Impulse

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nusskeks

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Re: Impulse

von nusskeks am 27.08.2025 09:35

Salz, das nicht mehr salzt?" (Mt 5,13–16)

 

Jesus sagt: „Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? (Mt 5,13). Der griechische Grundtext ist an dieser Stelle erstaunlich scharf. Dort steht nicht ein Verb wie „würzen", sondern μωρανθῇ – wörtlich: „töricht, dumm werden". Das Bild ist also: Salz, das „dumm" geworden ist, das seinen Sinn verloren hat.

Wie ist das zu verstehen? Reines Natriumchlorid verliert seine Würzkraft nicht. Doch das „Salz" im antiken Israel war meist Mischsalz, besonders aus dem Toten Meer. Dieses war mit anderen Mineralien durchsetzt. Wenn das eigentliche Salz ausgewaschen war, blieb eine farblose, geschmacklose Masse zurück. Sie sah noch aus wie Salz – aber sie hatte keinen Wert mehr, „zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten.".

So macht Jesus klar: Die Identität seiner Jünger ist nicht etwas, das sie sich mühsam erarbeiten müssen – „Ihr seid Salz!" –, aber dieses Salz kann „geschmacklos" werden, wenn es seine Kraft verliert. Christsein ohne Wirkung ist wie „dumm gewordenes" Salz: äußerlich noch da, aber ohne Einfluss.

Dasselbe gilt für das Bild vom Licht. „Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein" (V. 14). Israel sollte „Licht für die Nationen" sein (Jes 49,6), und nun überträgt Jesus diesen Auftrag auf seine Nachfolger. Licht ist sichtbar oder es ist nicht Licht. Niemand zündet eine Lampe an, um sie unter einen Eimer zu stellen.

Beide Bilder – Salz und Licht – haben gemeinsam: Sie existieren nicht für sich selbst, sondern für andere. Salz wirkt, indem es durchdringt. Licht wirkt, indem es sichtbar ist. Der Zweck von Salz ist nicht, hübsch im Streuer zu bleiben, sondern Speisen zu bewahren und zu würzen. Der Zweck von Licht ist nicht, verborgen zu sein, sondern zu leuchten.

Und Jesus sagt, warum: „So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen." (V. 16). Nicht der Ruhm des Jüngers ist das Ziel, sondern dass Menschen im gelebten Glauben Gott erkennen.

Für uns heute liegt darin eine ernste, aber ermutigende Botschaft. Ernst, weil wir uns fragen müssen: Ist mein Glaube noch „salzig" – spürbar für andere? Oder ist er ausgelaugt wie das alte Mischsalz am Toten Meer? Ermutigend, weil Jesus nicht fordert: „Strengt euch an, Salz zu werden", sondern sagt: „Ihr seid es." Unsere Aufgabe ist, das nicht zu verlieren, sondern in seiner Kraft zu leben.

Salz, das nicht mehr salzt, ist nutzlos. Aber Salz, das wirkt, kann verderbnishemmend und geschmackgebend sein. Licht, das leuchtet, weist Menschen zum Vater. Das Reich Gottes wird nicht durch Macht oder Politik sichtbar, sondern durch Jünger, die treu Salz und Licht sind – mitten in der Welt.

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nusskeks

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Re: Impulse

von nusskeks am 29.08.2025 20:16

„Nicht auflösen, sondern erfüllen" – Matthäus 5,17–20


Die Bergpredigt ist (wie bereits erwähnt) nicht nur eine Ethikrede, sondern eine Königsrede: Jesus erklärt, wie die Bürger seines Reiches leben. Und hier räumt er mit einem möglichen Missverständnis auf: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen;" (5,17a).

Das Wort „aufzulösen" (katalysai) ist ein starkes Verb – es meint „zerstören, niederreißen". Genau das tat Jesus nicht. Vielmehr sagt er: „ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen (plērōsai). Dieses Wort ist bei Matthäus durchgängig aufgeladen: Es beschreibt, dass das, was Gott im Alten Testament angekündigt hat, jetzt in Jesus zur Vollendung gebracht wird. Er stellt das Gesetz nicht beiseite, sondern lebt es so, wie es von Anfang an gedacht war. Während menschliche Traditionen es oft verdrehten, bringt er es auf seinen wahren Sinn zurück.

Darum sagt er in Vers 18: „Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht." Damit betont er nicht die ewige Verpflichtung jedes einzelnen mosaischen Gebots in seiner kultischen Form, sondern die unerschütterliche Verlässlichkeit der ganzen Schrift: Alles, was sie ankündigt, erfüllt sich – in seiner Person und in seinem Werk.

Vers 19 zeigt: Wer das Geringste in Gottes Wort beiseite schiebt, zeigt eine Haltung, die gering im Reich ist. Wer aber auch im Kleinen ernst nimmt, was Gott sagt, der gilt als groß. Jesus ruft also dazu auf, die Autorität der Schrift in ihrer ganzen Tiefe zu achten – nicht selektiv, nicht willkürlich.

Der Kern kommt in Vers 20: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen." Für die Hörer war das radikal. Denn gerade die Pharisäer galten als die strengsten Gesetzeshüter. Doch Jesus entlarvt ihre Gerechtigkeit als äußerlich. Sie bestand in Regelwerken, Traditionen, Abgrenzung – aber nicht im erneuerten Herzen.

Die geforderte „überfließende Gerechtigkeit" (perisseusē) bedeutet mehr als „ein bisschen mehr als die Pharisäer". Es ist eine Gerechtigkeit anderer Qualität – eine, die von innen kommt, aus einer lebendigen Beziehung zu Gott. Nur durch eine von Gott geschenkte Gerechtigkeit (vgl. Jer 31,31–34; Hes 36,26–27) wird der Mensch befähigt, wirklich in Gottes Reich zu stehen.

In den damaligen rabbinischen Schriften findet sich die Aussage: „Ganz Israel hat Anteil an der kommenden Welt." Jesus widerspricht direkt: Nicht nationale Zugehörigkeit und nicht äußere Gesetzestreue sind entscheidend, sondern eine neue Gerechtigkeit, die Gott selbst schenkt.

Für uns heute

-> Das Gesetz erfüllt: In Jesus ist Gottes Wille nicht abgeschafft, sondern vollkommen gelebt. Wer ihn kennt, sieht, was „Gerechtigkeit" wirklich bedeutet.
-> Die Schrift bestätigt: Kein Strichlein vergeht, bis alles geschehen ist. Gottes Wort ist absolut zuverlässig.
-> Die wahre Gerechtigkeit: Sie geht tiefer als äußerer Schein. Sie ist nicht Machwerk des Menschen, sondern Geschenk Gottes, das im Glauben empfangen wird.

Damit wird deutlich: Jesus ruft nicht zu mehr äußerlicher Strenge auf, sondern zu einer ganz neuen Art des Lebens – einer Gerechtigkeit, die überfließt, weil sie aus dem Herzen kommt, das Gott erneuert hat.

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nusskeks

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Re: Impulse

von nusskeks am 01.09.2025 15:49

Matthäus 5,21–26
(Quellen: Bibel und "Yeshua, The life of Messiah", A. Fruchtenbaum)

Jesus setzt nach 5,17–20 sofort um, was er mit „nicht auflösen, sondern erfüllen" meint: Er stellt nicht das Gebot gegen Mord in Frage, sondern zeigt dessen innere Gerechtigkeit – die Ebene, auf der das Herz schon lange vor der Tat schuldig werden kann. Der Einstieg „Ihr habt gehört, dass gesagt ist ..." greift eine geläufige rabbinische Lehrformel auf („ihr habt eine Überlieferung empfangen") und kontrastiert sie mit seiner eigenen Vollmacht: „Ich aber sage euch ...". Es geht also um Gottes Gebot vs. die gängige Auslegungstradition – und um die Richtigkeit des Herzens, nicht nur um äußere Korrektheit.

Darum verschiebt Jesus den Brennpunkt: Anhaltender Zorn gegen den Bruder stellt bereits vor das Gericht; die abwertende Anrede „Raka" („leer, Hohlkopf") bringt in Gefahr vor den Rat; das vernichtende „Narr!" (mōros) zielt auf die Gehenna des Feuers. Das ist keine juristische Staffelung zum Abhaken, sondern Jesus baut seine Warnungen stufenweise auf – jede Stufe ernster als die vorherige: Aus innerer Feindseligkeit wachsen Worte, aus Worten Taten. Schon „Raka" wird in rabbinischen Texten als scharfes Wort angesehen; Jesus markiert genau diesen Moment, in dem Worte zum Bruch der Gebots-Gerechtigkeit werden.

Gehenna (hebr. Gê Hinnom, „Tal Hinnom") ist dabei nicht bloß ein Synonym für „Hölle", sondern ein bekannter jüdischer Bildraum: das Tal südlich Jerusalems, mit der düsteren Erinnerung an Kinderopfer – daher wurde es zum Bild des endgültigen Gerichtsfeuers. Wenn Jesus sagt „Gefahr der Gehenna des Feuers", legt er den Finger auf die letzte Konsequenz ungeklärter, verächtlicher Herzenshaltung.


Auffällig ist die Vorrangregel in V. 23–24: Mitten im Gottesdienst – „wenn du deine Gabe zum Altar bringst" – hat Versöhnung Priorität vor der Opferhandlung. Gottesdienst ohne geklärte Beziehungen ist unvollständig. Jesus ruft dazu auf, den Gottesraum nicht als Fluchtort vor menschlichen Konflikten zu benutzen, sondern als Anstoß, sie endlich zu klären. Erst dann: „... und komm und opfere deine Gabe."

Die folgende Mini-Gleichnisrede (V. 25–26) macht das praktisch: „Einig dich schnell mit deinem Gegner auf dem Weg" – also bevor ihr im Gerichtssaal steht und die Sache euch entgleitet. Worte wie „Richter", „Gerichtsdiener", „Gefängnis", „bis du den letzten Pfennig bezahlt hast" illustrieren die Konsequenzkette ungeklärter Schuld: Je länger man wartet, desto teurer wird es – und irgendwann entscheidet ein anderer über dich. Der geistliche Punkt: Proaktive Versöhnung ist nicht nett, sondern Gehorsam.

Was heißt das für uns?

Nimm dein Herz ernst. Nicht nur die Faust, auch die Feindseligkeit verletzt das Gebot. Prüfe: Wo haben sich Groll, zynische Etiketten und kalte Geringschätzung breitgemacht? („Raka" beginnt heute oft als Augenrollen.)

Repariere Beziehungen vor Ritualen. Lehre, Dienst, Liturgie – alles zweitrangig, wenn zwischen mir und meinem Bruder / meiner Schwester etwas steht. Gott ehrt, wenn wir aufstehen, hinausgehen und Frieden suchen.

Handle früh. „Auf dem Weg" ist die Gnadenzeit der freiwilligen Klärung. Später regelt „das System" – und selten zu deinem Guten. Geistlich gesprochen: Heute ist der Tag, Schritte zu tun.

Gewicht der Worte. Unsere Zunge kann „Gericht" lostreten – oder Segen. Jesus' Warn-Crescendo will uns nicht lähmen, sondern zum Friedensstiften befreien.

Kurz: Mt 5,21–26 ruft nicht zu weicheren Maßstäben, sondern zu tieferer Gerechtigkeit. Wer dem König gehört, lässt es nicht zur Tat kommen, weil er schon beim Zorn inne hält, bei der Wortwahl umkehrt und bei der Versöhnung den ersten Schritt tut. Das ist Gottesdienst, der Gott wirklich ehrt.

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Antworten Zuletzt bearbeitet am 01.09.2025 16:07.

nusskeks

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Re: Impulse

von nusskeks am 07.09.2025 07:52

Ein reines Herz in einer gebrochenen Welt


Jesus führt die Linie aus 5,17–20 fort: Nicht nur die Tat, sondern schon das Herz steht vor Gott zur Prüfung. Beim 7. Gebot („Du sollst nicht ehebrechen") widerspricht er der gängigen Auslegung, die Schuld erst beim vollzogenen Akt sah. Er zeigt: Die innere Begierde bricht bereits die Gerechtigkeit des Gebotes – noch bevor irgendetwas „passiert". Wer „anschaut, um zu begehren", hat im Herzen schon die Grenze überschritten. Die Tat wächst aus dem Inneren; deshalb muss dort die Umkehr beginnen.

Bemerkenswert: Auch jüdische Stimmen seiner Zeit kannten diese innere Zuspitzung. Rabbinische Texte warnen, dass Blicke und Gedanken den Weg zur Sünde bahnen; wer „mit den Augen" ehebricht, ist vor Gott nicht unschuldig. Das Auge gilt als „Vehikel" des Ehebruchs; unreine Einbildung ist „schlimmer als die Tat". Jesus steht damit nicht gegen das Alte Testament, sondern führt zu seinem eigentlichen Sinn: Heiligung beginnt im Verborgenen.

Darum seine drastischen Bilder: „Rechtes Auge ausreißen, rechte Hand abhauen" – keine Aufforderung zur Selbstverstümmelung, sondern eine auffällige Redeweise für entschlossenes Abschneiden dessen, was zu Fall bringt. Besser radikal mit der Ursache brechen, als das ganze Leben zu verlieren. Jesus ruft zu einer konsequenten Jüngerschaft, die Versuchungsquellen entfernt, bevor sie Frucht tragen.

Im zweiten Teil (V. 31–32) nimmt er die Scheidungsfrage auf (Dtn 24,1). Damals stritten zwei Schulen: Hillel erlaubte Scheidung „aus (fast) jedem Grund", Schammai beschränkte sie auf einen sexuellen Fehltritt. Jesus weist die „Beliebigkeit" zurück und stellt die ursprüngliche Intention Gottes wieder her: Bundestreue – mit einer engen Ausnahme („außer wegen Unzucht"). Damit liegt er in der Sache bei der strengen Lesart: Scheidung ist nicht ein bequemes Ausweichmanöver, sondern nur da denkbar, wo der Bund durch sexuelle Untreue zerbrochen wurde.

Das Wort porneía (V. 32) bezeichnet sexuelle Unmoral im weiteren Sinn; an anderer Stelle wird klar: Diese Ausnahme benennt den legitimen Grund für Scheidung – nicht einen Katalog. Das Ziel bleibt: schützen, was Gott verbunden hat; heilen, was heilbar ist; und das Opfer eines gebrochenen Bundes nicht zusätzlich belasten.

Was heißt das für uns?

-> Hüte dein Herz. Der Kampf wird früh entschieden – bei Blick, Gedanke, Fantasie. Bitte den Geist Gottes um ein waches Gewissen und klare Grenzen.
-> Schneide entschlossen ab. Alles, was dich regelmäßig zu Fall bringt (Medien, Wege, Kontakte, Routinen), gehört konsequent „abgestellt". Das ist keine Askese um ihrer selbst willen, sondern Liebe zur Reinheit.
-> Ehre den Bund. Ehe ist Gottes Werk. Wo Untreue zerstört, braucht es Wahrheit, Buße und gegebenenfalls eine nüchterne Anwendung der Ausnahme – ohne Zynismus, ohne Härte, mit dem Blick auf Gottes Herz für Treue.

So ruft Mt 5,27–32 nicht zuerst zu mehr Regeln, sondern zu mehr Wirklichkeit: ein Herz, das Gott fürchtet und Menschen liebt – in Blick, Wort, Entscheidung und Bund.

One of Israel

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