Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
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Merciful
Gelöschter Benutzer
Re: Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
von Merciful am 09.08.2014 09:00Von solchen Extremen - 'Selbstliebe' (Egoismus) und 'Selbstverabscheuung' - rede ich doch gar nicht.
Daher musst du keine vermittelnde Position einnehmen.
Ich bin bereits in der Mitte.
Keiner hat je seinen eigenen Leib gehasst, sondern er nährt und pflegt ihn, wie auch Christus die Kirche.
(Brief des Paulus an die Epheser 5, 29; Einheitsübersetzung)
Merciful
Merciful
Gelöschter Benutzer
Re: Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
von Merciful am 09.08.2014 08:48Ein einfaches Beispiel:
Normalerweise dusche ich am Morgen oder etwas später, wasche die Haare, putze die Zähne.
Damit liebe ich mich selbst und verleugne mich selbst.
Ich sage nicht: Ich darf mich nicht duschen.
Würde ich so reden, so würde ich mich gerade nicht verleugnen.
Denn dann wäre ich so vermessen, zu meinen, ich könnte mir mein Heil verdienen, indem ich mir die tägliche, eigentlich selbstverständliche Reinigung versage.
Das Heil empfange ich aber durch den Glauben an den Gekreuzigten, nicht dadurch, dass ich nicht dusche.
Merciful
Henoch
Gelöschter Benutzer
Re: Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
von Henoch am 09.08.2014 08:47Hallo Pal, Hallo Merci,
ich läge da eher so dazwischen. Es geht m.E. weder um Selbstliebe, noch um Selbstverabscheuung, sondern um Selbstverleugnung.
Das bedeutet, dass wir unser "ich selbst mich und mir" dem Willen des Herrn unterordnen, aber nicht dass wir uns hassen.
Da wo unser Herr auch Herr sein darf, dürfen wir uns ja freuen, weil wir Kinder Gottes heißen dürfen.
Daraus ergibt sich Demut, also vom Herrn alles zu erwarten und von uns nichts.
Joh 15,5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.
Wir freuen uns also bei allem am und über den Herrn, und nicht an uns oder unseren Fähigkeiten. Aber Freude haben, wer wir sind durch den Herrn, nämlich Mitglieder der höchsten königlichen Familie, das sollen und dürfen wir schon.
Natürlich immer mit dem Blick auf den Herrn, dem wir alles verdanken.
Henoch
Re: Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
von Pal am 09.08.2014 08:33Die Liebe zu Gott und zum Nächsten schließt die Liebe zu sich selbst ein.
Lieber Merci, hier trennen sich unsere Ansichten...
Woher kommt dann die Fähigkeit sein Kreuz auf sich zu nehmen und sich selbst zu verleugnen? Aus einer gesunden Portion Selbstliebe? -
Da würde ich das Gegenteil behaupten.

Aber das glauben mir sehr wenige.
Eine gesunde Portion Selbst-verabscheuung ist die Lösung. mM
Merciful
Gelöschter Benutzer
Re: Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
von Merciful am 08.08.2014 23:08Ich meinte es, glaube ich, anders.
In Christus vertrauen wir 0% auf uns selbst, aber 100% auf Jesus.
In Christus darf ich mich auch selbst lieben und dann den Nächsten wie mich selbst.
Die Liebe zu Gott und zum Nächsten schließt die Liebe zu sich selbst ein.
Gerade deswegen, weil ich in Christus nicht auf mich selbst vertraue, muss ich mich nicht verneinen.
Verneinen müsste ich mich dann, wenn ich das Heil von mir erwartete.
Dann bestünde mein Lebenswerk darin, mich zu verneinen, in der Meinung, dadurch mein Heil zu wirken.
Nun aber kann ich mich bejahen, weil ich mein Heil nicht von mir erwarte, sondern von Gott.
So liegen 0% und 100% dicht beieinander und gehören zusammen.
In der Mathematik sind die 0 (= 0%) und die 1 (= 100%) auch von zentraler Bedeutung.
Auf ihnen baut quasi das ganze Gebäude der Mathematik auf.
So ist es mit dem Glauben (0%) und mit der Liebe (100%).
Durch den Glauben (der von Gott alles erwartet), der in der Liebe (die sich Gott ganz hingibt) tätig ist, erlangen wir die Seligkeit.
Merciful
Re: Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
von Pal am 08.08.2014 21:11Genau das ist die Frage! Wer darf bei mir herrschen? Wer führt das Regiment?
So paradox es klingt, befürchte ich, das du damit recht hast!

In mir selbst sind die 0% für Gott und die 100% für mein Ego!
In Christus geht die Rechnung gerade umgekehrt auf.
Und da sagt doch die Bibel:
Phi 3:7-9 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden geachtet. Ja, ich achte es noch alles für Schaden gegen die überschwengliche Erkenntnis Christi Jesu, meines HERRN, um welches willen ich alles habe für Schaden gerechnet, und achte es für Kot, auf daß ich Christum gewinne und in ihm erfunden werde...
marjo
Gelöschter Benutzer
Re: Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
von marjo am 08.08.2014 19:40Man ist dann zu reich, zu stolz, zu überheblich usw. wenn man nicht bereit ist, es Jesus unterzuordnen bzw. ihm damit etwas sinnvolles machen zu lassen.
gruß, marjo
Merciful
Gelöschter Benutzer
Re: Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
von Merciful am 08.08.2014 19:25Ganz praktisch könnte man fragen: Müssen wir, um vollkommen zu sein und einen Schatz im Himmel zu haben, das, was wir besitzen, verschenken, unsere berufliche Tätigkeit, mit der wir unseren Lebensunterhalt bestreiten, aufgeben, unseren festen Lebensort verlassen, um reisend übers Land zu ziehen, das Evangelium verkündigend?
Könnte und müsste Nachfolge auch heute so aussehen? Dann würde sich mir aber die Frage stellen: Was sollten wir dann essen und trinken, womit sollten wir uns kleiden, wo uns zur Ruhe begeben, wenn wir müde sind? Wir wären immer auf Almosen angewiesen, würden quasi dem Staat oder wohlwollenden Menschen auf der Tasche liegen.
Und es wäre unklar, ob wir überhaupt dazu befähigt und berufen sind, vollzeitlich im Dienste Jesu zu stehen, das Wort predigend. Wir würden vielleicht Menschen zur Buße rufen, die Gott näher sind als wir, wir würden sie zu belehren versuchen, obwohl sie weit mehr Einsicht besitzen als wir.
Die Übertragung jener Begegnung auf unsere Zeit bereitet Probleme. Heute gibt es überall im Lande Kirchen, in denen das Evangelium gepredigt wird. Quasi ein jeder hat die Möglichkeit, sich eine Bibel zu kaufen, beinahe ein jeder hat Zugang zum Internet und kann sich umfassend informieren.
Und wenn ein Reicher sein Geld gibt - kann er sich dadurch einen Platz im Himmelreich erkaufen? Und wer ist reich und wer ist arm? Wieviel muss einer verdienen, um als Reicher gelten zu können?
Bin ich (zu) reich, weil ich in einem eigenen Haus wohnen kann? Bin ich arm, weil ich auf keine nennenswerte Rente hoffen kann?
Sitze ich auf dem Thron meines Lebens oder sitzt Jesus auf dem Thron meines Lebens? Gebe ich 100% für Jesus oder halte ich zu 100% die Zügel in den eigenen Händen?
Lebe ich ganz aus dem Vertrauen auf Gott oder muss ich mir nachsagen lassen, mich nicht genügend angestrengt zu haben?
Letztlich bleibt doch unter dem Strich nur dies: Jesus starb für uns und sein Gebot ist die Liebe zu Gott und den Menschen.
Da liegen 0% und 100% sehr dicht nebeneinander und gehören untrennbar zusammen.
Merciful
marjo
Gelöschter Benutzer
Re: Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
von marjo am 08.08.2014 18:41Erlösung ist etwas anderes als Nachfolge. Erlösung geht nur, in dem wir sterben und neu geboren werden. Da geht es nicht um Prozentangaben. Bei der Nachfolge hingegen gibt es im Grunde auch nur 100%. Alles andere ist Unglauben. Da wir jedoch Sünder sind, liebt uns Gott obwohl wir nicht immer 100% geben. Er hilft uns in unserer Schwachheit immer wieder auf.
Dem reichen Jüngling war die Wiedergeburt nun noch völlig fremd. Er war Teil von Gottes Volk und Jesus gewann ihn lieb. Der Reiche war zu Jesus gekommen. Genau richtig. Der Reiche hatte sich um die Gebote bemüht. Genau richtig. Leider war der Reiche zu reich, zumindest war es zu viel für ihn. Daher lehnte er die Nachfolge ab. Reich an Gott zu werden, war nicht seine Absicht. Jesus blickte dem Reichen auf den Grund seiner Seele. Es fehlte nur noch das eine... den Reichtum loslassen um Jesus Christus Willen. Der Reiche tat es nicht und wurde an allen Geboten des Gesetzes schuldig.
viele grüße, marjo
Re: Der reiche Jüngling, Matth 19,16-26
von Pal am 08.08.2014 18:11Was wäre denn, wenn ich 100% investiere? Würde es mich nicht überheblich machen ....?
War dies nicht der Gedanke des jungen Mannes: Wenn ich doch auch noch die letzten wenige Prozente herauskitzeln könnte, alles für Gott geben könnte, dann wäre ich vollkommen, dann wäre ich im Leben angekommen!?
Sagt ihm aber die Antwort Jesu nicht eben dies: Nein, so viel kannst du gar nicht leisten und geben, um schließlich perfekt sein und auf diese Weise Gottes Wohlgefallen finden zu können!?
Ich meine Jesu Anforderung: u.a.: seid vollkommen wie der Vater im Himmel - sind und bleiben vor jedem Menschen unwiderruflich bestehen.
Aber gerade an dieser menschlichen Unmöglichkeit muß der Selbst-Mensch zerbrechen, um zu begreifen: Ich schaffe es niemals aus mir selbst heraus!
Der reiche Jüngling hatte super gute Ansätze in seinem Leben. Er war eifrig um die Dinge Gottes bemüht. Vor dem Gesetz war er bereits "vollkommen" wie ein Saulus: Phi 3:6 was den Eifer betrifft, ein Verfolger der Versammlung; was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, tadellos erfunden.
Hier war es alle konzentrierte eigene Kraft, die den Pharisäer-Selbstfrommen sich einen "Orden" umhängen läßt.
Rein theoretisch hatte auch der Jüngling so einen "Orden" redlich verdient.
Aber Jesus holte ihm den "Putz runter"!
Eine Anforderung zur völligen Übergabe (die übrigens so nirgends im Gesetz verankert war) und schon fiel sein Kartenhaus in einander.
Was übrig blieb war ein trauriger sich abwendender junger Mann. - Aber es hieß Jesus liebte ihn - ausdrücklich!
Ich denke mir Jesus schätze seine Aufrichtigkeit. -
Aber was fehlte war das Begreifen, das es nur die inewohnende Gottheit fertig bringen könnte. Nur die Liebe Gottes in uns, vermag uns aus der Sklaverei unseres Ego-Fromm-Daseins zu befreien. Das geschieht durch den Hl.Geist. Und dann wird die "Last" (der Übergabe) zur Jubel-Freude der Hingabe!