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Re: Zwischen Werkslosigkeit und Glaubenswerken
von christ90 am 10.06.2015 01:20(...)wenn jemand erklärt, Glauben zu haben, ist aber ein Räuber und Mörder, so wird ihm der Glaube nichts nutzen.
Dem liegt wohl eine eingeschränkte Definition von Glauben zugrunde. Glaube hat eine viel umfassendere Bedeutung, geht über bloßes fürwahr halten, passives Anerkennen weit hinaus. Glaube (griech. pistis) bedeutet Vertrauen, sich auf Gott Ein/Verlassen, Treue, Gehorsam, umfasst den ganzen Menschen in seinem inneren und äußeren Verhalten, ist getragen von sittlichem Ernst.
Erst in dem Maß wie ich in mir selbst sterben konnte - und ich bin noch immer dabei - wurde mir deutlich, das es auf eine andere als meine eigene Kraft ankommt...
Hierzu möchte ich gerne etwas schreiben und dabei einige Aspekte, auch in Bezug auf Glaubenswerke mit einfließen lassen.
Indem man sich selbst überwindet erfährt man erst wahre Freiheit, die Befreiung aus der Enge egoistischer Selbstbezogenheit. Dieser Wandel ist so tiefgreifend, dass Paulus nunmehr spricht von einer neuen Kreatur.
Man muss dabei unterscheiden zwischen Selbstüberwindung aus freiem Entschluss, persönlicher Überzeugung (durchaus in humanistischem Sinne) und Selbstüberwindung aus dem Anerkennen der göttlichen Autorität heraus, der man sich verpflichtet fühlt. Ersteres erfordert keine Demut, ist selbst auferlegte Pflicht, man handelt aus eigenem Entschluss, kann sich loben wie hilfsbereit und aufopfernd, was für ein guter Mensch man doch sei.
Lk 17, 7-10: (...) So auch ihr! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur getan, was wir zu tun schuldig waren.
Erst diese, wahre, Selbstüberwindung befreit nachhaltig von der Selbstbezogenheit. Man wird seiner Fehler und Sünden gewahr, gewinnt einen realistischeren Blick auf sich selbst. In den Augen Gottes ist man nie gut genug - das demütigt. Dabei erfährt man Vergebung, Tröstung, Zuspruch durch Gott, und Gott stellt die angeschlagene Würde wieder her, gibt neue Kraft. Man erfährt, wozu man eigentlich bestimmt/berufen ist, wird sich seiner Aufgaben und seiner Verantwortung vor Gott bewusst, fühlt sich von Gott beehrt.
Re: Zwischen Werkslosigkeit und Glaubenswerken
von christ90 am 07.06.2015 16:58@Pal: Naja, sagen wir so: Ich finde das Thema etwas müßig, überbetont.
Man stützt sich auf einige wenige Verse des Paulus, in denen er die Unabdingbarkeit der Gnade pointiert herausstreicht und verliert dabei ein Stück weit den Blick für den Geist der Bibel als Ganzes. Ansonsten könnten Missverständnisse diesbezüglich ("unwiderstehliche Gnade"), wie schon überhaupt ernste Gedanken daran wohl kaum entstehen.
Die von dir zitierte Stelle besagt ja keineswegs, dass Gott seine Gnade aus Willkür verteilt, sondern lediglich, dass es trotz unseres Wollens und Handelns letztlich immer noch an Gott liegt uns seine Gnade zu gewähren, auf dass wir uns nicht rühmen. Wenn nun Gott Gnade nicht aus Willkür verteilt, dann wohl aus seinem ewigen Wissen um uns und unser einstiges Verhalten heraus.
Gruß
Re: Zwischen Werkslosigkeit und Glaubenswerken
von christ90 am 07.06.2015 01:56Nun, da ich mir fast schon dachte, dass der Thread über kurz oder lang in Richtung „unwiderstehliche Gnade" gehen würde hier in kurzen Worten meine persönliche Auffassung von Gnade. (Schriftstellen gäbe es hierzu wahrlich zur Genüge)
Gruß
Re: Gemeinschaft
von christ90 am 02.06.2015 16:26Tut mir leid, wenn ich nicht zuletzt nicht mehr melden konnte; war die letzten Tage unterwegs und hatte nicht die Möglichkeit zu schreiben.
@Cleo: Du hast wohl recht: Bei weitem nicht immer mangelt es an grundsätzlich vorhandener Liebe, der grundsätzlichen Bereitschaft Gott nachzufolgen. Oft mangelt es auch an Erkenntnis, Erfahrung, Reife, an menschlicher Vollkommenheit schlechthin. Dennoch würde ich im Mangel an Liebe bzw. jenem an zur Geltung kommender Liebe den Folgenschwersten erblicken. Ich will versuchen, dies näher zu erklären.
„Eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied".
Math 23,13 Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr verschließt den Menschen das Himmelreich. Ihr selbst geht nicht hinein; aber ihr lasst auch die nicht hinein, die hineingehen wollen.
Ich kann mir vorstellen, dass das oben Beschriebene hierbei eine gewisse Rolle spielt. Andererseits kann ich mir, wie gesagt, auch vorstellen, dass die meisten mit dem wie es läuft im Grunde zufrieden sind, gar kein wirkliches Interesse an tieferer Gemeinschaft haben.
Re: Gemeinschaft
von christ90 am 28.05.2015 14:19@Cleo
Ich denke, dass all die von dir genannten Dinge letztlich auf einen Mangel an Liebe zurückzuführen sind. Die ersten Christen hatten es da leichter in wirkliche Gemeinschaft zu einander zu treten; schließlich lebten sie in Gütergemeinschaft, verbrachten viel mehr Zeit miteinander, sahen sich fast jeden Tag. Erst diese intensive Gemeinschaft schweißt auch zusammen, bedingt es, dass sich Menschen auch in verschiedenen Situationen und Lebenslagen wirklich kennenlernen. Mit einmal wöchentlichem Treffen - dann oftmals nur zu formalem „Gottesdienst" - ist dies schlichtweg nicht möglich. Eine Predigt kann unmöglich allen gerecht werden, - im Grunde fertigt sie pauschal ab (bewusst überspitzt ausgedrückt) und es liegt dann in der Verantwortung des Einzelnen, das für ihn wichtige daraus zu entnehmen. Unter der Woche ist dann jeder auf sich alleine gestellt und sich selbst überantwortet.
Man kennt einander zu wenig, weiß nicht, wo die Probleme des anderen wirklich liegen, weiß nicht wie er im Grunde ist, was in ihm vorgeht; kann daher auch nicht in erforderlichem Maß auf ihn eingehen, ihm nicht wirklich beikommen. Die gegenseitige Interaktion und Korrekturnahme ist herabgesetzt, die Dynamik gehemmt. Das Wirken Gottes kann seine Kraft nicht entfalten, die Menschen erleben keinen Sieg mehr über Sünde, bleiben in ihren alten Denkmustern und Verhaltensweisen behaftet, werden kraftlos und resigniert, finden sich damit ab, kommen nur noch um ihr Gewissen zu befriedigen/ aus Konvention in die Gemeinde. All dies ist m. E. in hohem Maße der von vorn herein ausgedünnten Gemeinschaft geschuldet und letztlich auf einen Mangel an Liebe, gegenseitigem Interesse zurückzuführen.
Wie aus dem Beschriebenen hervorgeht tritt die Schuld des Einzelnen hinter dem fehlerhaften Gesamtkonzept zurück. Tritt man durch seine Teilnahme für dieses System ein, macht man sich jedoch nat. auch mitschuldig am verfehlten Konzept.
Gruß
Re: Gemeinschaft
von christ90 am 28.05.2015 13:24Wenn klar wird, was eine Gemeinschaft unter Christen von einem Dackelzüchterverein unterscheidet.
Diesen Unterschied würde ich gerne im Folgenden zu beschreiben versuchen und dabei auch den Bezug herstellen zum „wozu".
Wird dies (das oben Beschriebene) wirklich zur Realität, so scheint mir jeder Gruppenzwang und oberflächlicher Austausch von vornherein ausgeschlossen.
Die Frage nach dem wozu würde ich demnach wie folgt beantworten: Weil wir auf Gemeinschaft hin angelegt sind. Sowohl auf Gemeinschaft mit Menschen als auch - durch Christus - mit Gott.
Gruß
Re: Gemeinschaft
von christ90 am 27.05.2015 13:16Hallo Cleo,
Das Einende im christlichen Glauben ist ja gerade nicht der äußere Charakter, sondern die Gesinnung, welche noch über dem Charakter steht. Klar ist es schön, wenn man mit jemandem auch charakterlich („vom Typ") übereinstimmt, das entscheidende bleibt jedoch die Gesinnung. Der Vorteil daran ist, dass man lernt jeden gleichermaßen in seinen Schwächen und Eigenarten zu respektieren, lernt auch das Positive an ihm zu schätzen. Andererseits wird man auch konfrontiert mit seinen eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten. Man lernt mit einander umzugehen und wächst aneinander. Eben diese Vielfalt macht die Gemeinde auch aus. Jeder hat unterschiedliche Gaben und Aufgaben und nimmt den ihm zukommenden Raum innerhalb des Leibes ein.
Hier möchte ich verweisen auf das, was ich im Beitrag zuvor bezüglich des Verlassens einer Gemeinde geschrieben habe. Wenn eine Gemeinde ihren Sinn weitgehend nicht erfüllt, macht es m. E. auch keinen Sinn ihr weiterhin anzugehören.
Hm...offenbar nicht in ausreichendem Maße, sonst hätte man den Missstand wohl bereits erkannt und würde so nicht weitermachen.
Für mich stellt sich dann erst mal die Frage ob es sich tatsächlich um Christen handelt. Wenn ja, dann sollten sie auch bereit sein ihr Verhalten anhand der Bibel zu überdenken. Deine Frage würde ich im Grunde mit Nein beantworten, zumal sich die Gemeinschaft mit Gott innerhalb der Gemeinde verwirklicht.
Re: Gemeinschaft
von christ90 am 27.05.2015 07:25@Solana
Es war nicht meine Absicht den Thread auf diese spezielle Frage zu lenken, darauf will ich im Grunde gar nicht hinaus. Um jedoch nicht missverstanden zu werden sah ich mich veranlasst, die Frage zuzuspitzen und das dabei zu Grunde liegende Verständnis von Hass darzustellen.
Dort hat man Gleichgesinnte, nämlich Dackelzüchter.
Das hat erstmal nichts mit Liebe zu Dackelzüchtern zu tun.
Und die Dackelzucht aufzugeben hat nichts mit Hass auf Dackelzüchter zu tun.
@StefanS
Hierzu muss ich sagen, dass sich die Gemeinschaft der Heiligen von jeglicher irdischen Interessensgemeinschaft doch wesentlich unterscheidet; man sie daher m. E. mit dieser auch nicht in eine Reihe stellen/gleichsetzen kann.
Man identifiziert sich z.B. nicht mehr mit den Zielen der Gemeinde.
Die Gemeinde verlassen kann man, berechtigter Weise, m. E. nur aus folgenden Gründen:
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Re: Gemeinschaft
von christ90 am 26.05.2015 15:00Erstmal freut es mich, dass ihr euch so rege beteiligt.
Wer keine Gemeinschaft mit Geschwistern pflegt ist noch nicht automatisch Hasser seiner Geschwister.
Es geht in dem Bibelvers um Hass und Liebe und zwar in allen mir bekannten Übersetzungen!
Ich halte es für wichtig herauszufinden wie das Wort hassen in dem Fall verstanden wird. In Römer 9,13 ist es sehr weit gefasst (Esau war einfach nur nicht bestimmt für das Erstgeborenenrecht), im Fall von 1.Joh 4,20 geht seine Bedeutung aus dem zweiten Versteil klar hervor:
1Joh 4,20 Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann nicht Gott lieben, den er nicht sieht.
Ich denke, dass Johannes diese Gleichsetzung hier ganz bewusst trifft und damit hassen ebenfalls sehr weit fasst.
Nun stellt sich die Frage in wieweit mit seinen (einem seiner) Glaubensgeschwistern bewusst keine Gemeinschaft zu haben auch bedeutet diese zu hassen (in der Definition von Johannes), inwiefern es möglich ist zu jemandem aus Liebe bewusst keine Gemeinschaft zu haben.
Ich möchte diese Frage mal in den Raum stellen.
Im NT wird dieser Fall kaum thematisiert. Einzig aus 1.Kor, 5,4f geht hervor, dass es etwas in der Art tatsächlich gibt.
Hier möchte ich gerne noch ergänzen: Dieses leiden (hier dachte ich im speziellen an Paulus) oder bedauern ist hier natürlich auf beiden Seiten anzusiedeln. Auf beiden Seiten ist man schließlich daran gehindert einander beizustehen.
Re: Gemeinschaft
von christ90 am 25.05.2015 21:40Hallo Stefan,
Um zu verstehen, wie ich den von dir zitierten Satz meine ist es wichtig ihn aus 1.Joh 4,20 abzuleiten.
Dies würde dann so klingen:
"Wenn jemand spricht: Ich habe Gemeinschaft mit Gott, und hat keine Gemeinschaft mit seinem Bruder (hasst ihn), der ist ein Lügner. Denn wer mit seinem Bruder (bewusst) keine Gemeinschaft hat, den er sieht, der kann mit Gott nicht Gemeinschaft haben, den er nicht sieht."
Wie du siehst ist damit nicht die aus irgendwelchen Gründen verhinderte Gemeinschaft gemeint, sondern die bewusst negierte.
Dies natürlich nicht, jedoch nach Möglichkeit eine feste Verankerung innerhalb der Glaubensgemeinschaft.
Wenn jemand wirklich aus irgendwelchen Gründen an der (Glaubens)Gemeinschaft nicht teilnehmen kann (Indiviualismus würde ich da nicht dazuzählen), dann ist da ja keine bösartige Absicht dahinter, im Gegenteil: Derjenige leidet u. U. sogar darunter nicht unter seinen Glaubensgeschwistern zu sein und seine Liebe nicht ausströmen lassen zu können. In dem Fall wird die Bindung zu Gott dann sogar noch intensiviert.
Gruß