Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
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Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von pray am 12.08.2020 17:54Liebe Schreiberlinge,
vielen Dank für die vielen Puzzlestückchen. Ja, wie Burgen schreibt, bedeutet Vergebung wirklich innere Befreiung (alles ist wieder gut - Gefühl) aber auch die Beispiele und Konsequenzen und "Schutzvorkehrungen", wie sie Ignats und Nusskeks beschrieben konnte ich nachvollziehen.
Liebe Cleo,
ich beleuchte mal die Bibelstellen, die du angeführt hast:
"Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern..."
o.k, das könnte zunächst mal bedeuten, dass wir - wenn wir vergeben haben - das in der Weise tun, wie Gott auch, nämlich, dass die Schuld im tiefsten Meer verschwindet und nicht immer wieder neu hochgefischt wird.
"Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.
Epheser 4:32 "
o.k. hier gibts aber Verhaltensweisen für beide Christen. Beide sollen freundlich untereinander sein und wenns dennoch mal funkt, sollen beide, einer dem anderen vergeben. Ich dir, du mir! Könnte man auch so sehen, ne?
"Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben.
Matthäus 6:14"
Ja, aber vergiss nicht, dass wir den Himmlischen Vater ja auch gebeten haben im "Vater unser - Gebet", was diesen Versen voranging: Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Das kann man auch nicht einfach so übersehen, oder?
"Und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!Kolosser 3:13 "
Ja, dann aber eben wieder die Frage, ob der andere wenigstens um Vergebung bittet und es ihm leid tut. Jetzt, wo ich das schreibe fällt mir ein, dass es aber solche Belastungen gibt, die man anderen Leuten wohl noch nachdem sie tot sind, ankreidet. Verstehen kann ich das nicht, aber ich weiß, dass es solche nachtragenden Menschen gibt, die sich damit belasten.
"Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.
Lukas 6:37 "
Diesen Vers würde ich in einem anderen Zusammenhang sehen (Manche Pharisäer richteten gern und legten andere unsagbare Lasten auf, hielten sich aber selbst nicht dran)
"Da trat Petrus hinzu und sprach zu ihm: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist's genug siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.
Matthäus 18:21-22 "
So liebste Cleo, erwischt!!! Das war ja genau die Stelle, wo dann das Gleichnis vom "Schalksknecht" folgte, der den König ja auch um Vergebung bat und im Querverweis der Hinweis, dass es den anderen reuen muss.
Aber vielleicht kann man insgesamt mit dem Bibelwort abschließen, das auch schon erwähnt wurde:
Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. (Römer 12,18)
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von Cleopatra am 12.08.2020 20:21Aber ich sehe es hm, etwas anders:
Im Gleichnis wurde immer ein Thema bildlich dargestellt, um es besser zu verstehen.
Es geht vor allem um die Relation.
Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von pray am 12.08.2020 21:02Burgen
Gelöschter Benutzer
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von Burgen am 12.08.2020 21:55
Hallöchen
ja, wenn man alles an Parallelstellen usw. zusammenträgt, kann man schon ein bisschen "ins Schleudern" kommen.
Doch für mich ist die Quintessenz wirklich, dass Vergebung die "Kehrseite" der Liebe ist.
Und die gilt es wohl für die meisten Menschen wirklich zu lernen. Immer wieder neu. Darin liegt die Herausforderung des Lebens. ;)
geli
Gelöschter Benutzer
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von geli am 13.08.2020 17:39Ich habe jetzt nicht alles durchgelesen, und bin wohl auch etwas spät dran, um noch zu schreiben. Aber das ist wirklich ein Thema, das sicherlich jeden Christen beschäftigt. Auch mich, und dazu habe ich für mich persönlich eine Antwort gefunden.
Vergeben - da steckt drin: "weg"- geben. Etwas, das weg ist, ist schon im Besitz eines anderen, wenn es z.B. darum geht, eine Sache, die in der Zeitung angepriesen wird, kaufen zu wollen. "Ist schon vergeben", heißt es dann. Also nicht mehr da, nicht mehr zu haben.
Genauso verstehe ich auch die Vergebung, wenn es um Menschen geht, die ihre Schuld nicht einsehen oder sie nicht erkennen.
Wenn ich diese Schuld also vergebe, dann gebe ich sie weg. Hin zu Christus. Der ist für Schulden aller Art zuständig .
Damit ist die betreffende Sache nicht mehr eine Sache zwischen mir und der Person, die an mir schuldig wurde, sondern eine Sache zwischen dieser Person und Christus. Und er wird wissen, wie er damit umgeht.
Ich bin damit diese Last los.
Ein anderes Thema ist dann, wie ich Heilung finde.
Und auch ein anderes Thema wäre, ob man diese Person dafür zur Rechenschaft ziehen sollte. Ich denke aber, dass muss dann jeder selbst entscheiden.
Im Falle des Beispiels von dem gestohlenen Geld während des Hauskreises würde ich die Sache auf jeden Fall ansprechen und auch die Rückgabe des Geldes fordern.
Aber so "einfach" liegt ja nicht jeder Fall, da gibt es keine "Regel", die man immer anweden könnte.
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von Cleopatra am 14.08.2020 11:53Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von Cosima am 14.08.2020 13:09Hallo liebe pray,
seit du diesen Thread eröffnet hast, wollte ich dir schon antworten, habe es aber aus
Zeitgründen nicht geschafft.
Jetzt versuche ich, dir meine Gedanken über das Thema "Vergebung", zu schreiben.
Ich habe ziemlich einschneidende Erfahrungen damit gemacht. Als ich sehr jung war,
Jesus schon kannte, aber noch nicht wiedergeboren war, wurde ich sehr verletzt, immer
wieder und auch in schriftlicher Form. Meine Familie hat mir geraten, etwas dagegen zu
unternehmen, um das zu beenden. Doch ich war nicht bereit dazu. Ich hatte den Eindruck,
dass diese Frau Hilfe braucht. Ich konnte ihr vergeben, denn was sie gegen mich aussagte,
waren Lügen. Ich habe sie nicht richtig gestellt.
Als ich Christ wurde, habe ich viel für sie gebetet und sie gesegnet. Ihr Hass auf mich war
immer noch spürbar.
Nach etwa vierzig Jahren hat sie mich um ein Gespräch gebeten. Ich willigte gern ein und es
wurde auch für mich gebetet, von meinem Gebetskreis. Und da sagte sie mir:
Sie sei zur Beichte gewesen und der Pfarrer hat sie darauf hingewiesen, dass sie mich um
Vergebung bitten muss, sonst wird sie keinen Seelenfrieden haben, den sie sich so sehr
gewünscht hat.
So konnte ich ihr erzählen, dass ich ihr schon lange vergeben hatte, und für sie gebetet
habe, mein Herz war offen für sie. Von ihr habe ich dann erfahren, warum sie mich so
behandelt hat. Auch sie war eine Frau, die Schweres erlebt hat und davon nicht frei wurde,
weil sie Jesus Christus erst im Alter begegnet ist. Sie wurde noch frei, Gott sei Dank!
Ich weiß, dass es nie zu spät ist, um Vergebung zu bitten. Natürlich ist das Maß des Vergehens
auch ausschlaggebend, für den Täter und das Opfer.
Und man kann sich immer von Jesus Christus helfen lassen, dass das Herz frei wird von Verurteilung.
Den Frieden, den er dafür schenkt, der ist es wert - zu vergeben!
Grüße von Cosima.
Die Liebe gibt nie jemand auf, in jeder Lage vertraut und hofft sie für andere; alles erträgt sie mit großer Geduld. 1.Kor.13:7 GNB
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von Cleopatra am 14.08.2020 14:29Dies hat diese Person nicht akzeptiert.
Ich rede es nicht klein, ich weiß, dass ich sehr darunter gelitten habe, das ist Fakt.
Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder
geli
Gelöschter Benutzer
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von geli am 14.08.2020 19:47Liebe Cleo, wenn ich Deine Antwort auf meinen Beitrag lese, kommt es mir vor, als hättest Du mich total falsch verstanden? Vielleicht auch wegen dem Beispiel mit Deinen Eltern, dass Du bei diesem Thema "vorgeschädigt" bist?
Mir ging es gar nicht darum, jemandem etwas vorzuwerfen. Mir ging es darum, wie ich die Last, die jemand dadurch auf mich legt, dass er mit Schaden zufügt. am besten aus meinem Leben wegbekomme und wieder eigenen Frieden finden kann.
Das bedeutet aber nicht, dass man nicht Gefühle benennen darf - bevor ich eine "Last" an Jesus ver-gebe, ist es sogar sehr hilfreich, sich die Gefühle, die man hat, einzugestehen und sie auch im Gebet - unter Umständen mit jemandem zusammen - vor Gott zu bringen.
Das bedeutet meiner Meinung nach auch nicht, dass man dem anderen eine Sache nicht "vorwerfen" darf. Zwar nicht im Zorn, aber dennoch ist es manchmal hilfreich, eine Sache bei dem anderen anzusprechen, um eine Lösung zu finden.
Aber das Thema war ja: Wenn es jemanden nicht reut, bzw. wenn jemand seine Schuld nicht zugibt oder nicht erkennt.
Dann wird es in den meisten Fällen so sein, dass man es erst gar nicht zur Sprache gebracht hat, oder dass das Ansprechen der Sache zu nichts geführt hat.
Da hat, finde ich, Cosima ein gutes Beispiel gebracht.
Sie hat vergeben - also die Schuld an Jesus weitergereicht - und so war die Sache nun in seiner Hand. Es war nun eine Sache zwischen ihm und dieser Frau. Ja, und er hat - wenn auch erst nach vielen Jahren - dieser Frau ihre Schuld bewußt gemacht, und so konnte die Beziehung mit dieser Frau geklärt werden.
Das ist, was Gott, bzw. Jesus tun kann, wenn wir vergeben - wenn wir die Person des anderen samt seiner Schuld in seine Hände legen.
Und selbst, wenn eine Sache nicht so gut ausgeht wie mit dieser Frau nach 40 Jahren, wenn derjenige seine Schuld nie einsieht, so können wir dennoch Frieden über einer Sache finden, weil wir wissen, diese Schuld ist bei Jesus am besten Ort der Welt. Die Last der Schuld der anderen ist bei Jesus am Kreuz auf jeden Fall besser aufgehoben als wenn sie in unserem eigenen Herzen Unheil anrichtet!
Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?
von pray am 14.08.2020 23:28Liebe Cosima,
du schriebst, dass du sogar dir angetanes Unrecht klaglos hingenommen hast. Dein Verhalten finde ich echt bemerkenswert - vor allem bei dem wunderbaren Ausgang mit einer Bekehrung der "Widersacherin".
Ich weiß nicht, ob ich das auch so gemacht hätte. Ich denke an Joh. 18,23: Jesus entgegnete ihm: Wenn es nicht recht war, was ich gesagt habe, dann weise es nach; wenn es aber recht war, warum schlägst du mich?
Auf jeden Fall freue ich mich, dass dank Gottes Weisheit und deinem Frieden alles so gut wurde. Mehr schaffe ich heute wohl nicht zu schreiben, ist schon soooo spät und soooo warm.