3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
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geli
Gelöschter Benutzer
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von geli am 08.04.2014 21:55Ja, das ist ein sehr umstrittener Punkt, wann "Ermahnung in Liebe", "Gemeindezucht" und "Unterscheidung der Geister" angebracht und geboten ist und wann das "Herumfingern am Splitter in des Bruders Auge" nur vom eigenen "Balken" ablenken soll. Beide Positionen können als "Totschlagargument" benutzt werden, indem man entweder jede Kritik unterdrückt oder im Gegenteil sich berechtigt, ja sogar dazu aufgefordert fühlt, andere Christen (aufgrund bestimmter Sünden und Schwächen bzw der Nichterfüllung bestimmter notwendiger Kriterien) als "nicht richtig echte" Christen zu klassifizieren.
Ja, das stimmt - hier kann man mal wieder, wie Pal immer schreibt, "von beiden Seiten vom Pferd fallen"

Ich denke, hier ist wirklich Weisheit durch den Geist Gottes nötig, um zu unterscheiden, ob und wann und wie "ermahnt" werden soll!
Daher denke ich, die Aussage in Vers 1Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest nicht so gemeint ist: "Richten ist unentschuldbar" sondern: "Du kannst dich nicht dadurch "entschuldigen", dass du im Vergleich mit anderen dich als "nicht so schuldig wie sie" befindest; du kannst dich nicht dadurch "rechtfertigen", dass du nicht so schwere Sünden auf dich geladen hast, wie andere - das macht dich in keiner Weise besser als sie."
Ja, so versteh ich das auch. Vor Gott sind alle schuldig - egal, ob mehr oder weniger. Und dass jemand die Sünde beim anderen erkennt, zeigt eigentlich, dass er sehr wohl fähig ist, Gut und Böse zu unterscheiden. Und dann nämlich müßte er das Böse, oder die Sünde, auch bei sich selbst erkennen. Somit hat er keine Entschuldigung für seine eigene Sünde - und sei sie auch eine völlig andere als die des Nächsten.
Die Folge davon, dass er die Sünde des anderen erkennt, ist die, dass er auch fähig sein muss, seine eigene zu erkennen - und wenn das geschieht, müßte er eigentlich vor Gott Busse tun.
Tut er aber dennoch keine Busse, dann bleibt Gottes Zorn über ihm.
dagegen ganz unduldsam bei Fehlern sind, die sie selbst nicht haben, also bspw eine eher "lockere" Einstellung hinsichtlich der Sexualmoral (und natürlich umgekehrt....).
Ja, leider erlebe ich ganz oft, dass Menschen für Probleme, die andere haben, gar kein oder sehr wenig Verständnis zeigen. Eben deshalb, weil die Dinge, die dem anderen Schwierigkeiten bereiten, für sie selbst kein Problem darstellen. Sie sind dann auch sehr schnell der Meinung, der andere solle doch einfach damit "aufhören", es sei doch ganz einfach.
Dagegen haben sie auf anderen Gebieten Probleme - aber DAS sind dann (in ihren Augen) wirklich Probleme, und sie finden es SEHR schwer, hier eine Lösung zu finden. Eben weil dieses Problem wirklich schwer ist....(in ihren Augen).
Meiner Meinung nach ist eigentlich gar nicht zu unterscheiden zwischen schweren und leichten Problemen - ein Problem ist für den, der es hat, eben ein Problem (und damit schwer), für den anderen vielleicht nicht, weil er auf dem Gebiet, wo der andere sich schwertut, eben kein Problem hat.
So kenne ich jemanden, der ein Alkohol-Problem hatte - aber er hat z.B. absolut kein Verständnis für jemand, der eine Ess-Störung hat.
Dabei trägt bei gemauem Hinsehen beides Suchtcharakter - und aus einer Sucht, egal aus welcher, auszusteigen, ist immer schwer für den, der darin gefangen ist.
Das Video, das Du angegeben hast, will ich mir gerne anschauen - ich guck mal, ob ich es finde!
Lg, geli
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von solana am 08.04.2014 21:16Liebe Geli
Vielen Dank für deine Gedanken dazu.
Ja, das ist ein sehr umstrittener Punkt, wann "Ermahnung in Liebe", "Gemeindezucht" und "Unterscheidung der Geister" angebracht und geboten ist und wann das "Herumfingern am Splitter in des Bruders Auge" nur vom eigenen "Balken" ablenken soll.
Beide Positionen können als "Totschlagargument" benutzt werden, indem man entweder jede Kritik unterdrückt oder im Gegenteil sich berechtigt, ja sogar dazu aufgefordert fühlt, andere Christen (aufgrund bestimmter Sünden und Schwächen bzw der Nichterfüllung bestimmter notwendiger Kriterien) als "nicht richtig echte" Christen zu klassifizieren.
Mich hat an dieser Stelle eine Formulierung ein wenig irritiert - nämlich die Begründung: " 2 Denn worin du den andern richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest."
Ich denke hier ist ein Schlüsselpunkt für das Verständnis dessen, worauf es Paulus ankommt.
Denn in der Regel ist es ja doch eher so, dass man beim anderen das kritisiert, was einem selbst nicht vorgeworfen werden kann, also bspw sehen viele Nichtraucher das Rauchen als "schweres Laster" an, während Raucher selbst das meist eher als "kleine Schwäche", wie sie nun mal jeder hat, betrachten - und dagegen ganz unduldsam bei Fehlern sind, die sie selbst nicht haben, also bspw eine eher "lockere" Einstellung hinsichtlich der Sexualmoral (und natürlich umgekehrt....nur als Beispiel ohne Wertung).
Daher denke ich, die Aussage in Vers 1Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest nicht so gemeint ist: "Richten ist unentschuldbar" sondern: "Du kannst dich nicht dadurch "entschuldigen", dass du im Vergleich mit anderen dich als "nicht so schuldig wie sie" befindest; du kannst dich nicht dadurch "rechtfertigen", dass du nicht so schwere Sünden auf dich geladen hast, wie andere - das macht dich in keiner Weise besser als sie."
Zu diesem Thema habe ich vor kurzem ein interessantes Video gesehen:
Michael Diener: "Evangelikale haben Sündenhierarchie aufgebaut"
Hinter einer solchen Hierarchie steht meiner Ansicht nach genau dieser Versuch einer "Selbstrechtfertigung", der Versuch, seine eigene Schuld zu "relativieren" durch die Betonung der "viel schwereren" Sünden anderer.
Was meint ihr dazu?
Gruss
Solana
angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver
geli
Gelöschter Benutzer
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von geli am 08.04.2014 19:04Diese Stelle - besonders Vers 1 - hat mich schon viel zum Nachdenken gebracht, und ich denke, dass diese Stelle auch gern missbraucht wird, wenn man bestimmte Missstände, z.B. in der Gemeinde, anspricht.
Was bedeutet es denn, "nicht zu richten"? - Bedeutet das, dass es nun "verboten" ist, einen Sachverhalt zu beurteilen? Ist es nun nicht erlaubt, z.B. Sünden anzusprechen? Müssen wir nun in der Gemeinde immer nur freundlich lächeln und alles dulden?
So ähnlich wurde es mir immer wieder vermittelt, und diese Bibelstelle als so eine Art "Drohwort" gebraucht: Du darfst nicht richten...
Natürlich ist mir bewußt, dass wir alle fähig sind, jede Sünde und jede Bosheit zu begehen - es braucht meiner Meinung nach nur die richtigen Umstände, die uns total an unsere Grenzen bringen - oder darüber hinaus - und schon sind wir zu Handlungen fähig, die wir uns selbst nicht im Entferntesten zugetraut hätten (das hab ich schon an mir selbst erlebt ).
Aber heißt das denn, dass wir eine Sünde deshalb, weil wir auch selbst dieser Sünde fähig wären, nicht mehr beim anderen ansprechen dürfen? - Ich denke, nein, so ist diese Bibelstelle nicht gemeint.
Meiner Meinung nach ist es ein großer Unterschied, ob ich jemanden VERurteile, oder ob ich eine Sache, oder eine Handlung, BEurteile.
Wenn ich VERurteile, dann stelle ich mich über den anderen und mache ihn sozusagen "fertig" - meist geht VERurteilen damit einher, dass man sich ein Urteil über den anderen erlaubt: Der/die ist... hat... - man zieht einfach nur über die Fehler her und schiebt die Person damit in eine bestimmte Schublade, aus der man denjenigen nicht mehr so schnell rausläßt.
Wenn ich aber eine Sache BEurteile, dann stelle ich einfach nur fest, dass hier irgendwas "schiefläuft", analysiere vielleicht auch, was genau schiefläuft (eventuell durch die Gabe der Geisterunterscheidung, darüber gab es ja letztens einen Thread), ich fälle aber kein Urteil über die Person, die es betrifft.
Im Gegenteil - ich werde vorsichtig mal bei Gott anfragen, was ich mit meiner Erkenntnis machen soll. Dabei geht es nicht darum, den anderen "fertigzumachen", sondern darum, wie man ihn im Geiste Gottes wieder auf den rechten Weg bringt.
Gottes Güte will immer zur Buße leiten - Vers 4, und ich denke, dass er dazu auch Menschen gebraucht, die klare Unterscheidung haben und die fähig sind, Dinge zu beurteilen und sich darin von Gottes Geist leiten lassen.
Soweit erst mal meine Gedanken dazu...
Lg, geli
3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von solana am 08.04.2014 14:28Im ersten Abschnitt (nach der Einleitung) ging es um Gottes Gerechtigkeit, der die Menschen, die ihn nicht erkennen und ihm nicht dienen wollen, dahingegeben hat an die Konsequenzen ihres Tuns - an das Beherrscht-werden durch ihre Begierden und die durch Missbrauch widernatürlich verkehrte Schöpfung.
Sie tun in ihrem verkehrten Sinn das, was nicht recht ist und verdienen nach Gottes Urteil den Tod.
Wir sind in diesem Zusammenhang dann schon auf das Stichwort "(ver)urteilen" zu sprechen gekommen - und damit auf das Thema des nächsten Abschnitts:
Und dabei geht es darum, uns einzubringen, so gut wir können. Viele verlieren dabei das "Ziel" genauso aus dem Blick wie beim "Empfangen" den Geber - und das führt zu Intoleranz und Unduldsamkeit anderen gegenüber, die andere Fehler haben als wir selbst. Zum "Richten" über andere, um uns selbst vor diesem "schwarzen Hintergrund" um so "weisser" zu fühlen.
Darum geht es im nächsten Abschnitt des Textes.
Röm 2, 1 Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest. Denn worin du den andern richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest. 2 Wir wissen aber, dass Gottes Urteil recht ist über die, die solches tun. 3 Denkst du aber, o Mensch, der du die richtest, die solches tun, und tust auch dasselbe, dass du dem Urteil Gottes entrinnen wirst? 4 Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut? Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet? 5 Du aber mit deinem verstockten und unbußfertigen Herzen häufst dir selbst Zorn an auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, 6 der einem jeden geben wird nach seinen Werken: 7 ewiges Leben denen, die in aller Geduld mit guten Werken trachten nach Herrlichkeit, Ehre und unvergänglichem Leben; 8 Ungnade und Zorn aber denen, die streitsüchtig sind und der Wahrheit nicht gehorchen, gehorchen aber der Ungerechtigkeit; 9 Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die Böses tun, zuerst der Juden und ebenso der Griechen; 10 Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden allen denen, die Gutes tun, zuerst den Juden und ebenso den Griechen. 11 Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott. 12 Alle, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verloren gehen; und alle, die unter dem Gesetz gesündigt haben, werden durchs Gesetz verurteilt werden. 13 Denn vor Gott sind nicht gerecht, die das Gesetz "hören," sondern die das Gesetz "tun," werden gerecht sein. 14 Denn wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur tun, was das Gesetz fordert, so sind sie, obwohl sie das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz. 15 Sie beweisen damit, dass in ihr Herz geschrieben ist, was das Gesetz fordert, zumal ihr Gewissen es ihnen bezeugt, dazu auch die Gedanken, die einander anklagen oder auch entschuldigen - 16 an dem Tag, an dem Gott das Verborgene der Menschen durch Christus Jesus richten wird, wie es mein Evangelium bezeugt.
angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver