Vergebung?

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Cleopatra
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Re: Vergebung?

von Cleopatra am 02.03.2017 07:50

Vielen Dank für euree zahlreichen Antworten.

Ich hätte gerne gestern schon geantwortet, aber es ging mir nicht gut.

Lieber marcus, ich glaube, ich kenne die Geschichte, wenn wir beide an das gleiche Ehepaar denken, dann waren sie sogar in den Nachrichten.
Das ist ein Beweis von absoluter Vergebung, ein sehr großes Vorbild, finde ich.

Den Hinweis auf die Liebe finde ich auch sehr wichtig. Wenn wir einander lieben sollen, dann gehört vergebungsbereitschaft auch dazu. Vor allem in der Gemeinschaft einer Gemeinde.

Ich denke aber auch an die heftigen Fälle. Danke für den Hinweis von IS und Hitler.
Genau daran hatte ich nämlich auch gedacht.
Diese Menschen werden (sehr wahrscheinlich) nicht um Vergebung bitten und sind sich zum Teil sogar keiner Schuld bewusst.
Trotzdem haben sie sehr viel Schuld auf sich geladen. Schuld gegen Menschen.

Ich denke, kieiner von uns hier anwesenden hat etwas mit diesen Personen zu tun, aber mir hilft manchmal die Extreme, etwas besser zu verstehen.

Nun, wie ist es hier?
Bedeutet das, dass wir erst, wenn wir so handeln wie dieses Ehepaar, welches ihren Sohn verloren hat, erst richtig vergeben haben?

Liebe geli, bei deinen Worten musste ich an das Buch Neues Leben, neue Identität denken ;-D
Denn dort wird es in einem Kapitel ähnlich beschrieben.

Ich finde den Hinweis auch sehr wichtig, dass Vergebung nicht gleich Vergessen bedeutet.
Aber Vergebung hilft natürlich sehr, zu verarbeiten.
Wenn man aber etwas hoch dramatisches noch nicht verarbeitet hat, bedeutet dies ja nicht, dass man auch nicht vergeben hat.

Vergebung bedeutet auch nicht Verneinen oder Kleinreden einer Schuld oder Sünde. Und Sünde darf und muss ausgesprochen werden.
Wir dürfen auch sagen, wenn uns etwas verletzt hat.

Also woran erkennen wir (an uns selbst), dass wir vergeben haben?
Wenn wir also auf die Person zugehen können?
Und wenn dies nicht möglich ist? Wenn es fehlende Bereitschaft auf der anderen Seite gibt?

Lg Cleo



Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder

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Cleopatra
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38, Weiblich

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Beiträge: 5157

Re: Vergebung?

von Cleopatra am 02.03.2017 07:51

Ein kleiner Nachtrag noch von mir:

Vergebung ist Gott ja sehr wichtig.
Er wiederholt immerwieder, dass wir vergeben sollen.
Es ist also unsere Pflicht.

Und Gott erwartet ja nichts von uns, was wir nicht tun können, oder?
Also sind wir grundsätzlich dazu in der Lage.

Lg Cleo

Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
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chestnut
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Beiträge: 605

Re: Vergebung?

von chestnut am 02.03.2017 10:39

Für mich besteht Vergebung wie auch zwei Teilen.

Der erste hat Geli angesprochen: Die Entscheidung, vergeben zu wollen. Die Entscheidung loszulassen ist ein wesentlicher Schritt. Indem wir jemandem erstmals vielleicht nur mit dem Kopf vergeben, haben wir  die Entscheidung getroffen, aus der Opferrolle auszusteigen. Denn dann ist die Macht des "es ist einfach geschehen" über uns gebrochen. Das mal einfach aus menschlicher Sicht.
Natürlich kommt da noch die geistliche Dimension dazu: Gott möchte, dass wir anderen vergeben.

Das zweite ist  der Heilungsprozess:
Mit dem Aussprechen der Vergebung ist die Verletzung noch nicht geheilt. Da braucht es oft länger. Für wirklich grob verletzende Erlebnisse braucht es manchmal auch räumlich Zeit.
Mir hat es sehr geholfen, als meine Ärztin mir in Bezug auf ein sehr schwieriges Erlebnis sagte, 2 Jahre sind zu wenig, um sich innerlich abzugrenzen von dem Geschehenen. Mich hat das sehr entlastet und die "Schuld" von mir genommen, dass ich mich jetzt auch gedanklich vom Geschehenen trennen kann.
Natürlich heilt Zeit Wunden nicht automatisch. Es braucht auch unsere aktive Mitarbeit. Es braucht das Loslassen von Wut. Es braucht ein Akzeptieren, dass uns dies passiert ist und ein ja zu den Auswirkungen des Passierten.
Innerhalb des Prozesses braucht es vielleicht auch das nochmalige Ansehen von Einzelheiten. Dabei ist es gut möglich, dass wir auch eigene Fehler entdecken und dafür Gottes Vergebung brauchen.

Vergebung ist vielschichtig und sicher macht jeder damit seine eigenen Erfahrungen.
Aber Vergebung ist immer befreiend.

Liebe Grüsse
Chestnut

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Merciful

53, Männlich

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Beiträge: 2106

Re: Vergebung?

von Merciful am 02.03.2017 10:45

Einige Überlegungen.

Vergebung setzt Reue voraus. Reue setzt Schuld voraus.

Ohne Schuld keine Reue. Ohne Reue keine Vergebung.

Wo aber Schuld vorhanden ist, jedoch nicht bereut und bekannt wird, kann es keine Vergebung geben.

Ohne Vergebung gibt es dann aber auch keine Gemeinschaft.

Schuld aber, die bereut und bekannt wird, ist vor Gott vergeben.

Da ist dann ein Weg, zerbrochene Gemeinschaft wiederherzustellen.

Ich denke jedoch nicht, dass ein jeder Mensch mit einem jeden Menschen intensive und extensive Gemeinschaft haben kann.

Dies ist schon aus räumlichen und zeitlichen Gründen nicht möglich.

Merciful

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geli
Gelöschter Benutzer

Re: Vergebung?

von geli am 02.03.2017 12:16

Vergebung bedeutet auch nicht Verneinen oder Kleinreden einer Schuld oder Sünde. Und Sünde darf und muss ausgesprochen werden.

Liebe Cleo, Du hast hier einen sehr wichtigen Punkt angesprochen: Sünde muss auch ausgesprochen werden (dürfen).

Ich war jahrelang in einer Gemeinde, wo das nicht zugelassen wurde. Sünde ansprechen - da hieß es sofort: "Du musst vergeben, du darfst nicht richten, du darfst nicht negativ reden, du hast Bitterkeit... usw."

So blieb es bei mir dann beim willentlichen Vergeben - aber die Sache, die passiert war, konnte nicht be- und verarbeitet werden und blieb im "Untergrund" immer als ungutes Gefühl bestehen. Echte Heilung und Befreiung war also nicht möglich.

In der Seelsorge finde ich es deshalb enorm wichtig, dass man dem Menschen, dem Unrecht getan wurde, auch zugesteht, dies auszusprechen, und auch, dass er zu den Gefühlen, die das Unrecht bei ihm auslöst, stehen darf, indem er ihnen Ausdruck verleiht.

Meiner Erfahrung nach muss man "anschauen" (dürfen), was passiert ist, um wirklich echte Vergebung üben zu können.

Ein ganz wichtiger Punkt, den ich vorher nicht erwähnt habe, ist der:

Meistens ist es ja so, dass man selbst auch auf Unrecht reagiert - und hier ist es wichtig, sich ehrlich einzugestehen, wenn man mit Mitteln reagiert hat, die ebenfalls Sünde vor Gott sind.
Besonders trifft das zu, wenn die Dinge passiert sind, bevor man gläubig war. Ich kann von mir sagen, dass ich in allen Fällen, wo mir Unrecht geschehen ist, auch wieder mit "Unrecht" reagiert habe. Eben weil man "automatisch" so reagiert.

Hier muss man also einerseits anschauen, was man selbst als Unrecht erlebt hat, und vergeben - andererseits aber muss man genauso auch anschauen, wo man mit Unrecht geantwortet hat - und hier selbst um Vergebung bitten.

Es sind also immer zwei Seiten einer Medaille...

Lg, geli

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Burgen
Gelöschter Benutzer

Re: Vergebung?

von Burgen am 02.03.2017 12:17

Es ist in Kolosser 3, 12 -17 sehr gut beschrieben.

Eingebettet in die Aufforderung, sich als Auserwählte Gottes zu sehen, zu wissen, als die Heiligen und Geliebten.
Die Anforderung ist, sich täglich "richtig und umfassend" anzuziehen.

Wir kennen die Aufzählung: herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld.
Dazu die Forderung: ertragt einander und vergebt euch untereinander ...
Über alles aber sollen Christen die Liebe anziehen.
Sie ist das Band der Vollkommenheit. Hält uns also zusammen.
Der Friede soll in unseren Herzen regieren und Dankbarkeit Gott und den Menschen gegenüber.

Gut gefällt mir V 16, weil es unser Herz und Sinnen schützen kann.

Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen:
Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. ...

......
Einmal die Menschen der Welt um uns mit denen wir in wechselseitigem Kontakt sind.
Dann Familie, Verwandtschaft, Freunde
Und an allererste Stelle sind wir Gott verpflichtet und der Gemeinde.
Der Ort ist unsere "Übungswiese", bis wir heimgerufen werden.

Gruß
Burgen 

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geli
Gelöschter Benutzer

Re: Vergebung?

von geli am 02.03.2017 12:24

Zu dem Thema "extreme" Fälle, wie Isis, Hitler usw. habe ich einmal in einem Buch etwas gelesen, das mich sehr berührt hat.

Das Buch hieß "Vergib mir, Natascha" - und es ging darum, dass Leute einer Hausgemeinde, oder eines Hauskreises, von Polizei oder Soldaten überfallen wurden. Dabei wurde die Einrichtung der Wohnung zerstört, Bibeln zerrissen, Menschen verletzt und zusammengeschlagen.

Eine alte Frau, die bei dem Ganzen dabei war, betete - zur Verwunderung eines der Polizisten, der es hörte, aber nicht für sich und die anderen Christen, sondern für die Angreifer.
Sie betet um Gnade für die Angreifer - weil sie wußte, dass es schrecklich ist, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.
Dieses Gebet führte dann dazu, dass sich einer der Polizisten später bekehrte.

Ja, wenn ich daran denke, welch schreckliches Schicksal auf solche Menschen, die solche grausame  Verbrechen begangen haben, später einmal zukommt, fällt es mir leichter, für sie um Gnade zu beten - um Gnade, dass doch wenigstens einige von ihnen zur Umkehr finden können, um gerettet zu werden.

Lg, geli

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Merciful

53, Männlich

  Urgestein

Beiträge: 2106

Re: Vergebung?

von Merciful am 06.03.2017 13:37

Probleme im zwischenmenschlichen Bereich kommen nicht selten daher, weil Menschen gewöhnlich nach dem Vergeltungsprinzip handeln.

Begegnen mir Menschen freundlich, verhalte ich mich auch freundlich. Unfreundliche Menschen hingegen ignoriere ich.

Dieses Prinzip liegt in der Natur des Menschen. Nach dieser Gewohnheit und Logik handelt er.

Gott freilich kennt und weist einen anderen Weg. Den Weg der Liebe.

Auf diesem Weg lieben wir, auch wenn wir Unrecht leiden.

Es ist jedoch nicht einfach, dieses Unrecht einerseits als Unrecht zu benennen;

es diesem Unrecht andererseits aber nicht zu gestatten, die Liebe zu hindern.

An dieser Aufgabe sind schon viele, auch ich, fürchte ich, gescheitert.

Daher, aber nicht nur deswegen, gibt es Menschen, die einander hassen, obwohl Gott ihnen die Liebe geboten hat.

Merciful

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Henoch
Gelöschter Benutzer

Re: Vergebung?

von Henoch am 06.03.2017 17:16

Hallo Ihr Lieben,

es sind ja schon alle Punkte besprochen worden, die mir dazu auch einfallen würden.

Schön finde ich, dass erwähnt wurde, dass Sünde angesprochen werden darf. Die Bibel sagt uns sogar, angesprochen werden muss, denn es heißt, wenn er bereut, dann vergib ihm.

Nun muss man nicht auf jede Kleinigkeit reagieren, denn manchmal "verletzt" uns ja nur eine richtige Feststellung, die wir nicht hören wöllen .

Aber es darf nicht übersehen werden, dass der Herr nicht nur Vergebung will, sondern Versöhnung. Das macht die Sache zu einer gemeinsamen Aufgabe. 

Da muss man reden und ansprechen und beten. Der Herr heilt dann die Wunden. Das ist so eine Befreiung.

Schwierig wird es, wenn in einer Gemeinde tabu ist sich zu ärgern, Sünde anzusprechen etc. und verlangt wird, dass man einfach so vergibt. Die Liebe erträgt alles, ja, aber dieser Vers muss richtig angewandt werden. Er taugt nicht bei Konfillkten, denn da führt es dann zu Mördergruben im Herzen und Heuchelei. Die Liebe ist nicht gleichgültig und sie deckelt nichts, was nicht gedeckelt werden soll. Einmütigkeit ist nicht zu erzwingen, Friede auch nicht, sondern man darf es in Demut, also unter der Hand und dem Wort Gottes erarbeiten und erbitten.

Henoch

Antworten Zuletzt bearbeitet am 06.03.2017 17:17.

geli
Gelöschter Benutzer

Re: Vergebung?

von geli am 06.03.2017 18:29

Aber es darf nicht übersehen werden, dass der Herr nicht nur Vergebung will, sondern Versöhnung. Das macht die Sache zu einer gemeinsamen Aufgabe. 

Ja, Versöhnung ist natürlich das oberste Ziel - aber es ist auch, wie Du schreibst, eine gemeinsame Aufgabe.

Leider ist nach meiner Erfahrung nicht jeder daran interessiert, wirklich versöhnt und mit einer erneuerten Beziehung weiterzugehen.

Man sollte meinen, dass gerade unter Christen Versöhnung möglich sein sollte - ist es aber nicht.
Ich persönlich finde es oft schwierig, "nur" in der Versöhnung zu leben und zu sehen, dass die Beziehung nicht wirklich wieder hergestellt wird und kein neues Vertrauen wachsen kann, weil der andere kein Interesse daran hat.
Man ist dann zwar freundlich zueinander - weil wir ja Christen sind und uns vergeben - aber trotzdem geht man sich in der Folge irgendwie nach Möglichkeit aus dem Weg.

Ich glaube, dass solche Dinge sehr viel Segen in einer Gemeinde zurückhalten und an manchen Stellen dann auch Gottes Wirken verhindern.

Lg, geli

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