erfolg und auch im Misserfolg nicht auf uns und auf unsere Leistung bzw Versagen, sondern auf Gott.
Und bringen ihm im Vertrauen die Scherben unseres Zerbruchs, weil wir wissen, dass er uns auch das Negative zum Besten dienen lassen wird durch seine Liebe, die uns "wertvoll" macht.
Und im Wissen, dass es nicht unsere guten Taten sind, die unseren Wert ausmachen, bringen wir ihm diese auch voll Freude und Dankbarkeit darüber, dass er durch uns und in uns etwas Gutes gewirkt hat.
So lassen wir beides - Gutes und Böses - los, geben ihm so im Guten wie im Bösen die Ehre, indem wir wegsehen von uns und hinsehen auf ihn, halten an ihm allein fest und vertrauen auf und seine Liebe.

(Diese Differenzierung fehlt mir ein bisschen in deiner "Vögelchengeschichte" vom Video , Vögelchen sieht für meine Begriffe ein bisschen zu viel darauf, dass Übung den Meister macht und dass man aus Erfahrung lernt und irgendwann dann mal doch gut fliegen kann ..... aber das stört vielleicht nur mich, weil ich die Betonung eben anders lege ) .

Gruss
Solana 

angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver

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Burgen
Gelöschter Benutzer

Re: Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

von Burgen am 11.05.2017 21:55

Hallo Pal,

ja, die Geschichte mit den Menschen, inklusive dem Volk der Nachkommen Abrahams, wie auch der Christen ist grob betrachtet, nicht gerade vorbildlich.
Da fällt mir die Kolonialzeit ein, die Völkerwanderungen, einschließlich ihre Kriege. Das Mittelalter des alten Europas und und und.

Im alten Forum hatte mal jemand die meisten bekannten Kriege aufgezählt. Und bis zur Wiederkunft Christi wird es nicht weniger werden.
Und doch empfinde ich, dass Kopfnüsse verteilt werden, wenn ein Thread nach kurzer Zeit durch die Betrachtung der Fleischlichkeit und Verderbnis deiner Person ( so kommt es jedenfalls rüber) eine eher schwere Richtung bekommt.

Es sind hier ja oft ganz einfach Fragen, die im Glauben und in der Beziehung zu Jesus weiterhelfen sollen.
Aber vielleicht verstehe ich es auch alles falsch und sollte nicht soviel selber mitteilen.

Jedenfalls kommt es bei mir ähnlich an, wie bei anderen Usern dieses, dass ein Christ ohne Sünde mehr ist.
Sei bitte nicht gekränkt, werde  in Zukunft lieber schweigen, oder gar nicht erst lesen.

Gruss
Burgen 

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Hyperion

49, Männlich

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Beiträge: 228

Re: Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

von Hyperion am 12.05.2017 00:24

Hallo liebes Forum,

ich habe mir eure Posts zu diesem Thema hier gerade durchgelesen und da haben sich mir ein paar Fragen gestellt, die ich nun gerne mit euch teilen möchte, verbunden mit der freundlichen Bitte, sie vielleicht zu beantworten, wenn ihr könnt und mögt. 

Dazu möchte ich zunächst gerne solana zitieren, weil ich ihren Beitrag wirklich grandios finde und mich in ihren Worten absolut wiederfinden kann:


Unsere neue Identität in Christus haben wir aus Gnade - nich aus unserem Verdienst, auf den wir pochen könnten - deshalb ist sie in unserem Leben nur dann die wirklich tragende Grundlage, wenn wir vertrauen. Und trotz allem, was dagegen steht, daran fest halten und von daher leben. Wir können die Spannungen nicht weg kriegen, so sehr wir auch dagegen ankämpfen. Unsere "Sicherheit" liegt nicht darin, dass unsere Identität in Christus von allen Spannungen freigekämpft wird. Sondern darin, dass wir gerade in der Spannung auf ihn sehen, ihm vertrauen und trotz allem, was dagegen steht, an ihm festhalten.

Dann erleben wir, wie tragfähig diese Grundlage unseres Lebens ist. Wir erfahren, dass er uns hält und durchträgt - trotz all unserer Unfähigkeit und Versagen. Und je mehr wir das erfahren, um so sicherer und geborgener wissen wir uns in seiner Hand. Je mehr wir das erfahren und je sicherer wir uns unserer Identität in Christus werden, um so leichter wird es, alles "loszulassen" und abzulegen, was dem im Weg steht.

Das entspricht sehr genau dem, was ich auch glaube. Denn der zentrale Aspekt meines Menschseins ist auch für mich die neue Identität in Christus, wie solana es ausdrückte. Diesen Aspekt kann man meiner persönlichen Meinung nach auch gar nicht überbetonen, weil sich gerade darin die Frohe Botschaft ausdrückt, bzw. die neue Identität in Christus ist die Frohe Botschaft!

Denn trotz aller aufkommenden Spannungen und Versuchungen des Lebensalltags, trotz meiner immer wieder bestehenden Schwachheit, meines Versagens, Scheiterns und Sündigens, darf ich doch gewiss sein, dass mich diese neue Identität auch noch durch das dunkelste Tal führen wird, mich nichts von Gott trennen kann und er das gute Werk vollenden wird, das seinen Anfang in dem Gnadengeschenk dieser neuen Identität nahm.

Ich muss in diesem Kontext auch an Lukas 15,1-10 denken, dem Gleichnis vom verlorenen Schaf und ganz besonders an Vers 7 in dem es heißt:

"Ich sage euch: So wird Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die die Buße nicht nötig haben."

Ich finde das wirklich beeindruckend, dass Gott so große Freude daran hat uns zu vergeben, dass die Freude über den einen bußfertigen Sünder sogar noch größer ist, als die Freude über die 99 Gerechten! Ist es nicht ganz wunderbar und ausgesprochen tröstlich wissen zu dürfen, dass Gott gerne und mit großer Freude vergibt? Und ist es vielleicht auch so, dass es uns selbst sehr viel schwerer fällt, uns selbst (und anderen) zu vergeben? Vielleicht liegt unter anderem ja darin begründet, weshalb es manchen Christen so schwer fällt die von solana thematisierten Spannungen zu ertragen? Sie können sich vielleicht nur schwer selbst ihre Schwachheit vergeben...?

Und diesbezüglich hätte ich dann auch gerne meine Frage an solana gestellt. Du schreibst im zweiten Absatz deines oben zitierten Posts, dass man die Tragfähigkeit der Grundlage unseres Lebens erfahren kann, dass man erfahren kann, dass er uns hält und trägt, trotz aller Unfähigkeit und trotz allen Versagens und je mehr wir das erfahren, um so sicherer und geborgener wissen wir uns dann auch in seiner Hand. Ich finde diese Gedanken wunderschön und sehe das ebenso wie du, aber wie glaubst du kann man diese Tragfähigkeit von der du sprichst, den Brüdern und Schwestern vermitteln, die sie einfach nicht spüren können, die sie auch nicht erfahren, sondern vielleicht zunehmend an ihrer menschlichen Schwachheit verzweifeln und die Spannungen deshalb zunehmend als unerträglich erleben, weil sie sich in der Tiefe ihres Herzens nicht befreit fühlen, sondern vielmehr in Sünde gefangen? Hast du vielleicht eine Idee, wie man in dieser Weise verzweifelten Geschwistern am besten helfen und begegnen sollte? 

Und an Pal hätte ich auch noch eine kurze Frage. Du schreibst:

Ich erlebe im Gemeindebau, Seelsorge als Gemeindeleiter oft das enorme Zukurzkommen der einzelnen Personen. Das heißt die Sünde wird oft vollbracht aber die tiefe Reue und Buße fehlt. Das heißt die Diskrepanz zwischen echter Heiligkeit und fleischlicher Scheinheiligkeit ist leider sehr tragisch.

Inwiefern meinst du, dass diesen einzelnen Personen die tiefe Reue und Buße fehlt? Also woran machst du das fest und woher weißt du, dass es so ist? Sagen sie dir, dass sie sich nicht befreit fühlen, obwohl sie um Vergebung gebeten haben? Wissen diese Geschwister denn, dass Gott größte Freude daran hat zu vergeben, dass er es wirklich gern tut und können sie das überhaupt glauben? Oder halten sie ihre Sünden vielleicht für zu groß und sich selbst für zu verdorben? Mich interessiert das, weil ich immer wieder die Erfahrung mache, dass es solche Geschwister gibt und sie sich sehr quälen, was ich total schlimm finde, wo wir doch alle die Frohe Botschaft kennen und trotzdem scheint es fast so, als könnten diese Geschwister sie für sich irgendwie nicht annehmen. Das macht mich sehr sehr traurig und ich finde auch, dass das nicht sein müsste.

Du hast dann weiter noch folgendes geschrieben, Pal:

2.) Ich lese, das die Bibel selbst weit mehr Konzentration auf das Negative, als auf das Positive verwendet. Wenn man einmal die positiven neben die negativen Geschichten stellen könnte, würden wir sicher staunen, wie sehr das Negative Prozentual überwiegt. Wenn die Bibel so eine Fokusierung tätigt, sollte ich mir dann (beim Predigen) nur die "positiven Körner" rauspicken? Nein, ich meine das Negative sollte ungefähr in biblischen Verhältnis weitergegeben werden.

Dazu möchte ich noch kurz anmerken, dass ich nicht finde, dass die "negativen Geschichten" und generell "das Negative in der Bibel" prozentual überwiegt. Der Kern der Bibel ist doch die Frohe Botschaft. Darauf zielt doch alles ab. Und wie ich bereits oben in meinem Post erwähnte, dass man meiner Meinung nach die Frohe Botschaft gar nicht überbetonen kann, kann man meiner Meinung nach auch nicht glücklich, dankbar, froh und positiv genug darüber gestimmt sein, dass uns das Gnadengeschenk der neuen Identität in Christus tatsächlich zuteil wurde. Und dies überstrahlt meiner Meinung nach alles etwaige Negative bei weitem!

Aber nicht, dass man das Negative deshalb völlig vergessen und außer acht lassen könnte. Jedoch sollte man als Christ meiner Meinung nach zuvorderst die frohe Botschaft verkündigen, damit die Menschen dann auf persönlicher Ebene die Erfahrung machen können, was Gott da eigentlich für sie getan hat, auf das der Geist Gottes in ihnen lebendig werde.

Denn aus der Frohen Botschaft und dem Geist Gottes in uns, erwächst letztlich doch alle Kraft und Zuversicht die man benötigt, um sich adäquat auch mit allem "Negativen der Bibel" beschäftigen zu können und ohne an diesem Negativen verzweifeln und kaputt gehen zu müssen, weil angesichts des Gesetzes der Sünde und des Todes, alles nur noch hoffnungslos erscheint, bzw. erscheinen muss.

Also erst kommt die Frohe Botschaft und die damit verbundene neue Identität in Christus und dann folgt alles weitere, finde ich. Dem Negativen kann man dann sehr gelassen entgegen blicken.

LG
Hyperion

Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 12.05.2017 02:59.

Pal

65, Männlich

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Beiträge: 2513

Re: Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

von Pal am 12.05.2017 07:31

@Hyperion nennt den Beitrag von @Solana "grandios" - ich kann mich da nur anschließen. - einfach super!

Das mit den zwei gleichzeitigen Ebenen, die Beide vorhanden sind und zwar nicht hab und halb, sondern eben ganz ist ein sehr wichtiger Punkt.
Denn die gedankliche Lösung von dem "noch im Geburtskanal feststecken" - was auch so meine Idee war - bringt die Angelegenheit nicht wirklich zum Kern.
Vielen Dank ihr Lieben für eure tollen Beiträge! -

Wobei ich schade finde das du @Burgen dich zurück ziehen willst!

Burgen:
Und doch empfinde ich, dass Kopfnüsse verteilt werden, wenn ein Thread nach kurzer Zeit durch die Betrachtung der Fleischlichkeit und Verderbnis deiner Person ( so kommt es jedenfalls rüber) eine eher schwere Richtung bekommt.

 Ich kann solche Problem-Thread auch anfangen, indem ich andere Mitchristen ihre Sündhaftigkeit unterstreiche. Doch da nehme ich mich lieber selbst ins Visier! -
Mir geht es nicht um "Kopfnüsse" - sondern um Denkanstöße! - Wobei eine Kopfnuß da auch mal nützlich sein kann. 


==================

Hyper:
Inwiefern meinst du, dass diesen einzelnen Personen die tiefe Reue und Buße fehlt? Also woran machst du das fest und woher weißt du, dass es so ist? Sagen sie dir, dass sie sich nicht befreit fühlen, obwohl sie um Vergebung gebeten haben?

Nein, sie sagen es nicht! Man sieht es nur, weil ihnen ihre Sünden gar nicht leid tun.
Ich erfahre sogar eine immer stärker werdende Verrohung auch unter Christen. (Vielleicht ist das ein Zeichen der Zeit?) Das heißt, man sündigt und merkt es noch nicht einmal! Man betrügt sich, wie das Paradebeispiel der Laodicea Gemeinde.

Man wird unempfindlich der eigenen Bosheit gegenüber. Und wenn man es ihnen krass vor Augen stellt, dann kommt allerhöchsten nur eine proforma Entschuldigung, aber selten eine von Herzen in sich selbst zerbrechende Buße.
Am Ende lauert dann das böse Erwachen der Zurückbleibenden (törichten Jungfrauen)!

Und das empfinde ich sehr stark und macht mich sehr traurig. Aber vielleicht ist das ja meine Aufgabe als "Hirte".
 

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Cleopatra
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Beiträge: 5158

Re: Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

von Cleopatra am 12.05.2017 08:01

Ihr lieben,

mir fällt in diesem Gespräch gerade auf, wie schön man doch miteinander kommunizieren kann, obwohl man teilweise unterschiedlicher Meinung ist.
Das muss man auch mal betonen

Lieber Pal, an dir gefällt mir gerade sehr, dass du eben zeigst, wieso dir das Thema so wichtig ist.
Ja, ich kenne dich schon lange, aber andere eben nicht.
Auch, wenn man unterschiedlicher Meinung ist, hilft es eben wirklich sehr, den anderen besser zu verstehen, wenn man mehr über ihn weiß.
Das wird hier- so empfinde ich es- nochmal sehr deutlich.

Irgendwie wollte ich das nochmal sagen

Und eben bei deiner Begründung wird mir auch klar (und ich hoffe, dir auch), dass du eben mit anderen Menschen zusammenlebst als ich.

Es ist natürlich schade, wenn Christen sich nicht selbst hinterfragen.
Aber wie Burgen schon schrieb- wenn es bei dir so ist, dann ist es nicht automatisch bei allen so.
Und wenn man dann eben immer wieder damit ankommt, bei jedem Thema, dann verändern sich eben auch die Themen sehr. Immerwieder zu diesem einen Thema.

Aber in diesem Thread ist ja Platz für dieses Thema.

Und so, wie ich solana verstehe, sehe ich es auch:
Es ist wichtig, uns zu hinterfragen, keine Frage.
Aber es ist auch ganz wichtig, nicht das eigene Heil immerwieder zu hinterfragen.
Denn wenn wir Gott nicht glauben, dass wir gerettet sind, erlöst, "adoptiert", sondern immerwieder fragen, ob wir nicht doch noch "elende Sünder" sind- dann zweifeln wir doch an seinen Worten, oder?

Dann glauben wir ihm nicht.
Aber er hat uns erlöst. Nicht aus uns, aber er hat uns "zu Schmetterlingen" gemacht.
Ich weiß, dass ich, wenn ich sterbe, die Ewigkeit bei ihm verbringen kann, weil meine Sünden vergeben sind.
Deshalb darf ich mich auch freuen und jubeln und aufgeregt sein.
Deshalb muss ich nicht trauern und mich doof finden.

Denn du kennst mich ja auch schon ein Weilchen, bei mir ist es nämlich genau anders herum:
Als Jugendliche und als Teenager ging es mir sehr sehr schlecht über eine lange Zeit hinweg, weil ich mir nicht sicher war, ob ich wiedergeboren bin oder nicht. So viele Bibelverse habe ich versucht, zu finden um das zu verstehen.
Und deshalb finde ich es schwer, wenn das Heil in Frage gestellt wird, einfach, weil ich weiß wie schwer diese Zeit für mich war.

Lg Cleo

Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder

Antworten

Henoch
Gelöschter Benutzer

Re: Gutmensch oder Bösmensch - wie siehst du dich?

von Henoch am 12.05.2017 08:13

Hallo Cleopatra,

als ich mit riesiger Freude entdecken durfte, was das für mich bedeutet, dass Gott souverän und Liebe ist, da war ich ganz überwältigt. Es hat mich schon so oft getröstet, deshalb möchte ich es teilen.

Wir sind errettet, weil er es will und er es getan hat. Es ist vollbracht. Ich kann nichts dazutun. Das gibt mir die Sicherheit, dass ich gerettet bin, denn es hängt in keinem Punkt von mir ab.

Genau so ist er mir Vater und gilt mir seine ewige Liebe, weil Gott mich in Jesus sieht. Auch das ist so, weil er es will und vollbracht hat. Es hängt nichts an mir. Seine Liebe gilt mir, weil er Gott ist und aus keinem Grund, der in mir oder außerhalb von ihm zu finden wäre. Deshalb kann ich diese Liebe auch nicht mehr zerstören, auch wenn ich freilich die Beziehung trüben kann.

Das ist so ein Halt in der Anfechtung.

Henoch

Antworten
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