Ein heißes Eisen - "Inklusion"

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solana

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Re: Ein heißes Eisen - "Inklusion"

von solana am 16.05.2014 10:52

Cipher schrieb:

trotz des Wissens, das der Junge das Abitur kaum wird erreichen können, ihn aber unbedingt auf das Gymnasium schicken wollten mit der Begründung, dass viele seiner Freunde nun auch dort zur Schule gehen.


Hallo Cipher
Ich habe auch davon gehört.
So wie ich es verstanden habe, ist gar nicht beabsichtigt, den Jungen auf "Abiturniveau" zu bringen. Er soll nicht dem regulären Unterricht folgen, sondern während der Zeit "extra für ihn erstellte Aufgaben" bearbeiten.
Das ist in meinen Augen kein "Inklusion", sondern "Kosmetik", Augenwischerei.

Einerseits finde ich es natürlich gut , dass Behinderte integriert werden und die Schulkinder lernen, sie als einen gleichwertigen Mitmenschen zu akzeptieren.
Es ist aber die Frage, ob der Aufwand, der dafür betrieben werden muss, das Ergebnis rechtfertigt und ob dadurch nicht neue Animositäten geschürt werden.

Denn der Junge braucht extra für sich eine eigene Betreuungsperson, die mit ihm arbeitet, während die anderen regulären Unterricht haben.
Seine Freunde kann er nur in den Pausen sehen oder vielleicht gibt es ja auch die eine oder andere reguläre Unterrichtseinheit, an der er auch mal teilnehmen kann, das weiss ich nicht.

Solange es sich jetzt nur um diesen einen Jungen handelt und verhindert werden soll, dass er aus seinem gewohnten Umfeld heraus gerissen werden müsste, ok,warum nicht. Aber diese Art Unterricht als "Modell" für eine neue Schulform einzuführen,finde ich doch ein wenig problematisch.
Denn es bräuchte je doch viele Betreuungspersonen und Extra-Räume - Kapazitäten, die anderen "weggenommen" werden müssten. Also wäre man gezwungen, anderen Schülern, die das Abitur schaffen könnten, den Zugang zum Gymnasium zu verwehren, um Plätze frei zu haben für Schüler, die gar nicht auf dieses Ziel hin unterrichtet werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass es unter den abgewiesenen Schülern und deren Eltern nicht gerade die Akzeptanz fördert.....insbesondere angesichts der Tatsache, dass durch die Bildungspolitik der letzten Jahre der Druck auf die Schüler enorm erhöht wurde.

Da fände ich es sinnvoller, Schulkomplexe mit mehreren unterschiedlichen Schularten zu bauen, die gemeinsame Pausenräume haben. Auf diese Art würden die Gymnasialschüler in ihrer Freizeit eben auch mit Haupt- und Realschülern und eben auch mit "Sonderschülern" unterschiedlichster Art zusammentreffen. Gemeinsame Projekte würden das Miteinander noch mehr fördern.
Das sind so meine Gedanken dazu. Aber die werden an der Politik eh nichts ändern...
Gruss
Solana
 
 

angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver

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cipher
Gelöschter Benutzer

Ein heißes Eisen - "Inklusion"

von cipher am 16.05.2014 10:09

Zur Zeit macht gerade der Fall eines Elfjährigen mit Down-Syndrom Schlagzeilen, dessen Eltern trotz des Wissens, das der Junge das Abitur kaum wird erreichen können, ihn aber unbedingt auf das Gymnasium schicken wollten mit der Begründung, dass viele seiner Freunde nun auch dort zur Schule gehen. Je nach Ausrichtung und Meinung geben die Medien (und Leser) zu diesem Fall sehr unterschiedliche Kommentare.

Mein Vater war Diakon in einer kirchlichen Einrichtung für schwer und schwerst-Mehrfachbehindere. Meine Schwester und ich sind unter diesen Menschen aufgewachsen. Später ließ mein Vater sich zum Heilpädagogen weiterbilden. Ich selbst habe sehr viel mit diesen Menschen gearbeitet. Meine Frau unterrichtete eine Weile an einer Sonderschule. Insofern sind wir mit dem Thema vetraut.

Was ich nicht verstehen kann ist, dass die Eltern dieses Jungen scheinbar keinen Eindruck davon haben, wie ihr Sohn sich fühlen wird, wenn er später die gesteckten Ziele nicht erreicht - weil er in Wirklichkeit gar keine Chance dazu bekam.

Die Inklusion will die Grenzen zwischen "behindert" und "normal" weitestgehend beseitigen. Auf diese Weise werden ganze Gebäudekomplexe von den Menschen, die darinnen wohnten, geleert, diese Menschen in einzelne Wohnungen oder auch WG's untergebracht und so weit wie möglich in den normalen Alltag integriert. Dazu werden in den letzten Monaten und Jahren eine hohe Anzahl von Betreuuern rekrutiert, denn längst nicht alle diese Menschen können wirklich selbständig leben.

Versuchsweise hat man das schon in den Siebzigern praktiziert. Bewährt hat es sich längst nicht bei so vielen, dass man dazu ermutigt worden wäre, diese Versuche zu erweitern. Von manchen Behinderten weiß ich, dass sie zurück in ihre Wohngruppen strebten, denn sie spürten deutlich, dass sie "außen" standen. Nicht nur wegen äußerer oder Verhaltensaufälligkeiten, sondern auch wegen ihrer geringeren Leistungsfähigkeit und teilweise sehr verschiedenen Empfindungen.

Ich möchte das mal hier zur Diskussion stellen - was spricht für, was gegen Inklusion - müssen auch hier die EU-Bürger "zwangserzogen" werden?

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