Menschen, die mein Leben prägten

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Rapp
Gelöschter Benutzer

Menschen, die mein Leben prägten

von Rapp am 17.11.2014 11:41

Es gibt Menschen, die mich über Jahre begleiteten. Anderen begegnete ich einmal. Wieder andere mit denen ich arbeitete und sie deshalb täglich traf. Die Spuren, die einige Menschen in meinem Leben zurückließen möchte ich hier ein wenig beleuchten. Sie prägten mich, halfen mir meine wege zu korrigieren und mich nach Gottes Meinung auszurichten. Von diesen Menschen möchte ich hier ein wenig erzählen. Es sind Menschen, unterwegs mit Jesus. Sie haben Schwächen, Macken, Fehler. Aber sie kennen ein Ziel: Einmal werd ich ihm gleich sein!

"Morgen, Schweizer, wirst du hier predigen." Klar wusste ich, dass auch ich mal ran musste. Aber wie sollte das gehen? Die Sprache beherrschte ich noch lange nicht... "Nein Papa, ich bin Drechsler und nicht Pastor!" "So wirst du uns eben eine Predigt drechseln!" lachte Papa Gyllroth, sagte mir aber auch, dass sein Sohn Dan dolmetschen werde. Jener Abend ging über die Bühne.

Kurze Zeit nach Schulabschluss erhielt ich eine Stelle in der Pionierarbeit, ein gutes Stück nördlich vom Polarkreis. Bevor ich in einer Gemeinde arbeiten konnte landete ich in einer Bauschreinerei. Bei einem Gebetstreffen begegnete ich wieder Papa Gyllroth. "Du bist bedrückt, was plagt dich?" "Ach, Papa, nie wollte ich so weit im Norden leben. In einer Bauschreinerei zu jobben ist mir das allerletzte... Ja, was ich nie wollte habe ich nun alles bekommen!" Ein warmes Lächeln ging über das schöne Gesicht: "... und so lange du nicht bekommst was du willst bist du noch auf dem Weg!"

Wieder verstrichen Jahre. Ich war wieder in der Schweiz und arbeitete zu der Zeit als Erzieher und betreute Jugendlichen in der Drogenszene. Ich machte Wanderurlaub im Jokkokaskaby. Davor aber besuchte ich Papa Gyllroth. Inzwischen erblindet kam er ins Gemeindebüro, wo ich ihn treffen sollte. Mit ausgestreckten Armen trat er auf mich zu und fasste meine Hände. Seine Worte vergesse ich sicher nie mehr: "Vater, hier ist wieder einer, den du bewahrt hast!"

Einen solchen Vater zu kennen verpflichtet!

Willy

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Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Menschen, die mein Leben prägten

von Rapp am 18.11.2014 11:50

Jakob stand wenige Jahre vor seiner Pensionierung: Er war verantwortlich für vier größere Gemeinden und etwa zwanzig Bauernstuben, kleinen Hausgemeinden, die er und einige Brüder regelmäßig betreuten. Zwei mal im Monat fuhren wir zur Hauptgemeinde in Schaffhausen. Sonst fanden eben die Gottesdienste in den Häusern hin und her statt. So fanden immer wieder Menschen zu Jesus durch das einfache schlichte Zeugnis der Gastgeber.

Ich saß bei Jakob im Wagen. Eigentlich sollten wir am Abend in einer Stube im Toggenburg sein, als Jakob anhielt und zu einer Telefonzelle eilte. er rief einen Ältesten an und bat ihn für ihn einzuspringen. Warum? Jakob wollte einen Jugendlichen nicht im Stich lassen. So begleitete er diesen Burschen zu seinem Lehrmeister, denn er hatte dort noch etwas zu ordnen... Jakob ging mit, damit es dem Jungen leichter fiel.

Jakob ließ uns nichts durchgehen, aber in allem spürten wir seine tiefe Liebe.

Es war Evangelisation und die Gemeinde mietete einen größeren Saal mit einem Flügel. Nelli, Emil und ich baten irgendwie mitarbeiten zu dürfen. "Gut, dann bringt vor jeder Versammlung die Stühle in Ordnung. Das taten wir auch, bloß fanden wir noch Zeit den Klang des Flügels mit Reißzwecken zu verändern.

Jakob begleitete die Lieder ohne ein Wimperzucken. Die Gemeinde lachte herzhaft, nur wir drei wagten es nicht mit zu lachen. Nach dem Schlussgebet grinste Jakob... und Willy, Nelli und Emil bringen den Flügel wieder in Ordnung, was wir auch sofort machten...

Väter haben Humor, Geduld, Liebe. Sie brauchen aber auch sehr viel Gnade um über sich selbst auch mal schmunzeln zu können... und auch Väter sind Menschen.

Willy

Antworten Zuletzt bearbeitet am 18.11.2014 16:46.

Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Menschen, die mein Leben prägten

von Rapp am 21.11.2014 08:33

Erich (Name geändert) galt als ein etwas komischer Vogel. Er war eigentlich unscheinbar und fiel normaler Weise gar nicht auf. Die Schule abzuschließen hatte er nie geschafft. Aber er hatte Jesus lieb gewonnen.

Seine Arbeit als Hausmeister in einer kleinen Fabrik beeindruckte den Direktor so, dass er dem Burschen seine Tochter zur Frau gab, als er um ihre Hand anhielt.

Erich wurde ein mächtiges Werkzeug Gottes.

Nach einem Gottesdienst kam Marie (Name geändert) zu Erich. Sie klagte, dass ihr Mann einfach nichts mit der Gemeinde zu tun haben wolle. Mit vielen Worten berichtete sie, wie schwierig es sei, mit ihm zu leben. Schließlich kramte Erich etwas aus seiner Hosentasche hervor: "Dagegen habe ich ein sehr gutes Mittel. Das wendest du nun immer an, sobald dein Mann nach Hause kommt." Er gab Marie einen kleinen, flachen Stein. "Diesen Stein legst du dir immer unter die Zunge, wenn Hans heimkommt. Nie vergessen!!" Wenige Tage später saß Hans im Gottesdienst und entschied sich Jesus nachzufolgen. Der Grund? "Meine Frau ist total verändert. Sie hat gar nicht mehr das letzte Wort..!"

Willy

Antworten Zuletzt bearbeitet am 19.02.2015 16:11.

Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Menschen, die mein Leben prägten

von Rapp am 25.11.2014 16:02

Gemeindedienst kann ganz schön Kraft kosten. So kam ich ziemlich ausgepumpt zu meinem Freund Reinhold. "Geh bitte in meine Studierstube. Dort habe ich für dich einiges an Fachliteratur zurechtgelegt. Keine Widerrrede, geh!" Was sollte ich anderes tun? Widerspruch half nix, ich gehorchte. Die Überraschung: Hier lag auf einem kleinen Bücherstapel die Notiz: Fachliteratur für niedergeschlagene Prediger! Es waren die ersten Bände von Guarescis Don Camillo...

Willy, der sich sehr gern an Ostfriesland erinnert...

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Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Menschen, die mein Leben prägten

von Rapp am 08.12.2014 17:13

"Sag, was ist mit dir los? Ich habe keine Ahnung wer du bist. Aber heute musste ich nur für dich singen!" Es war ein Musikgottesdienst in Ulricehamn. Ich machte dort einige Tage Urlaub. Und ich steckte in einer sehr tiefen Krise. Meine Mutter hatte mir mitgeteilt, dass meine jüngere Schwester sehr schwer erkrankt sei. Sie bat mich heim zu kommen... Ich stand  in Nordschweden im Gemeindedienst und konnte mir nichts anderes vorstellen. So wusste ich nicht, was zu tun war.

Im Gemeindesaal standen etliche Säulen. Um sicher zu gehen, dass mich ja niemand anspricht verkroch ich mich hinter einer dieser Säulen. Hier konnte ich einfach nur zuhören... Am Schluss der Versammlung sang der Chor. Ingvar suchte unruhig irgend etwas. Dann schritt er auf meine Säule zu und fand mich dahinter...

Ich war platt, stellte mich kurz vor. Ingvar, der Sänger, sagte mir dann er habe eigentlich ganz andere Lieder zusammengestellt. Da hatte er keine Ruhe, bis er sein Programm änderte. Für mich war jedes seiner Lieder ein Volltreffer. Erst Jahrzehnte später fand ich Ingvar wieder. Er war inzwischen schwer erkrankt. Aber wir beide waren uns so einig wie alte Freunde, die ein Leben lang beisammen waren.

Das Vertrauen das Ingvar aussstrahlte ist eine meiner kostbarsten und prägendsten Erinnerungen.

Willy

Antworten Zuletzt bearbeitet am 08.12.2014 17:16.

Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Menschen, die mein Leben prägten

von Rapp am 09.12.2014 09:51

Da ist mein Freund Lothar. Auf der Bibelschule lernten wir uns kennen. Bald wurden wir "das doppelte Lottchen" genannt. Man sah uns ja so oft beisammen. Unsere Freundschaft hat gehalten bis heute.

Wir waren so sehr verschiedene Charaktere. Doch wir ließen einander den nötigen Freiraum. Wie oft sahen wir Dinge auf so unterschiedliche Weise! Aber wir achteten sehr darauf, dass jeder seinen eigenen Weg mit Gott ging. Das war wohl das wichtigste an unserer Freundschaft.

Oft habe ich dem Herrn für diese Gemeinschaft gedankt. Lothar ist leider seit vielen Jahren krank und ich kann ihn auch nicht mehr besuchen. Aber wir freuen uns auf ein Wiedersehen in der Herrlichkeit. Gott meint es guuuuut mit uns!!

Willy

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cipher
Gelöschter Benutzer

Re: Menschen, die mein Leben prägten

von cipher am 09.12.2014 13:44

In der Schule zeichnete ich mich lange Zeit durch ein gerüttelt Maß an Faulheit aus. Ich brauchte in den meisten Fächern nix tun, wenn ich mich mit dem Durchschnitt zufrieden gab und da, wo ich etwas hätte tun müssen, siegte einfach die Bequemlichkeit.

Mit 14 war ich konfirmiert worden und hatte danach der Kirche und dem "ganzen Gedöns" den Laufpass gegeben. In den Religionsunterrict in der Schule wollte ich nicht, so blieb ich einfach fort, weil ich der irrigen Meinung war, das wäre so formlos möglich.

Unser Deutsch- und Klassenlehrer war bereits über das Renteneintrittsalter hinaus, ein kleines, zartgliedriges Männchen mit weißen Haaren und großer Stirnglatze.  So recht ernst genommen wurde er nicht von allen, wir waren ausschließlich Jungen in einer Metallfachschule. Doch er wusste sich Respekt zu verschaffen.

Eines Tages, wir hatten gerade Geometrie und ein Kamerad und ich hatten "Reli" wieder einmal ausfallen lassen, wurde die Türe zum Klassenzimmer mit brutalem Schwung aufgerissen, dass sie rückwärts gegen die Wand krachte und herein kam mit zornrotem Gesuch unser Klassenlehrer. "Wo sind die beiden Schwänzer?!" rief er mit schneidender Stimme durch den Saal und selbst der Geometrielehrer stand ganz verschüchtert in der Ecke. 

Wie von Marionettenfäden gezogen standen wir beide auf. Er kam zu unserem Tisch und sah uns nur an. Unter seinen Blicken wurde ich klein und immer kleiner und meinem Kameraden ging es nicht besser. Dieser Mann war ein großartiger Pädagoge. Es fiel kein weiteres Wort, doch zur nächsten "Reli"-Stunde fanden wir uns im ensprechenden Klassenraum ein. 

Dort traf ich als Lehrer Freund Walter - ein evangelischer Diakon mit scharfem Witz und scharfem Verstand, mit dem ich in Diskussionen manchen Strauß ausfocht. Er forderte uns junge Burschen immer wieder auf's neue heraus und brachte uns bei, nicht alles nur von der Oberfläche her zu betrachten. Wir lernten uns schätzen und lieben und hielten auch später, auch als ich verheiratet war, zwar lockeren, doch unverlierbaren Kontakt.

Vor einigen Jahren ist Walter, hoch in den Achtzigern, gestorben. 

Er, unser Freund Walter und dieser kleine Klassenlehrer, hatten einen erheblichen Anteil daran, dass ich später Jesu Ruf vernahm und beantwortete.

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Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Menschen, die mein Leben prägten

von Rapp am 09.12.2014 15:40

Wieder einmal war ich in eine Schlägerei verwickelt, als der Heimleiter auftauchte, auf den Armen die dreijährige Helen. Er fasste mich am Kragen und riss mich von den anderen los. "Ab in mein Büro!" leise, aber scharf trafen mich seine Worte. Mir schwante nichts gutes.

"Warum hast du Martin verprügelt?" "Keine Ahnung." Schweigend sah mich Herr Fischer ne Weile an. Ich saß weinend da. Wie sollte das weiter gehen? Nahm mich die Sekundarschule wieder auf, wenn ich nach Monaten wieder nach Hause kam? Bringt das ganze überhaupt etwas? Herr Fischer brach das Schweigen: "Ich muss kein Prophet sein um dir zu sagen wohin dein Leben verläuft: Mit zwanzig Jahren wirst du ne lebenslange Haftstrafe verbüßen, weil du jemanden zu Tode prügelst! Und nun ab auf dein Zimmer."

Drei Jahre später. Gott hatte eingegriffen und ich fand zu Jesus. Einen Gedanken konnte ich nicht mehr los werden: ich sollte meine früheren Erzieher aufsuchen und ihnen sagen, dass ich zu Jesus gefunden hatte. Ich fing bei den Hauseltern in einem Kinderheim an. Es waren gläubige Leute. Die Hausmutteer sagte mir: "Als ich den Namen hörte dachte ich, ein Staubsaugervertreter oder der Willy. Für dich haben wir die ganzen Jahre gebetet!"

Es gab noch zwei Beter die nicht unschuldig an der Veränderung sind , die ich seither erfahren darf: Meine Mami und mein Patenonkel. Als ich ihm von meinem Erleben mit Jesus erzählte rollten Tränen über sein Gesicht: "Seit 17 Jahren bete ich dafür!" war sein knapper Kommentar.

Vor euch steht also eine Gebetserhörung auf zwei Beinen.

Willy

Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.12.2014 17:40.

Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Menschen, die mein Leben prägten

von Rapp am 10.12.2014 21:07

Nennen wir ihn Albert. Es war nicht immer einfach mit ihm zurecht zu kommen. Ein Erlebnis aber, das ich mit Albert hatte begleitet mich seit vielen Jahren. Damals war ich mit verantwortlich für ein Jugendlager. Da wurde ich zum Schlafraum der Jungs gerufen. Heinz hatte hier im Massenlager ganz schlimme Asthmaanfälle bekommen. Als ich den Raum betrat hielten zwei Jungs den Heinz in der Fensteröffnung fest, damit er Luft bekam. Vier oder fünf der Großen knieten hinten im Raum. Da betrat Albert das Zimmer. Er kam zu mir: "Was ist los? Was machst du da hinten?" Ich erkläre ihm die Sachlage. Ab mit dir zum Fenster und lege Heinz die Hände auf, los! Wenn du beim Fenster einen Stock spalten willst schlägst du doch auch nicht die Axt in der hintersten Ecke ein!" Widerrede unmöglich. Ich schleiche mich also zum Fenster, packe den Heinz am Kragen und bete. In den folgenden zwei Wochen hatte der Junge keine Anfälle mehr. Und ich? Ich lernte auf Gott und sein Wort achten und vertrauen.

Vertrauen ist wie eine Pflanze: es wächst unmerklich aber ständig, wenn ich mich mit Gott befasse. Mit der Zeit wird es kräftig und wird auch nicht mehr von jedem Sturm umgeweht...

Willy

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Rapp
Gelöschter Benutzer

Re: Menschen, die mein Leben prägten

von Rapp am 13.12.2014 09:43

Neben der Schule war ich normaler Weise bis spät in die Nacht hinein am arbeiten. Da ich gern arbeite war das für mich nicht weiter schlimm. Ich lernte auch sehr leicht und so ging für mich die Bibelschulzeit nur zu schnell vorbei. Doch etwas nagte an mir: Dort, im Jokkokkaskaby im Norden Lapplands gingen Menschen verloren, weil ich ihnen die Botschaft von Jesus nicht mehr bringen konnte und hier saß ich um zu lernen.

Da kam Opa Kolenda, der Senior unserer Lehrer, im Verlagsgebäude zu mir: "Willy, du bist bedrückt, was plagt dich?" Weinend erzählte ich ihm von der Arbeit im Hohen Norden. Da nahm Opa mich in den Arm: "Lerne jetzt so viel wie du irgend kannst. So wirst du Gott besser dienen können. Später kommst du oft nicht mehr dazu." Wie recht er doch hatte!.

Viele Jahre später erzählte uns sein Neffe, wie Opa heim ging. Der junge Mann bekam von Opa einen Anruf: "Wenn du mich noch treffen willst komm bitte heute zu mir." Er reiste hin und fand Opa in seinem Schaukelstuhl. Am Boden um ihn herum lagen Papiere mit Namenlisten, die Listen seiner früheren Schüler. Opa betete noch einmal für jeden einzelnen seiner Schüler. Als alle Listen nach Stunden endlich durchgebetet waren bat Opa um eine große Portion Eis, die er genüsslich ass. Dann sagte er auf wiedersehen und schlief ein.

Opa betete also bis zu seiner letzten Stunde auch für mich. Das verpflichtet.

Willy

Antworten Zuletzt bearbeitet am 13.12.2014 13:36.
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