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Re: Evolutionstheorie und 1. Buch Mose - Ein Widerspruch?
von Hyperion am 06.04.2017 10:47Schönen guten Morgen liebe Community,
@Thomas: Ich möchte dir zunächst recht herzlich für deine zahlreichen Anmerkungen zu meinem Text danken, bin aber gleichzeitig doch ein ganz klein bisschen darüber verwundert, dass du dich offensichtlich von meinen Ausführungen so persönlich angesprochen gefühlt hast, so als hätte ich auf einen deiner Posts geantwortet (vielleicht habe ich das aber auch nicht richtig verstanden).
Denn, ganz ehrlich und wie du schon richtig vermutet hattest, ich hab' die Posts in diesem Thread nicht wirklich aufmerksam gelesen, sondern lediglich überflogen und wollte deshalb mit dem was ich geschrieben habe, eigentlich auch gar nicht explizit auf irgendeinen der zahlreiche Posts eingehen und also auch nicht auf einen von dir. Ich hatte ursprünglich nur Kowalskis Eröffnungspost gelesen, fühlte mich von seiner Fragestellung angesprochen, und hab' dann "frei von der Leber weg" losgeschrieben, ohne den anderen Posts großartig Aufmerksamkeit zu schenken. Mea culpa.
Da du dir nun aber soviel Zeit und Mühe gegeben hast, Anmerkungen zu meinem Text zu machen, möchte ich mich gerne revanchieren und meinerseits auf deine interessanten Kommentare eingehen. Ich hoffe ich bekomme das auch einigermaßen strukturiert und übersichtlich hin, denn grundsätzlich könnte ich zu diesem Thema fast schon ein Buch schreiben (soviel gibt es dazu zu sagen), sehe mich aber in der Verpflichtung, mich so kurz wie irgend möglich zu fassen (was höchstwahrscheinlich schon lang genug werden wird...).
Ich fang dann mal mit der ersten Frage an, die du mir gestellt hattest:
Ich hatte geschrieben:
Woraufhin du fragstest:
Nein, das eine muss nicht unbedingt das andere ausschließen, aber die geisteswissenschaftlichen Perspektiven (z.B. in der Theologie, der Philosophie oder auch der Kunst), aus denen heraus man sich dem Phänomen Welt nähern kann, lassen sich durchaus von der naturwissenschaftlichen Perspektive unterscheiden. Sie verlaufen nicht grundsätzlich gegensätzlich, können sogar durchaus parallel verlaufen, gehen schlussendlich jedoch methodologisch meist unterschiedlich vor und genau um diesen Aspekt ging es mir in meinem Text - Stichwort Exegese.
Die meiner Meinung nach entscheidende Frage hinsichtlich des Schöpfungsberichtes in der Genesis ist doch letztlich, ob dort tatsächlich Aussagen im heutigen Sinne der Kosmologie und/oder Evolutionsbiologie getroffen werden, oder ob man nicht vielmehr einen Kategorienfehler begeht, wenn man den Schöpfungsbericht kosmologisch, respektive evolutionsbiologisch verstehen möchte?
Desweiteren hatte ich geschrieben:
Und du hast darauf erwidert und gefragt:
Grundsätzlich ist dieser Perspektivwechsel selbstverständlich möglich. Wenn jedoch der Mensch innerhalb der Schöpfung dann etwas anderes an Zeit messen würde, als sechs Tage "Schöpfungsarbeit Gottes, könntest du schon nicht mehr davon sprechen, dass du den Genesistext wörtlich verstanden hast, sondern dann hast du ihn bereits allegorisch ausgelegt! Denn die Vorstellung einer "sechs Tage Schöpfung" (aus Gottes Perspektive) würde dann ja durch den vorgenommenen Perspektivwechsel z.B. zu einer Vorstellung für den Vollzug von Milliarden von Jahren (aus menschlicher Perspektive) und genau dies wäre dann allegorisches Verständnis, weil du das eine Vorstellungsbild in ein anderes überträgen hast. Also nur wenn sechs Tage Schöpfung auch wirklich sechs Tage Schöpfung bleiben, kann man von einem wörtlichen Verständnis sprechen.
Dann hatte ich noch geschrieben:
Was dich zu der Aussage motivierte:
An dieser Stelle kommt mein Versäumnis zu tragen, eure/deine Posts in diesem Thread, nicht wirklich aufmerksam gelesen zu haben. Deshalb hatte ich lediglich meine persönliche Meinung dargestellt und zwar noch ganz am Anfang meines Textes betont, dass ich sie für unverbindlich halte und deshalb auch nicht für so wichtig, dass ich sie unbedingt beweisen müsste, aber ich gebe dir selbstverständlich recht, dass ich mich in dieser Hinsicht tatsächlich unwissenschaftlich verhalte.
Meine Intention war aber auch zu keiner Zeit davon motiviert irgendjemanden widerlegen, oder meine persönliché Meinung als einzig Richtige darstellen zu wollen. Deshalb entschuldige bitte, falls das bei dir so angekommen sein sollte.
Die Gründe jedoch, weshalb ich persönlich den Genesistext nicht in der Kategorie der Kosmologie, oder der Evolutionsbiologie betrachten möchte, meinte ich ausreichend deutlich klargemacht zu haben. Kosmologie und Evolutionsbiologie stellen in ihrem methodologischen Aufbau, also in der Art und Weise wie sie die Welt untersuchen, ganz einfach nicht die Frage nach Gott. Gott spielt für sie keinerlei Rolle und das muss für sie als Naturwissenschaftler auch so sein, weil sie eben nur die Natur und ihre Gesetzmäßigkeiten untersuchen und dabei von der Einflussnahme Gottes, oder anderer übernatürlicher Wesen/Ereignisse, notwendig absehen müssen.
Weitere Gründe, weshalb ich an den Genesistext lieber theologisch/philosophisch herantreten möchte, nannte ich dann in folgendem Zitat:
Demgegenüber erwidertest du dann:
Ups, hier unterstellst du mir etwas, was ich nicht geschrieben hatte, Thomas. Ich hatte geschrieben, dass für mich persönlich die Schöpfungsgeschichte in der Genesis untrennbar mit dem Johannesprolog, oder auch Kolosser 1, 15-17 verbunden ist, aber ich hatte nicht geschrieben, dass ich aufgrund des Symbolgehalts des Johannesprologs, den Genesistext fortan nicht mehr ernst nehmen möchte. Ich deute beide Texte zwar grundsätzlich lieber allegorisch/philosopisch/theologisch, als auf Grundlage physikalischer Erklärungen, aber das hatte ich ja auch bereits begründet, weshalb ich lieber auf diese Weise vorgehe. Man muss das aber natürlich nicht so machen, wie ich es mache, aber man kann es.
Wenn man den Genesistext jedoch naturwissenschaftlich erklären möchte, muss man auch die Diskrepanz zwischen einer "sechs Tage Schöpfung" und der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass die Welt in Jahrmilliarden entstanden ist, auflösen können. Ich wüsste nun nicht wie sich dies anders auflösen ließe, als durch allegorische Exegese und in der Folge durch Darstellung der Voraussetzungen, unter denen wir einerseits den naturwissenschaftlichen Sachverhalt betrachten möchten und andererseits den Genesistext, um abschließend dann zu einem einheitlichen und miteinander harmonisierten Gesamtbild zu gelangen. Und diese Voraussetzungen sehe ich persönlich nur innerhalb des Rahmens einer theologisch-philosophischen Gesamtbetrachtung sinnvoll erfüllt.
Im weiteren Verlauf meines Textes hatte ich dann geschrieben:
Und du hast darauf erwidert:
Auch hier liest du ganz eindeutig etwas in meine Aussage hinein, was ich so nicht gesagt und auch nicht gemeint hatte und ehrlich gesagt kann ich diesmal überhaupt nicht nachvollziehen, inwiefern ich auf komplizierte Art und Weise gesagt haben soll, dass alles voneinander abhängig ist?
Nun ja Thomas, wie auch immer du letztlich darauf gekommen sein magst, ich hatte jedenfalls nicht gesagt und auch nicht gemeint, dass alles voneinander abhängig ist, sondern ich hatte gesagt, dass der Urknall und die Evolutionsbiologie nicht unabhängig von unseren Seins- und Erkenntnisstrukturen verstanden werden darf, da wir immer nur innerhalb dieser Strukturen ein Verständnis von dem Phänomen Welt entwickeln können.
Und deshalb postuliert der Kosmologe hinsichtlich der Frage nach der Entstehung der Welt, auch einen zugrundeliegenden Urknall, in dessen Folge dann Raum und Zeit aus demselben entstanden sein sollen, weil er sich ganz einfach ohne der Vorstellung von Zeit und Raum, auch das Weltliche nicht vorstellen kann.
Ähnlich nimmt der Evolutionsbiologe eine evolutionäre Entwicklung in Raum und Zeit wahr, in der sich in einem einheitlichen Prozess, vor vielen Millionen Jahren, die Urzelle von ihrer Umgebung zunächst abgekapselt hatte, dann teilte und vermehrte und sich auf diese neu entstandene Struktur schließlich immer komplexere Strukturen aufbauten, bis dann der Mensch entstand, der dann, aufgrund seiner sich evolutionär herausgebildeten Erkenntnisorgane (Sinne, Gehirn...), endlich dazu in der Lage war die Welt, innerhalb von Zeit und Raum, sowie die Entwicklungen in ihr und den einheitlichen Prozess, in dem sich diese Entwicklungen vollzogen, wahrzunehmen.
Ich hoffe es wird aufgrund dieser Ausführungen nun vielleicht etwas deutlicher, weshalb der Mensch in Wirklichkeit immer nur seine a priori vorgegebenen Seins- und Erkenntnisstrukturen erkennen kann, aber eben nicht die reale Entstehung von Welt und den einheitlichen evolutionären Prozess, der dieser Entstehung zugrunde liegt und dessen "Ergebnis oder Erzeugnis" er evolutionär quasi darstellt.
Dies hatte ich damals in meinem ersten Text durch folgende Aussage verdeutlichen wollen:
Und du hattest damals darauf erwidert:
Leider tritt auch hier zunächst wieder das Problem auf, dass du offensichtlich dachtest, ich bezöge mich mit meinem Text auf deinen, was ja nicht der Fall ist und wir mittlerweile bereits mehrfach geklärt haben. Und wenn du nun aus der Genesis heraus die Entstehung des Universums erklären möchtest, habe ich damit keinerlei Problem und folge interessiert deinen diesbezüglichen Ausführungen! Aber noch viel mehr wäre ich daran interessiert darüber aufgeklärt zu werden, wie du meinst die Welt von außen in ihrem Entstehen beobachten und beschreiben zu können? Denn du meintest ja, dass wir das könnten.
Mir ging es jedoch um etwas anderes (und ich muss dir auch widersprechen, denn ich finde meine Ausführungen durchaus nachvollziehbar, schlüssig und logisch, wenn man denn bereit ist meinen Gedanken zu folgen und die Perspektive zuzulassen und einzunehmen, die ich einnehme!):
Also mir ging es darum aufzuzeigen, dass wir als Geschöpfe Gottes, also als Teil innerhalb der Schöpfung Gottes, die Entstehung von Welt/Schöpfung, nicht von außen, also in ihrem Entstehen beobachten können, da eben die uns a priori vorausgesetzten Seins- und Erkenntnisstrukturen schlussendlich immer nur sich selbst denken und wahrnehmen können.
Ich kann mich da leider immer wieder nur wiederholen, aber zum Verständnis meiner gesamten Ausführungen ist es nun einmal unbedingt notwendig zu verstehen was es bedeutet, dass wir raum-zeitliche Geschöpfe sind, innerhalb der Schöpfung unser Leben leben und uns deshalb die Grundlage des Schöpfungsprozesses notwendig in seinem Entstehen und seinem Vollzug unerkannt bleiben muss.
Ich hatte das auch mit den Worten zu verdeutlichen versucht:
Woraufhin du meintest:
Womit du zwar einerseits hinsichtlich der Feststellung, dass das nicht unwissenschaftlich ist, völlig Recht hast, aber andererseits akzeptierst du meine Herleitungen ja offensichtlich nicht wirklich und die von dir geforderte Überprüfung geschieht nunmal im Rahmen meiner persönlichen Betrachtungsweise das Threadthema betreffend (und dieser Rahmen wird eben auf Grundlage theologisch/philosophischer, oder genauer erkenntnistheoretischer Kategorien gebildet) und eben nicht innerhalb der von dir geforderten naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise, weshalb meine Sichtweise für dich wohl grundsätzlich unbefriedigend bleibt, wenn ich dich richtig verstanden habe?
Ich jedoch finde meine Herleitung nicht unbefriedigend, wenn ich auch zugebe, dass sie unserem gewohnten Denken sehr leicht fremd erscheinen mag. Ich kann dich deshalb nur bitten und dazu einladen, einmal meine Sichtweise einzunehmen, bzw. nachvollziehen zu wollen, ohne gleich Einspruch zu erheben, wenn sich meine Erklärungen und Gedankengänge nicht auf den von dir gewohnten Pfaden bewegen.
Ich hatte meinen Gedankengang dann mit folgenden Worten beendet:
Und deine Erwiderung lautete:
Uff, also zunächst bin ich nun etwas verblüfft darüber, dass du erst an dieser Stelle darauf hinweist, dass ich mit meinen Ausführungen ins Philosophische komme, denn von Textbeginn an habe ich doch erklärt und darauf hingewiesen, dass ich mich dem Phänomen (der Entstehung der) Welt im Kontext mit der Genesis, dem Johannesprolog, Kolosser 1, 15-17, der Kosmologie und der Evolutionsbiologie theologisch/philosophisch nähern und deshalb hinsichtlich des Verständnisses der biblischen Texte, gerne allegorische Exegese betreiben möchte.
Nun gut, ich hoffe das durch diesen Post nun etwaige Missverständnisse und/oder Unklarheiten ausgeräumt und mein Gedankengang insgesamt besser nachvollziehbar und verständlich wurde.
Und damit auch ich dich richtig verstehe, würde ich von dir nun gerne einmal wissen, was du konkret unter objektiver Wahrheit verstehst und inwiefern diese objektive Wahrheit uns subjektiven Individuen zugänglich sein soll? Damit wir nicht aneinander vorbei reden, oder es zu unnötigen Missverständnissen kommt, wären diese Informationen für mich nämlich sehr wichtig. Nicht, dass ich sonst wieder mit philosophischen Spekulationen über das Thema "objektive Wahrheit" um die Ecke komme, du aber in einer ganz anderen Ecke stehst und also auch aus anderer Perspektive "objektive Wahrheit" verstehst.
Soviel kann ich aber hinsichtlich der Frage nach objektiver Wahrheit aus meinem Verständnis heraus sicher schon verraten: Es gibt sie nur bei und in Gott und nur er weiß was objektiv wahr ist und nur er kann es offenbaren....
Und um nun einmal zum Ende zu kommen und weil ich den Text nun wirklich nicht noch quälend länger machen möchte, gehe ich noch schnell und abschließend auf die letzte Frage von dir ein und lasse dann aber deine Bemerkungen zu Meister Eckhart unkommentiert einfach so stehen, ok?
Ich hatte meinen Text mit dem Bekenntnis abgeschlossen:
Und du hast dann abschließend gefragt:
Mein persönliches Verständnis der Bibel geht über das wörtliche hinaus, wie du ja sicher bereits gemerkt hast, ich bin ein großer Freund der allegorieschen Exegese und insgesamt der christlichen Philosophie, wie z.B. der mittelalterlichen Scholastik, die wiederum eine starke Affinität zum Neuplatonismus hat. Das alles zusammengenommen beeinflusst mein persönliches Bibelverständnis und lässt sich, wie du dir sicher denken kannst, unmöglich in einigen wenigen Sätzen sinnvoll vermitteln.
Gleichwohl lässt sich mein Glaube daran, dass die Welt keinen realen Anfang und linearen Zeitablauf hat, sondern die gesamte Welt von Gott in einem "ewigen Nun" geschaffen wird, vielleicht doch einigermaßen verständlich und biblisch nachvollziehen, wenn man sich die bereits erwähnten Bibelstellen Johannes 1, 1-5 und Kolosser 1, 15-17 ansieht.
Im Kolosserbrief heißt es:
Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene aller Schöpfung. Denn in ihm ist alles in den Himmeln und auf der Erde geschaffen worden, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Gewalten oder Mächte: Alles ist durch ihn und zu ihm hin geschaffen; und er ist vor allem, und alles besteht durch ihn.
Und der Johannesprolog lautet:
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles wurde durch dasselbe, und ohne dasselbe wurde auch nicht eines, das geworden ist. In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.
Bemerkenswert ist für mich persönlich zunächst einmal, dass es im Johannesprolog nicht "Am", sondern "Im" Anfang... heißt. Ich finde das deutet durchaus schon einmal darauf hin, dass es nicht einen festen Zeitpunkt gab, an dem der "Schaffensprozess" Gottes begann, sondern das "Im" weißt meiner Meinung nach eher darauf hin, auf welche Weise sich dieser "Schaffensprozess" vollzieht. Noch deutlicher wird dies, wenn man statt der deutschen Übersetzung, die Vulgata, also die lateinische Ur-Übersetzung zu Rate zieht. Dort heißt es: In principio erat Verbum.....
Man erfährt also etwas über das Prinzip in dem Gott die Welt erschafft und dieses Prinzip ist das Wort, oder anders der Logos. Der Logos ist in der Philosophie der "Ort der Urbilder". Durch die Urbilder erhalten alle Abbilder, also alles Geschöpfliche und Kreatürliche, im "Schaffensprozess" ihr Sein, ihre Form und ihre eigentümliche Art. Also wird z.B. auch der Mensch durch den Logos geschaffen, erhält sein Sein, seine Gestalt und sein Wesen (was übrigens einen Bezug zur Genesis hat, weil man Adam durchaus als Urbild des Menschen verstehen kann - deshalb auch sein Name Adam, das heißt Menschheit).
So wird es ganz ganz grob gesagt im Platonismus gelehrt und im Johannesprolog findet sich das wieder. Der Logos, oder das Wort ist dann entsprechend nach christlicher Vorstellung Jesus, was sich vollständig mit der zitierten Kolosserstelle in Einklang bringen lässt, denn dort heißt es ja ebenfalls, dass er das Bild des unsichtbaren Gottes ist (entsprechend der Aussage, "im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott") und der Erstgeborene aller Schöpfung.
Und weiter heißt es:
Denn in ihm ist alles in den Himmeln und auf der Erde geschaffen worden, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Gewalten oder Mächte: Alles ist durch ihn und zu ihm hin geschaffen; und er ist vor allem, und alles besteht durch ihn.
All diese Aussagen, die bzgl. Jesus im Kolosserbrief getroffen werden, also das alles durch ihn und zu ihm hin geschaffen ist; und er vor allem ist, und alles durch ihn besteht, sind meiner Meinung nach Ausdruck für die Entstehung von Welt/Schöpfung eben nicht nur durch, sondern auch in Jesus, oder nicht nur durch, sondern und auch in dem Wort, oder eben auch durch und in dem Logos.
Das deutet meines persönlichen Verständnisses nach einen lebendigen und eben noch nicht abgeschlossenen Prozess an. In der Philosophie würde man von einem Emanationsprozess sprechen und damit ist gemeint, dass die Welt eben nicht einmalig, irgendwann einmal geschaffen wurde, sondern fort- und immerwährend, eben in einem "ewigen Nun" aus Gott hervorgeht, durch Gott ihr Sein erhält und also in Gott geschaffen wird, womit wir übrigens, nebenbei gesagt, auch die Trinitätsbeziehung und -bewegung, respektive das Verhältnis innerhalb der Trinität, zart berühren....
Ich führe nur bis an diese Stelle. Jeder ist dazu eingeladen sich diesbezüglich seine eigenen Gedanken machen. Aber ich hoffe ich konnte meinen Standpunkt ein bisschen verständlicher machen und vielleicht findet der ein oder andere ja nach eingehender Prüfung doch etwas Gutes, das er fruchtbringend gerne behalten mag...
Abschließend möchte ich noch gerne betonen, dass mir selbstverständlich völlig bewusst ist, dass es noch viele viele weitere Bibelstellen gibt, die zuvorderst die Vorstellung eines linearen Zeitverlaufs, mit einem festen Anfang und einem festen Ende vermitteln. Das muss aber schlussendlich ja schon allein deshalb so sein, weil uns Menschen eben aufgrund der uns vorgegebenen Seins- und Erkenntnisstrukturen, die Welt immer schon in einem linearen Zeitveraluf erscheint, ja erscheinen muss und die Bibel in ihrer Erzählstruktur selbstverständlich darauf aufbaut.
Das heißt unser "normales Alltagsbewusstsein" verläuft selbstverständlich linear und vollzieht sich innerhalb eines Raumes, in dem wir uns unserer Wahrnehmung und Erfahrung gemäß, in der Zeit vorwärts bewegen und auf einen Endpunkt hinsteuern, den wir für gewöhnlich unseren Tod nennen. Da wir gläubigen Christen nun aber in aller Regel den Tod nicht für das letzte Wort, oder die letzte Station einer linearen Lebensreise als weltliches Geschöpf halten, darf die Frage vielleicht doch erlaubt sein, wie wir uns um Himmels Willen in der Welt befinden sollten, wo wir doch in Christus sind....?
LG
Daniel
PS: Und sorry für den elendig langen Text, aber mir ist nicht die Gabe gegeben mich kurz zu fassen und ich wollte ja auch unbedingt adäquat auf Thomas' Anmerkungen eingehen.
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
Re: Evolutionstheorie und 1. Buch Mose - Ein Widerspruch?
von Hyperion am 03.04.2017 16:40Hallo ihr lieben Menschen,
Kowalski hatte gefragt: „Wie vereinbaren Christen wie wir, die Entstehung der Welt, wie sie in Genesis beschrieben ist, mit der Evolutionstheorie?" und ich möchte dazu gerne meine unverbindliche, persönliche Meinung mit euch teilen.
Zunächst möchte ich anmerken das die Evolutionstheorie nicht die Entstehung der Welt, sondern die Entstehung der Arten, wissenschaftlich zu erklären versucht. Über die Entstehung der Welt müsste man statt des Evolutionsbiologen vielmehr einen Kosmologen befragen.
Gleichwohl werden aber höchstwahrscheinlich weder der Biologe, noch der Kosmologe wissenschaftlich von einer "sechs Tage Schöpfung" ausgehen, wie sie in der Genesis beschrieben wird. Naturwissenschaftliche Forschung untersucht nämlich ausschließlich, wie der Name schon sagt, die Natur und die in ihr bestehenden Gesetzmäßigkeiten. Und dabei wird grundsätzlich eine Einflussnahme „übernatürlicher Art" (also z.B. Gott oder Götter) ausgeschlossen und muss auch, um wissenschaftlich korrekt arbeiten zu können, ausgeschlossen werden. Das heißt, für Naturwissenschaftler ist die Frage nach Gott nicht relevant.
Anders sieht es dann aber bei Theologen und Philosophen aus, die durchaus Gott und/oder das Übernatürliche, in ihre wissenschaftliche Forschung miteinbeziehen. Dann bewegt man sich aber auf dem Boden der Geisteswissenschaften und nicht mehr auf dem Boden der Naturwissenschaften.
Die Frage, die sich mir also zunächst stellt, ist die Frage danach, ob die in der Genesis beschriebene "sechs Tage Schöpfung" eine naturwissenschaftlich oder vielleicht vielmehr eine theologisch und/oder philosophisch, letztlich also geisteswissenschaftlich zu beurteilende Erzählung darstellt?
(Gleichzeitig wird mit dieser Frage natürlich auch die Frage danach berührt, ob die "sechs Tage Schöpfung" wortwörtlich verstanden werden muss, oder ob sie vielleicht besser allegorisch verstanden werden kann?)
Es sind also unterschiedliche Kategorien zu beachten, wenn man sich der Frage nach der Entstehung der Welt nähern möchte. Man kann sich dieser Frage aus naturwissenschaftlicher Perspektive nähern und damit eben auch innerhalb der Rahmenbedingungen derselben, oder man kann sich der Frage geisteswissenschaftlich/theologisch/philosophisch nähern, wodurch andere Rahmenbedingungen gegeben sind.
Ich persönlich bin nun der Meinung, dass die in der Genesis beschriebene "sechs Tage Schöpfung", keine Aussage über naturwissenschaftliche Ereignisse trifft, sondern vielmehr theologisch, bzw. philosophisch verstanden werden möchte.
Außerdem ist für mich persönlich die Schöpfungsgeschichte in der Genesis, untrennbar mit dem Johannesprolog, oder auch Kolosser 1, 15-17 verbunden, wodurch die Notwendigkeit einer geisteswissenschaftlichen, bzw. theologisch/philosophischen Beurteilung der Texte und gleichzeitig eine Absage an eine naturwissenschaftliche Beurteilung derselben, nochmals verdeutlicht wird.
(Nur zur Erinnerung: Der Johannesprolog lautet:
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht begriffen.
Und die Kolosserstelle:
Dieser (Christus) ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene, der über aller Schöpfung ist. Denn in ihm ist alles erschaffen worden, was im Himmel und was auf Erden ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, seien es Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten: alles ist durch ihn und zu ihm hin geschaffen; und er ist vor allem, und alles hat seinen Bestand in ihm.)
Wenn es also stimmt, dass diese Texte gemeinsam verstanden werden sollten und sich zudem der naturwissenschaftlichen Beurteilung entziehen und deshalb im Rahmen theologisch/philosophischer Betrachtung beurteilt werden müssten, muss man den Genesistext auch nicht zwangsläufig so verstehen, als hätte Gott die von uns naturwissenschaftlich untersuchbare Welt tatsächlich in 6x24Std. geschaffen.
Vielmehr kann dann der in der Genesis beschriebene „Wochenablauf" z.B. als ein Bild für die „form-, sein- und ordnungschaffende Kraft Gottes" verstanden werden, die sich in seinem Wort ausdrückt und manifestiert (Gott spricht und die Dinge werden...und tatsächlich bewegen wir uns ja auch noch heute in diesem von Gott gegebenen Rahmen, da wir ja z.B. die Woche in sieben Tagen einteilen und auf diese Weise unsere raumzeitliche Perspektive geordnet wird).
Und wenn es, wie in der Kolosserstelle beschrieben, stimmen sollte, dass alles durch ihn und zu ihm hin geschaffen wurde; und er vor allem ist, und alles nur in ihm seinen Bestand hat, dann besteht die Schöpfung allein durch das Wort Gottes und nicht aus sich selbst.
Oder anders ausgedrückt: Nur weil Gott sein ewiges (im Sinne von zeitloses) Wort spricht, werden alle Dinge. Gott ist uns aus dieser Perspektive betrachtet also jetzt, in diesem Augenblick zugewandt, spricht das Wort und alle Dinge entstehen. Er hat die Welt also nicht so geschaffen, das sie irgendwann in der Vergangenheit einmal geschaffen wurde und sich dann unabhängig von ihm entwickelt hätte, sondern er schafft sie in einem „ewigen Nun", da Gott weder Vergangenheit noch Zukunft kennt, denn er ist über aller Zeit.
Gottes Perspektive von Welt, und des Menschen Perspektive von Welt, ist also vollständig unterschiedlich und ich finde, dass man das unbedingt berücksichtigen muss, wenn man über die Entstehung der Welt nachdenkt.
Denn wir sind raumzeitlich eingeschränkte Wesen, Gott ist dies aber nicht. Wenn er uns jedoch Welt, Sein, Leben, generell Schöpfung, vermitteln möchte und wir selbst auch Teil dieser Schöpfung sind, dann kann er dies nur so tun, dass wir es in unserer raumzeitlichen Bedingtheit auch verstehen können. Und dann sieht der Naturwissenschaftler eben eine Evolution und der Kosmologe einen Urknall.
Beiden käme es jedoch nicht im Ansatz in den Sinn, dass es die Vergangenheit, in der eine Evolution mit der Teilung der Urzelle in Gang gesetzt wurde, oder die Vergangenheit, in der ein Urknall Raum und Zeit entstehen ließ, substantiell gar nicht gegeben hat, sondern all dies nur Ausdruck, Teil und Perspektive unserer raumzeitlichen Bedingtheit ist, in der uns hinsichtlich der Evolution und auch hinsichtlich des Urknalls, lediglich eine Vorstellung davon vermittelt wird, dass restlos alles aus einem einheitlichen Grund heraus entstanden ist, damit sich an diesem Punkt Gottes Perspektive des „ewigen Nun" und des Menschen Perspektive des raumzeitlichen Vollzugs, mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft treffen können.
Ich persönliche bezweifle also gar nicht die Urknall- oder Evolutionstheorie in ihrer wissenschaftlichen Methodik und ihren daraus resultierenden Forschungsergebnissen und Aussagen über die Entstehung von Welt und Lebensformen, ich bezweifle jedoch, dass diese Aussagen und Theorien unabhängig von unseren raumzeitlichen Anschauungsformen, bzw. unabhängig von unseren Seins- und Erkenntnisstrukturen Gültigkeit haben.
Das heißt, dass wir als Teil der Welt/Schöpfung (oder auch als „Ergebnis" eines Urknalls, oder einer Evolution), die Entstehung von Welt/Schöpfung, nicht von außen, also in ihrem entstehen beobachten können. Denn die Seins- und Erkenntnisstrukturen, die wir in der Evolution scheinbar in ihrem realen Entstehen und ihrer Entwicklung erkennen, werden beim Betrachten dieser Entwicklung immer schon vorausgesetzt bzw. die Betrachtung geschieht nur in diesen Strukturen. Im Grunde erkennen wir so nicht das eigentliche Geschehen, sondern immer nur unsere Seins- und Erkenntnisstrukturen, die für uns in unserem Erkennen und Bewusstsein immer von vornherein da sind, genau wie wir selbst und die ganze Welt.
Was also unabhängig von unseren Seins- und Erkenntnisstrukturen, der einheitliche Grund ist, aus dem heraus alles entsteht, entzieht sich notwendig unsrer Erkenntnis. Ich persönlich glaube das es Gott ist, der sein Wort spricht, woraufhin ich selbst und alle Welt entsteht und dies in einem "ewigen Nun"....
Der Spätmittelalterliche, christliche Philosoph Meister Eckhart hat diesen Themenkomplex einmal prägnant zusammengefasst, weshalb ich abschließend gerne ihn zitieren möchte:
Nichts hindert die Seele so sehr an der Erkenntnis Gottes wie Zeit und Raum. Zeit und Raum sind Stücke, Gott aber ist Eines. Soll daher die Seele Gott erkennen, so muss sie ihn erkennen oberhalb von Zeit und Raum; denn Gott ist weder dies noch das, wie diese (irdischen) mannigfaltigen Dinge (es sind): denn Gott ist Eines. Soll die Seele Gott sehen, so darf sie auf kein Ding in der Zeit sehen; denn solange die Seele der Zeit oder des Raums oder irgendeiner Vorstellung dergleichen bewusst wird, kann sie Gott niemals erkennen. Wenn das Auge die Farbe erkennen soll, so muss es vorher aller Farbe entblößt sein. Soll die Seele Gott erkennen, so darf sie mit dem Nichts nichts gemein haben. Wer Gott erkennt, der erkennt, dass alle Kreaturen (ein) Nichts sind. Wenn man eine Kreatur gegen die andere hält, so scheint sie schön und ist etwas; stellt man sie aber Gott gegenüber, so ist sie nichts.
Meister Eckhart
LG
Hyperion
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
Re: Sind wir uns der Ernsthaftigkeit der Bibel bewusst?
von Hyperion am 15.02.2017 09:52Bitteschön, sehr gerne!
Und Paulus ist schuld! Er hat es notwendig gemacht, dass der Text so lang wurde...
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
Re: Sind wir uns der Ernsthaftigkeit der Bibel bewusst?
von Hyperion am 15.02.2017 08:53@Cleo: Mit dem Gesetz des Mose ist die Tora gemeint, also das, was wir als die 5.Bücher Mose kennen. Im Verlauf von Jesu Bergpredigt, also im Verlauf der Stelle aus Matthäus 5, die du zitiert hattest, erwähnt Jesus verschiedene Stellen aus der Tora (genau handelt es sich um 2. Mose 20,13; 21,12; 2. Mose 20,14; 3. Mose 19,12; 4. Mose 30,3; 2. Mose 21,24 und 3. Mose 19,18). Diese Stellen handeln vom "Töten", vom "Ehebrechen", vom "Schwören" vom "Vergelten" und von der "Feindesliebe".
Das ist selbstverständlich noch nicht das ganze Gesetz, aber Jesus wählt diese Stellen exemplarisch aus, um sie auszulegen und etwas bewusst zu machen. Er beginnt dabei immer mit den Worten: "Ihr habt gehört, dass gesagt ist...Ich aber sage euch:", und dann folgt seine Auslegung.
Damit drückt Jesus zunächst einmal aus, dass die Worte des Gesetzes erklärungsbedürftig sind, dass sie nicht einfach nur wortwörtlich verstanden und umgesetzt werden wollen (was im weitesten Sinne die Pharisäer und Schriftgelehrten lehrten), sondern dass es einer besonderen inneren Haltung und Gesinnung bedarf und es gerade darauf ankommt!
Es gibt meines Wissens nur zwei Stellen in den Evangelien, in denen Jesus das Gesetz und die Propheten zusammenfasst. Nämlich in Matthäus 22,37-40 und dann noch in Matthäus 7,12, also ziemlich zum Abschluss der Bergpredigt. Dort sagt er:
Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten.
Und später in Matthäus 22,37-40:
Jesus aber sprach zu ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt« (5. Mose 6,5). 38 Dies ist das höchste und erste Gebot. 39 Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). 40 In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.
Exakt darin kommt die innere Haltung und die Gesinnung zum Ausdruck, mit der wir das Gesetz verstehen und unser Leben leben sollen! Es geht also um eine freundliche, eine liebevolle Gesinnung, die restlos allen Menschen herzlich und aufrichtig zugewandt ist, was gerade damals überhaupt nicht üblich war, weil man für gewöhnlich nur den "eigenen Leuten" gegenüber freundlich und liebevoll war, anderen gegenüber aber eher ausgrenzend und missgünstig (z.B. den Zöllnern oder den Samaritern gegenüber) gestimmt war.
Jesus formuliert hier also für seine Nachfolger einen universalen Anspruch, der nicht länger begrenzt "auf die eigenen Leute" ist und der sich übrigens auch indirekt aus dem Gesetz ableiten lässt, denn dort heißt es in 3.Mose 11,45:
Denn ich bin der HERR, der euch aus Ägyptenland geführt hat, dass ich euer Gott sei. Darum sollt ihr heilig sein, denn ich bin heilig.
Dieser Befehl ist einzigartig! In keinem anderen Gesetzestext des Alten Vorderen Orient hat man einen derartigen Befehl gefunden. Dieses Gebot war exklusiv für Israel. Und was es bedeutete, heilig zu sein, konnte Israel nur lernen, wenn sie klare Unterscheidungen von rein und unrein, gottgefällig oder gottverhasst kannten. Und all das fanden sie zwar im Gesetz des Mose, nur halten konnten sie es leider nicht, was auch daran lag, dass sie sehr häufig nicht die richtige innere Haltung und Gesinnung gegenüber dem Gesetz hatten, wie z.B. die Pharisäer und Schriftgelehrten zu Jesu Zeiten bewiesen.
Nun ist guter Rat also teuer! Denn wie bitteschön soll man denn das Gesetz halten, wenn es tatsächlich verlangt, dass man heilig sein soll? Wie soll man die rechte Gesinnung und Herzenshaltung erlangen, wenn schon die eifrigen Pharisäer und Schriftgelehrten daran scheiterten (nebenbei: Ich finde die Pharisäer und Schriftgelehrten werden in christlichen Kreisen gerne mal als zu negativ betrachtet und vielleicht sollte man sich ab und zu mal fragen, wie viel Pharisäer und Schriftgelehrter auch noch in mir steckt!)?
An dieser Stelle kommt Paulus ins Spiel. Er hat uns gelehrt, wie wir heilig und mit rechter Gesinnung leben können. Zunächst stellt aber auch er unmissverständlich in Römer 7,12 fest:
So ist also das Gesetz heilig und das Gebot heilig und gerecht und gut.
Er erkennt aber auch die Crux mit dem Gesetz, hinsichtlich seiner Forderung und des Wesens des Menschen (Römer 3,9-20):
9 Was sagen wir denn nun? Haben wir einen Vorzug? Gar keinen. Denn wir haben soeben bewiesen, dass alle, Juden wie Griechen, unter der Sünde sind, 10 wie geschrieben steht: »Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer. 11 Da ist keiner, der verständig ist; da ist keiner, der nach Gott fragt. 12 Alle sind sie abgewichen und allesamt verdorben. Da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer (Psalm 14,1-3). 13 Ihr Rachen ist ein offenes Grab; mit ihren Zungen betrügen sie (Psalm 5,10), Otterngift ist unter ihren Lippen (Psalm 140,4); 14 ihr Mund ist voll Fluchens und Bitterkeit (Psalm 10,7). 15 Ihre Füße eilen, Blut zu vergießen; 16 auf ihren Wegen ist lauter Zerstörung und Elend, 17 und den Weg des Friedens kennen sie nicht (Jesaja 59,7-8). 18 Es ist keine Gottesfurcht bei ihnen (Psalm 36,2).« 19 Wir wissen aber: Was das Gesetz sagt, das sagt es denen, die unter dem Gesetz sind, auf dass jeder Mund gestopft werde und alle Welt vor Gott schuldig sei. 20 Denn durch des Gesetzes Werke wird kein Mensch vor ihm gerecht sein. Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.
(Nebenbei, ich persönlich mag die Ausdrucksweise des Paulus ja nicht so gerne und finde sie unnötig kompliziert und verklausuliert, was in den Gemeinden dann wohl auch oft genug Verwirrung sitiftete (siehe z.B. 2.Petrus 3,16) und es vielleicht noch heute tut. Aber sei's drum...)
Letztlich geht es also darum zu verstehen, dass sich der Mensch nun einmal nicht so verhält, wie es das Gesetz gebietet. Vielmehr wird dem Menschen durch das Gesetz bewusst, dass er in Sünde lebt! Und mehr noch, nicht nur das er in Sünde lebt, sondern dass da ein Gestetz in im herrscht, das ihn immer wieder notwenidigerweise mit der Sünde verbindet. Das bringt Paulus in Römer 7,14-21 zum Ausdruck:
Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist, ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft; 15 denn was ich vollbringe, erkenne ich nicht; denn nicht, was ich will, das tue ich, sondern was ich hasse, das übe ich aus. 16 Wenn ich aber das, was ich nicht will, ausübe, so stimme ich dem Gesetz bei, dass es gut ist. 17 Nun aber vollbringe nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde. 18 Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten nicht. 19 Denn das Gute, das ich will, übe ich nicht aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. 20 Wenn ich aber das, was ich nicht will, ausübe, so vollbringe nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde. 21 Ich finde also das Gesetz, dass bei mir, der ich das Gute tun will, nur das Böse vorhanden ist. 22 Denn ich habe nach dem inneren Menschen Wohlgefallen am Gesetz Gottes. 23 Aber ich sehe ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetz meines Sinnes widerstreitet und mich in Gefangenschaft bringt unter das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist.
Paulus formuliert hier also ein weiteres Gesetz, neben dem Gesetz des Mose - das Gesetz der Sünde. Das Gesetz des Mose ist gut und heilig, wie oben beschrieben, aber das Gestetz der Sünde widerstrebt dem Gesetz des Mose, so dass sich der Mensch außer Stande sieht dem Gesetz des Mose gerecht zu werden und er stattdessen immer wieder (also gesetzmäßig) die Erfahrung macht, dass er das Gute des Gesetzes des Mose zwar wollen kann, aber leider nicht vollbringen, weil in ihm eben das Gesetz der Sünde herrscht. Es stellt sich also die Frage: Wie das Gesetz der Sünde überwinden, wie es los werden, wie davon frei kommen?
Davon spricht Paulus dann in Römer 8, 1-9:
1 Also gibt es jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. 2 Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. 3 Denn das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er seinen eigenen Sohn in Gestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sandte und die Sünde im Fleisch verurteilte, 4 damit die Rechtsforderung des Gesetzes erfüllt wird in uns, die wir nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln. 5 Denn die, die nach dem Fleisch sind, sinnen auf das, was des Fleisches ist; die aber, die nach dem Geist sind, auf das, was des Geistes ist. 6 Denn die Gesinnung des Fleisches ist Tod, die Gesinnung des Geistes aber Leben und Frieden, 7 weil die Gesinnung des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie kann das auch nicht. 8 Die aber, die im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen. 9 Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn wirklich Gottes Geist in euch wohnt.
Hier schließt sich dann der Kreis zwischen dem was Jesus in Matthäus 5ff sagte und was Paulus im Römerbrief verdeutlichen wollte. Schlussendlich geht es also um Gottes Geist in uns. Denn er allein schenkt uns die rechte Gesinnung und innere Herzenshaltung und er allen befreit uns vom Gesetz der Sünde und des Todes. Es ist nicht unser Werk, sondern Gottes Werk in uns.
Es liegt also alles daran, dass Gottes Geist in uns lebendig wird. Dann wird auch die Haltung und Gesinnung, die Jesus beschrieben hat, in uns lebendig werden und schließlich wird man uns an unseren Früchten erkennen können (Matthäus 7,16), wie Jesus abschließend in seiner Bergpredigt bezeugt.
Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, ist aus Gott geboren;
und jeder, der den liebt, der geboren hat, liebt den, der aus ihm geboren ist.
Hieran erkennen wir, dass wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote befolgen.
Denn dies ist die Liebe Gottes: dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer.
1.Johannes 5,1-3
LG
Hyperion
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
Re: Sind wir uns der Ernsthaftigkeit der Bibel bewusst?
von Hyperion am 13.02.2017 17:48Ich möchte nur mal höflich anmerken, dass Jesus in diesen Versen nicht von der Bibel spricht, sondern vom Gesetz des Mose und den Propheten.
Im weiteren Verlauf geht es um die Gesinnung und Herzenshaltung, mit der wir unser Leben leben (mehrmals ausgedrückt in den einleitenden Worten: "Ihr habt gehört, dass gesagt ist... Ich aber sage euch..." ).
Unsere Gerechtigkeit ist nämlich nur dann größer, als die der Pharisäer und Schriftgelehrten, wenn uns das Gesetz ins Herz geschrieben ist und unsere Haltung und Gesinnung bestimmt und nicht wie bei den Pharisäern und Schriftgelehrten lediglich ein äußeres Verhalten ohne inneren Herzensbezug darstellt.
Jesus holt also quasi das Gesetz von außen nach innen. Von einem Verhalten, das die Gesetze nach außen hin nur deshalb befolgt, weil man sie eben befolgen muss, um so vor anderen gut dazustehen, von ihnen bewundert und von Gott reich belohnt zu werden, hin zu einem Verhalten, das die Gesetze aus innerer Haltung, Überzeugung und aufgrund rechter Gesinnung halten will, ohne dafür Lohn oder die Bewunderung anderer zu erwarten.
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
Re: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe gekommen! Mt 4,16
von Hyperion am 11.02.2017 23:56Ich geh' jetzt mal nicht davon aus, dass es lediglich ein Lippenbekenntnis ist, wenn jemand sagt das es ihm leid tut, aber klar, die Einsicht, dass man wirklich falsch gehandelt, oder sich schuldig gemacht hat, sollte genauso vorhanden sein, wie die Bereitschaft sich diesbezüglich verändern zu lassen.
Das Reich Gottes ist der Geist Christi in uns. Damit fängt es zumindest an, dadurch besteht die Verbindung (z.B. Römer 8).
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
Re: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe gekommen! Mt 4,16
von Hyperion am 11.02.2017 11:28Sünde ist Zielverfehlung, Glaube ist Orientierung schenkende Herzensbildung und Herzenshaltung und Buße ist die Abkehr von der Sünde, um wieder aktiv und bewusst auf das Glaubensziel ausgerichtet zu sein und darauf zuzugehen. Vielleicht kann man die drei Begriffe auf diese Weise so knapp wie möglich zusammenfassen, denn sie gehören meiner Meinung nach auch zusammen (gedacht).
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
Re: Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist - Trinität - ?
von Hyperion am 11.02.2017 11:13@Greg & Cleopatra: Ich glaube ich verstehe was ihr meint. Ich persönlich bin auch immer wieder traurig und betrübt darüber, wenn Christen direkt oder impliziert, über anderer Christen Glauben urteilen und dabei nicht berücksichtigen, dass der Weg des Glaubens durchaus auch einmal in Umwegen verlaufen und gelegentlich sogar in Sackgassen führen kann, ohne dass deshalb gleich alles verloren sein muss, wie man ja z.B. auch an der Wanderung des Volkes Gottes ins Gelobte Land sehen kann - den direkten Weg haben sie ja nun nicht gerade genommen...
Als Vertreter der apophatischen Theologie wurde und wird auch mir immer wieder der rechte Glaube abgesprochen und ich weiß wie verletzend das sein kann, weil man ja gerade aufgrund seiner ernsthaften und aufrichtigen Auseinandersetzung mit Gott, dem Glauben, der Frohen Botschaft und der damit verbundenen Glaubenslehre, zu seinen Einstellungen und Vorstellungen kommt. Dabei kann man sich dann sicher auch mal täuschen, aber das verdirbt ja nicht gleich den ganzen Glauben, bzw. den Gläubigen.
Ich bin davon überzeugt, dass jeder, der hier regelmäßig mitliest und vielleicht sogar schreibt, diese Auseinandersetzung kennt und deshalb versteht, wie es sich anfühlt und was es bedeutet, sich intensiv, mit Hingabe und aus ganzem Herzen dem Glaubensleben zu öffnen. Ich persönlich wurde z.B. bereits im Alter von 13 Jahren Christ und hab' zu dieser Zeit von Dogmatik, Theologie, Christologie und Glaubenslehre natürlich so gut wie nichts verstanden. Aber ich wollte Christ werden/sein, weil ich Gott in mein Leben bitten und fortan unter seiner Führung und in der Auseinandersetzung mit ihm leben wollte.
Und selbstverständlich ist mein Weg als Christ, genau wie der Weg der Israeliten ins Gelobte Land, für außenstehende Beobachter häufig alles andere als geradlinig und vorbildlich verlaufen. Aber für mich persönlich war er authentisch, ehrlich und aufrichtig und ich kann heute sagen, dass mir immer nur der Wille Gottes widerfahren ist, selbst wenn ich in einer Sackgasse landete.
Heute macht es mich ehrlich gesagt traurig und betrübt, die Gemeinde Gottes in tausende Denominationen zergliedert zu sehen und dabei zu wissen, dass direkt oder impliziert, häufig die eine Gemeinschaft der/den anderen Gemeinschaft(en) den rechten Glauben abspricht. Dabei kommt es leider viel zu häufig zu Streitereien, Beschuldigungen und Besserwissereien, die letztlich zu nichts führen.
Dabei sind Auseinandersetzungen, kontroverse Diskussionen und mit Vehemenz geführte Dialoge ja nicht grundsätzlich falsch oder abzulehnen. Nur mit seinen abschließenden Urteilen sollte man meiner persönlichen Meinung nach vorsichtig(er) sein. Denn zu schnell läuft man Gefahr "das verlorene Schaf" aufzugeben, abzuschreiben und sich selbst zu überlassen.
Aber nicht, dass das hier in dieser Runde nun geschehen sei, sondern ich möchte diesen Off-Topic-Beitrag nur ganz allgemein verstanden wissen, weil es mir eine persönliche Herzensangelegenheit ist, verständlich zu machen, dass das Leben als Christ meist nicht geradlinig verläuft und ausschließlich von richtigen Vorstellungen geprägt ist. Deshalb finde ich, dass wir geduldig miteinander umgehen sollten und die Argumente des/der Anderen wohlwollend und aufrichtig prüfen sollten, ohne sich dabei selbst untreu zu werden. Und ich bin dankbar für eure Geduld und Aufrichtigkeit!
@sisterofjesus: Glaubst du wirklich, dass sich im Christentum mit der Dreieinigkeitslehre eine jesusferne Glaubensdogmatik eingenistet hat? Ist es nicht vielmehr so, dass die Gläubigen darum gerungen haben, verstehen zu lernen, wer dieser Jesus war, was es bedeutete, dass er sich Sohn Gottes nannte und Zeugnis davon gab, dass er und der Vater eins seien?
Und schau doch auch bitte mal in Johannes 17, wie Jesus für uns betete:
20 Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben, 21 damit sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. 22 Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, dass sie eins seien, wie wir eins sind - 23 ich in ihnen und du in mir -, dass sie in eins vollendet seien, damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast. 24 Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, damit sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast, denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt. 25 Gerechter Vater! Und die Welt hat dich nicht erkannt; ich aber habe dich erkannt, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast. 26 Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, womit du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen.
Ist es nicht wunderbar und allen Verstand übersteigend, wissen zu dürfen, dass Jesus uns mit ihm in der Einheit vollendet sehen möchte? Dass wir eines Tages Gott von Angesicht zu Angesicht schauen dürfen (1.Korinther 13,12)? Und schon heute nicht mehr wir leben, sondern Christus in uns (Galater 2,20)? So wie der Vater in ihm und er im Vater ist, sollen/dürfen auch wir eins sein in ihnen. Die Herrlichkeit, die der Vater Jesus gegeben hat, hat er auch uns gegeben, damit wir eins seien, wie auch sie eins sind. Ist das nicht unglaublich, dass die Herrlichkeit des Sohnes Gottes auch uns gegeben worden ist? Ist nicht gerade das die Frohe Botschaft?
Ich kann schon durchaus verstehen, wenn man die Dreieinigkeitslehre als Christ nicht wirklich nachvollziehen kann! Aber sie deshalb gleich als jesusferne Glaubensdogmatik abzutun, halte ich nicht für richtig. Jesus möchte, dass wir in der Einheit mit ihm und dem Vater leben. Zunächst in Geist und Fleisch, nur stückweise erkennend und undeutlich, wie durch einen Spiegel schauend, aber dann von Angesicht zu Angesicht, damit wir erkennen, wie auch wir erkannt worden sind.
Oder wie Meister Eckhart einmal sagte:
Lausche denn auf das Wunder!
Wie wunderbar: draußen stehen wie drinnen,
begreifen und umgriffen werden,
schauen und zu gleich das Geschaute selbst sein,
halten und gehalten werden -
das ist das Ziel, wo der Geist in Ruhe verharrt, der lieben Ewigkeit vereint.
LG
Hyperion
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
Re: Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist - Trinität - ?
von Hyperion am 09.02.2017 17:49Deine Meinung kann ich absolut respektieren. Aber ja, ich denke tatsächlich, dass auch ein Mitglied der Zeugen Jehovas oder der Mormonen das Wesentliche erkannt haben kann. Um darüber Genaueres in Erfahrung zu bringen, müsste man die Herzen dieser Gläubigen kennen.
Es geht etwas vom Threadthema weg und ich will hier keinen "Nebenkriegschauplatz" aufmachen, aber ich persönlich bin der Überzeugung, dass das Bekenntnis eines Menschen weniger eine Frage von Lehrsätzen und festgeschriebenen Glaubensrichtlinien ist, als eine Frage des Herzens. Natürlich geht es auch immer um Glaubensvorstelliungen und der daraus resultierenden Orientierung, was sich selbstverständlich und auch notwendig in Lehrsätzen und Richtlinien ausdrücken kann, aber schlussendlich bin ich doch davon überzeugt, dass man vor Gott gerechtfertigt sein kann, ohne sich aufgrund seiner verstandesmäßigen Überzeugungen, darüber bewusst gewesen zu sein. Das Gleichnis von den Schafen und den Böcken bringt das z.B. zum Ausdruck (Matthäus 25, 31-46), da die Gerechten ja regelrecht überrascht gewesen sind, was sie alles Gutes getan haben und das sie es direkt dem Herrn getan hatten.
Und auch andersrum kann es ja sein, dass man fest davon überzeugt war, vor dem Herrn gerecht zu sein, also quasi alles richtig gemacht zu haben und dann ist es doch nicht so, wie in Matthäus 7,21-23 zum Ausdruck kommt:
21 Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr!, wird in das Reich der Himmel hineinkommen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist. 22 Viele werden an jenem Tage zu mir sagen: Herr, Herr! Haben wir nicht durch deinen Namen geweissagt und durch deinen Namen Dämonen ausgetrieben und durch deinen Namen viele Wunderwerke getan? 23 Und dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch niemals gekannt. Weicht von mir, ihr Übeltäter!
Deshalb glaube ich, dass wir vorsichtig mit unseren abschließenden Urteilen sein sollten. Konzentrieren wir uns vielleicht besser auf den Balken in unserem Auge...
Das ist selbstverständlich auch absolut richtig, dass ihr dagegenhaltet und mit Vehemenz eure Glaubensvorstellungen vorbringt! Das zeugt ja ebenfalls von eurem Eifer und eurer Liebe für den Herrn! Außerdem sind wir hier ja in einem Forum und da muss ja sogar kontrovers diskutiert werden dürfen!
Ich hab' mich deshalb auch weniger an der inhaltlichen Diskussion und Auseinandersetzung gestoßen, sondern zunehmend den Eindruck gewonnen, als wollte man sisterofjesus' Sicht der Dinge zum Anlass nehmen, ihr den rechten Glauben abzusprechen. Das fände ich nämlich nicht richtig. Ich sage aber sofort dazu, dass mich mein Eindruck natürlich auch täuschen kann!
Das ist ja gerade der sprigende Punkt im Glaubensleben, den ich gerne verdeutlichen möchte: Es sind doch nicht die Dogmen die uns vor Gott gerecht machen! Letztlich kommt es doch nicht darauf an, ob sisterofjesus Dogma, oder euer Dogma stimmt, sondern individuell auf ihr und euer Herz und ihre und eure Gesinnung. Ich denke das hat Jesus in der Auseinandersetzung mit den Pharisäern und Schriftgelehrten, die alle an die rechten Dogmen glaubten(!), doch sehr deutlich gemacht.
Aber ich gebe dir natürlich auch recht, dass Dogmen bedeutsam und wichtig sind. Sie sollten dann aber auch zu mehr taugen, als zu Streit, Entzweiung, Beschuldigungen und Schlimmeres, wie es in der Vergangenheit und wie uns die Geschichte lehrt, leider immer wieder der Fall war, findest du nicht?
"An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen", hat Jesus gesagt ( Matthäus 7,16)! Von Dogmen les' ich da nix...
LG
Hyperion
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
Re: Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist - Trinität - ?
von Hyperion am 09.02.2017 15:16@Greg: Ich persönlich habe nicht den Eindruck, dass sisterofjesus weit, weit, weit weg von der Wahrheit ist, denn ich denke sie vertritt ihre Glaubensvorstellungen deshalb mit so großer Vehemenz, weil sie im Herzen Gott wirklich liebt!
Das für uns Menschen Wesentliche hat sie deshalb meiner Meinung nach erkannt: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand." (Matthäus 22,37). Und dann ist man doch eigentlich nicht mehr weit weg von der Wahrheit, was du ja vielleicht auch ausdrücken wolltest, indem du sagtest, dass du es schade fändest, dass jemand so nah an der Wahrheit sein kann und doch so weit, weit, weit weg?
Der Trinitätsgedanke ist in der Bibel nun einmal nicht wortwörtlich ausgedrückt, sondern lediglich allegorisch, wie z.B. im Johannesprolog. Da kann es leicht sein, dass man ihn nicht findet, wenn man für die Allegorie keinen rechten Sinn hat.
Ich bin mir aber sicher das Gott, der die Herzen der Menschen anschaut, nicht darüber betrübt ist, wenn eines seiner Kinder seine Gottheit nicht in dem Sohn zu erkennen vermag. Es sind in der Vergangenheit schlimme Dinge geschehen, weil man den Trinitätsgedanken unbedingt dogmatisieren wollte. Jahrelange Streitereien, Verbannungen und auch Hinrichtungen. Es ist nicht gut, wenn dieser wunderschöne Gedanke aus dogmatischen Gründen solche Früchte tragen muss. Ich finde das besudelt ihn weit mehr, als wenn ein von Herzen gläubiger Mensch ihn nicht zu erkennen vermag.
Vielleicht mag man nun einwenden, dass aber nunmal zum Heil kein anderer Name als der Name des Sohnes gegeben ist (Apostelgeschichte 4,12) und es deshalb unbedingt nötig ist, die Gottheit des Sohnes zu erkennen. Jedoch will ich dazu sagen, dass das verstandesmäßige, respektive diskursive Erfassen der Gottheit des Sohnes nicht unbedingt nötig ist, um den Sohn in sein Leben einzuladen und ihn im Herzen zu tragen. Sisterofjesus gibt ja selbst Zeugnis davon, dass sie Jesus glaubt und sich von ihm leiten lässt - und ich glaube ihr das!
Ich denke Christsein ist vorallem eine Frage der Herzensbildung und Herzenshaltung und dabei sollten wir nicht vergessen, dass der Geist weht wo er will (Johannes 3,8) und die Wege des Herrn letztlich unergründlich sind...
O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes!
Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege!
Denn wer hat die Gedanken des Herrn erkannt? Oder wer ist sein Ratgeber gewesen?
Wer hat ihm etwas gegeben, sodass Gott ihm etwas zurückgeben müsste?
Denn aus ihm und durch ihn und auf ihn hin ist die ganze Schöpfung.
Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.
(Römer 11, 33-36)
LG
Hyperion
Edit: Zitat eingefügt.
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.