Am Angelhaken

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Rapp
Gelöschter Benutzer

Am Angelhaken

von Rapp am 07.04.2014 16:44

"Mein Gott und Vater, der mich schuf und dessen Hand mich hält:
ich will nur deinen Willen tun und was dir wohlgefällt."

Diesen Liedervers musste ich auswendig lernen und der Klasse vortragen. Ich war 14 und wegen meiner Gewalttätigkeit in ein Heim eingewiesen worden. Das Lied sag ich nicht auf, ich kann doch nicht derart dreist lügen. Das dachte ich. Nicht so mein Lehrer. Ich spielte den Stotterer, was er mir nicht abnahm. So versuchte ich es mit einem Asthmaanfall. Auch der half nicht: ich musste ran... Wenn ich bis dahin keine Gedanken an Gott verloren hatte, so krass lügen konnte ich nicht.

Drei Jahre später. Ich sitze in einem Gottesdienst der kleinen Gemeinde im Nachbarort. Mir war unheimlich. Der Redner zeigte bei jedem Satz in meine Richtung. Meist berichtete er wieder was Verkehrtes aus meinem Leben und sagte Gott will das ändern... Wieder zu Hause nehme ich meine Geige und quäle mal die Ohren meiner Familie. Ruhig wurde ich dabei nicht. Schließlich warf ich mich auf die Knie. Zum ersten Mal in meinem Leben versuchte ich zu beten. Gott, du meinst wohl mich. Mach bitte etwas aus meinem Leben!

Einige Tage später konnte ich nur eines denken: abends ist Gebetsstunde, da muss ich dabei sein. Ich verstand mich und die Welt nicht mehr. Woher kamen solche Gedanken in mein Herz? Tja, da hat wohl Gott inzwischen die Regie übernommen.

Etwa ne Woche später bekam ich Besuch von meinem Patenonkel. Ich erzählte ihm, was ich mit Jesus erlebt hatte. Tränen liefen über sein Gesicht als er mir sagte: "Dafür habe ich 17 Jahre lang gebetet!"

Hier steht also eine Gebetserhörung auf zwei Beinen. Bis heute hat Jesus mich ertragen und nicht weggeschickt. Da ist es wohl das Beste, bei ihm zu bleiben...

Willy

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SchwarzKaep...

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Re: Am Angelhaken

von SchwarzKaeppchen am 20.04.2014 22:53

Wie locker flockig du das schreibst :) Ich finde es toll, was du erlebt hast.

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Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Am Angelhaken

von Rapp am 29.08.2014 19:09

Ganz einfach war der Start in dieses neue Leben doch nicht, auch wenn die ganze Familie zu Jesus fand. Wir kannten uns ja gut genug...

Eines Tages machte meine ältere Schwester den Vorschlag, wir könnten unsere Sprache mal unter die Lupe nehmen. Waren da nicht oftmals Kraftausdrücke, die eigentlich völlig überflüssig waren. Bald fanden wir eine Methode um Abhilfe zu schaffen. Da gab es einen Ausdruck, der für alles gebraucht wurde, das man bekräftigen wollte. Dieses Wort hatte ursprünglich den Sinn von Kadaver. Sollte also einem von uns dieses Wort rausrutschen durfte man den Sprechenden auf den Sinn hinweisen.

Da passierte es mir. Wir saßen am Tisch und unterhielten uns, als ich jenes Wort brauchte um zu sagen, wie gut der Nachtisch schmeckte. Maya grinst mich an: Meinst du wirklich Kadaver? Stellt euch nur das entsetzte Gesicht meines Onkels vor, der uns gerade besuchte... Solch eine Lektion war nicht oft nötig!  

Willy

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Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Am Angelhaken

von Rapp am 07.09.2014 14:44

Hermann (Name geändert). Es war kurz nach dem Krieg. Mit einem Rotkreuz-Kindertransport kam er für einige Monate zu uns, der kleine Halbjude. Am ersten Abend weinte er lange. Papa hatte mal einen jüdischen Arbeitgeber gehabt und konnte daher etwas jiddisch sprechen. Er ging da zu Hermann ins Zimmer: "Na, Kleiner, bist a bissl meshugge?" "Meshugge?! Onkel, sprichste jiddisch?" Papa hatte Hermanns Vertrauen gewonnen.

Etliche Jahre hörten wir nichts mehr von ihm, bis eines Tages ein Brief kam. Hermann bedankte sich für die Zeit neun Jahre zuvor. Inzwischen hatten wir zu Jesus gefunden und ich betete oft für Hermann auch wenn ich keine Ahnung hatte wie es um ihn stand. Nachdem er uns schrieb luden wir ihn ein mit uns am Jugendlager der Gemeinde teilzunehmen. Hier war er nun mal bei uns zu Hause und kam mit zur Gemeinde. Hören wollte er das goyische Zeugs nicht, wie er mir später sagte. Aber am Schluss des Gottedienstes übergab er sein Leben Jesus. 
Am nächsten Abend besuchte uns der Jugendleiter. Wir waren nicht seiner Meinung und die Gespräche wurden recht hitzig geführt. Gegen 23 Uhr meinte meine Schwester: "Das bringt nix. Wir tun am besten das, worin wir uns sicher einig sind." So gingen wir auf die Knie. Es wurde eine wunderbare Anbetungszeit. Wir priesen Gott in neuen Sprachen... Gegen zwei Uhr machten wir Schluss. Maya fragte Hermann ob er wisse, was da abgelaufen sei. Seine Antwort: "Nein, keine Ahnung, aber so nahe ist mir der Herr noch nie gewesen!" Bis heute ist Hermann treu in der Nachfolge und wir freuen uns, den Kontakt mit ihm weiterhin zu pflegen. Er ist ein treuer Beter geworden.

Willy 

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Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Am Angelhaken

von Rapp am 25.12.2015 16:31

Die Nachfolge Jesu gleicht nie einem Sonntagsspaziergang. Vielmahr ist sie einer extremen Bergtour ähnlich: hat man endlich mit viel Mühe und Krafteinsatz einen Gipfel erklommen folgt ein nicht weniger strapaziöser Abstieg ins Tal. Das hat sich auch in der Zeit der besten Ausrüstung nicht geändert.

"Ich will dich auf deiner Reise bewahren und dich an den Ort bringen, den ich für dich bestimmt habe." Dieser Bibelwort war wohl alles, was ich aus jener Bibelwoche mit bekam. Es hatte mich dermaßen gepackt, dass ich gleich nach jenem Gottesdienst zur Gemeindverwaltung eilte um mir einen Reisepass zu bestellen. "Wohin solls den gehen?" fragte der Angestellte. "Keine Ahnung, aber weg von hier." Jemand aus der Gemeinde gab mir noch einige Lektionen Schwedischunterricht... Inzwischen hörte ich von einer Bibelschule in Boden, Nordschweden. Ich meldete mich an und wurde zugelassen.
Abreisetag: bisher hatte alles geklappt. Meine Sachen waren am Bahnhof und ich ging noch einmal in mein Zimmer. Da meldet sich die Gemeindeverwaltung am Telefom: "Ihr Pass ist hier..." Die Zeit reichte um den Pass abzuholen und mein Gepäck aus dem Schließfach zu nehmen. Schon fuhr mein Zug ein...

Das war ja ne Zitterpartie, aber Gottes Planung war perfekt. Solche Erfahrungen lehrten mich, Vater zu vertrauen.

Willy

Antworten Zuletzt bearbeitet am 25.12.2015 16:37.

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