Religiöse Heuchler
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Re: Religiöse Heuchler
von StefanS am 09.06.2014 22:26Hallo cipher,
vielleicht bin ich zu schwach, aber ich fühle mich nicht befähigt als Richter meiner Geschwister.
LG StefanS
So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.
cipher
Gelöschter Benutzer
Re: Religiöse Heuchler
von cipher am 09.06.2014 23:00Aber gelesen hast Du diese Bibelstellen schon mal?
Ein paar Beispiele: Phil. 3:17-18 | Röm. 16,17 | Titus 1,13 | Titus 1,16 | Eph 5,11 | 1. Kor. 5,1 | 1. Kor. 5,3 | 1. Korinther 5:12 - 6:3
Die Reihenfolge bedeutet keine Wertung.
Re: Religiöse Heuchler
von StefanS am 10.06.2014 08:22Hallo cipher,
mir ist sehr wohl bewusst, dass wir als Kinder Gottes aufgefordert sind, nicht untätig zu sein.
Gott befähigt uns zum Dienst an den Gläubigen und Ungläubigen.
Ich habe es aber ernst gemeint als ich sagte, ich persönlich fühle mich nicht befähigt, Richter über meine Geschwister zu sein.
Darin lag die Intention meines Beitrags.
Ich würde mir deshalb nicht anmaßen, (religiöse) Heuchler zu identifizieren und deren Tun anzuprangern.
Eine Meinung habe ich aber sicherlich und dafür schäme ich mich oftmals.
Wenn ich mir vorstelle, dass Jesus alles, selbst das Tische umwerfen im Tempel, aus Liebe zu den Menschen tat, dann muss ich mich schämen, weil ich oft so negativ denke und meine Mitmenschen so wenig liebe.
Würde Gott mich heute auffordern, Richter über meine Geschwister zu sein, ich würde IHN bitten, mir zuerst das Maß an Liebe zu geben, um mein Amt (und als nichts anderes sehe ich das) in seinem Sinne auszuüben.
Verstehst Du mich?
LG StefanS
So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.
marjo
Gelöschter Benutzer
Re: Religiöse Heuchler
von marjo am 10.06.2014 08:29Ein sehr guter Gedanke. Dazu kann ich beitragen, dass im Griechischen das Wort für "ermahnen" (parakaleo) auch "trösten" bedeutet*. Daher ist auch der Heilige Geist, wenn er in der Bibel als Tröster angekündigt wird, gleichzeitig Tröster und Ermahner und (über)führt in alle Wahrheit.
gruß, marjo
* Danke an pausenclown, dass er mir diesen Sachverhalt wieder ins Gedächnis gerufen hat.
Merciful
Gelöschter Benutzer
Re: Religiöse Heuchler
von Merciful am 10.06.2014 09:00Folgt mir, liebe Brüder, und seht auf die, die so leben, wie ihr uns zum Vorbild habt. Denn viele leben so, dass ich euch oft von ihnen gesagt habe, nun aber sage ich's auch unter Tränen: Sie sind die Feinde des Kreuzes Christi.
(Brief des Paulus an die Philipper 3, 17-18; Luther 1984)
Cipher hat diese Verse eingebracht. Sie sind ein schönes Beispiel für die Liebe des Apostels. Verachtung oder Hass, welcher Geschwister zugrundezurichten sucht, wird hier nicht sichtbar. Vielmehr sagt er's unter Tränen, darin drückt sich die Liebe des Apostels aus, sein Ringen und Bemühen ist es, Geschwister zur Liebe, zum Glauben zu bewegen.
So sagte auch unser Herr Jesus:
Und wer meine Worte hört und bewahrt sie nicht, den werde ich nicht richten; denn ich bin nicht gekommen, dass ich die Welt richte, sondern dass ich die Welt rette.
(Evangelium nach Johannes 12, 47; Luther 1984)
Das Gericht bereiten wir uns selbst, dadurch, dass wir Jesu Worte nicht bewahren. Aber dies ist nicht die Intention Jesu. Gekommen ist er, uns zu erretten, darauf ist sein gesamtes Wirken gerichtet.
Merciful
cipher
Gelöschter Benutzer
Re: Religiöse Heuchler
von cipher am 10.06.2014 09:02Wir sprechen ja auch von Gottes Liebe und negieren seine Liebe nicht, wenn er einmal zornig auf uns sein sollte.
Was ich damit zum Ausdruck bringen will ist, dass die Liebe, die besonders auch in 1,Kor. 13, angesprochen wird, einen ganzen Komplex von Fähigkeiten umfasst und sich nicht auf das freundliche und sanftmütige Lächeln eines niemals laut werdenden "hyperfrommen" Menschen beschränkt. Meiner Erfahrung nach bedeutet das augenblickliche Zorn-empfinden und ihm Ausdruck verleihen nicht automatisch und gleichzeitig die zeitweilige Abwesenheit der Liebe zu unseren Mitmenschen und Mitchristen.
Wenn ich einen beispielsweise Bruder aus dem Hauskreis nach einigen Wochen Zusehens mit deutlichen und kräftigen Worte dazu auffordere, sich nicht auf seiner ohnehin schon überlasteten Ehefrau auszuruhen, sondern seine Trägheit zu überwinden und seinen Allerwertesten in Bewegung zu bringen, seiner Frau Last abzunehmen und ihr das Leben zu erleichtern, löscht der vielleicht in Erscheinung tretende Zorn dennoch nicht die Liebe zu diesem Bruder aus.
Das kann ich ihm sagen, weil ich Gottes Wort kennengelernt habe und weiß, was in der Bibel dazu seht. "Ihr Männer, liebet Eure Frauen" kann nun mal nicht heißen, sie mit ihrer Last in der Familie allein zu lassen.
Solche Dinge auszusprechen, das ist meine Erfahrung, legt mir Gott oft auf die Seele. Das drückt mich dann solange, bis ich Gehorsam leiste. Bislang habe ich es noch nicht erlebt, dass dadurch ein mehr, als ein paar Minuten, allenfalls ein paar Stunden andauernder Missstimmung eingetreten wäre. Und zu solchen Menschen habe ich auch nach wie vor ein gutes Verhältnis. Wenn ich aber ausschließlich auf meine eigene "innere Stimme" gehört habe, wurde es kompliziert und es war meistens ich, der um Verzeihung zu bitten hatte.
StefanS, verstehst Du mich?
marjo
Gelöschter Benutzer
Re: Religiöse Heuchler
von marjo am 10.06.2014 09:12Wir nähern uns allmächlich weiter dem "Unterschied zwischen Ermahnen und Urteilen" Thread, was an dieser Stelle womöglich sogar eine sinnvolle Sache ist. Allein bei den Heuchlern stehen zu bleiben ohne auch zu besprechen, wie wir gut und liebevoll Ermahnen können, wäre in jedemfall zu kurz gegriffen.
herzliche grüße, marjo
Re: Religiöse Heuchler
von StefanS am 10.06.2014 09:44Lieber cipher,
nun ja, ich kann Freunden auch mal meine Meinung sagen, weil es mich drängt und weil ich meine Freunde liebe.
Auch ich habe drei (mittlerweile erwachsene) Kinder, deren Erziehung nicht immer leicht war.
Immer liebevoll zu sein, auch im väterlichen Zorn, war manchmal eine echte Herausforderung.
Trotzdem sehe mich nicht (mehr) als Richter meiner Geschwister.
Wie soll ich es beschreiben? Ich versuch es mal, in der Hoffnung, Du verstehst mich richtig.
Ich bin wohl im Laufe meines Glaubenslebens sehr vorsichtig geworden.
Anfänglich habe ich quasi im Hesekiel-Stil Worte der Erkenntnis für jeden um mich herum gehabt.
Darüber wurde ich anmaßend und bin tief gefallen, weil mir die Liebe abhanden kam.
Heute sehe ich in gleicher Form (oder sogar viel klarer) Christen, die ihre Frömmigkeit zur Schau tragen und sich mit ihrer geistlichen Leistung brüsten. Natürlich in aller christlicher Bescheidenheit zwischen den Zeilen und mit niedergeschlagenen Augen.
Ich bete dann um Liebe für diese Geschwister und dabei verharre ich.
Es ist einfach so, dass ich mir nicht vorstellen kann, jemals wieder meinen Mund aufmachen zu können, um sie zu maßregeln.
Mag sein, dass Jesus mich irgendwann klipp und klar auffordert, Heuchler zu maßregeln.
Mag sein, dass ich dann gehorsam bin.
Aber da muss noch eine Menge Wasser den Rhein runterfließen.
LG StefanS
So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.
cipher
Gelöschter Benutzer
Re: Religiöse Heuchler
von cipher am 10.06.2014 10:12Ja, ich denke, dass ich Dich ganz gut verstehe, denn ich kenne dergleichen Empfindungen von mir selbst auch. Der Gipfel dessen, was ich in der Richtung erlebte lag darin, dass in den Gebetszeiten dann solche Geschwister mit der Inbrunst der Überzeugung von sich selbst andere "über das Gebet" zurechtwiesen. Fand ich fürchterlich - das wirkte sehr, sehr abschreckend auf mich. Aber damals war ich zu jung, um auf solche Menschen zuzugehen und mit ihnen zu sprechen. Ich erschrak zuweilen, welche Verachtung mich solchen Menschen gegenüber erfüllte. Damit hätte ich kein vernümftiges Gespräch zustande gebracht. Darum ließ ich es.
Als wir jedoch Jahre später einmal bei meinen Schwiegereltern zu Besuch waren und abends in einen Gottesdienst in der nahem Kreisstadt waren, predigte da jemand, der sich in der ganzen Predigt in allen Schattierungen mit Paulus verglich, er kokettierte regelrecht mit seiner vermeintlichen Ähnlichkeit mit Paulus.
Während der Predigt wurde mir ganz deutlich, dass ich nach dem GoDi mit ihm würde sprechen müssen. So geschah es auch, ich sprach ihn an. Er verteidigte sich mit schwachen Worten. Was mir jedoch zeigte, dass ich nicht aus meinem eigenen Antrieb handelte war die Tatsache, dass mir die Bibelstellen, die auf seine Aussagen passten, mir wortgetreu und mit der Stelle einflielen, was mir sonst nur selten gelingt. Und ich konnte ihm danach die Hand geben mit den Worten: "Ich musste ihnen das sagen, Gott segne sie und geleite sie gut nach Hause." Das war kein Scheiden in Feindschaft.
Doch hätte ich mich davor gedrückt - weil einer dem anderen ja nichts Negatives sagen sollte - hätte ich meinen Auftrag an diesem Abend verfehlt. Einmal waren wir in einer Gemeinde, in der gaanz laute Musik gespielt wurde. Nach dem GoDi waren wir beim Gemeindeleiter eingeladen und er wollte von mir wissen, wie ich diesen "salbungsvollen Gottesdienst" empfunden hätte. Als ich ihm sagte, dass mir während der Veranstaltung zuviel Fleischliches aufgefallen sei, um den Gottesdienst als "salbungsvoll" empfinden zu können, schien er gekränkt. Doch später zum Abschied sagte er mir, er habe verstanden, was ich gemeint hatte.
Darum denke ich eben, dass es wichtig ist, wenn wir auch diesem Auftrag folgen und ihm gerecht werden. Dass wir darauf achten sollen, Mitmenschen nicht nur um des "einen reinbraten wollens" ansprechen oder um unseren eigenen Ärger abzukühlen, halte ich für wiedergeborene Christen für selbstverständlich.
Merciful
Gelöschter Benutzer
Re: Religiöse Heuchler
von Merciful am 10.06.2014 10:22Meines Erachtens birgt die Rede von den 'religiösen Heuchlern' große Gefahren für die Gemeinde Jesu.
1. Bald wird kaum noch einer Buße tun können, seine Sünden bekennen können, seinen Glauben an Jesus bezeugen können, ohne als religiöser Heuchler bezeichnet zu werden, der seine Buße, sein Bekenntnis lediglich zur Schau trage, um von den Menschen 'gesehen' zu werden. Während die Engel im Himmel jubeln, weil ein Mensch seinen Weg zu Gott fand, haben wir nichts Besseres zu tun, als einen solchen Menschen der Heuchelei zu bezichtigen. Was für ein erbärmliches Bild.
2. Dadurch wird aber auch die Gewissheit der Vergebung, die Gewissheit der Gotteskindschaft erschüttert und erschwert, weil der Blick immerzu auf sich selbst gerichtet wird: Habe ich richtig Buße getan? War ich wirklich demütig und aufrichtig genug, als ich meine Sünden bekannte? Glaube ich richtig? Dadurch wird das, was die Bibel 'Glaube' heißt, erschwert, weil der Gläubige seinen Blick schlicht auf den Herrn Jesus richten soll, sein Vertrauen schlicht auf den Herrn Jesus setzen soll.
3. Die Gemeinschaft in der Gemeinde wird (beinahe) unmöglich, wenn bald ein jeder den anderen verdächtigt und als religiösen Heuchler bezeichnet. Man lese nur einmal die ersten Verse im 2. Kapitel des Briefes von Paulus an die Philipper, um sehen zu können, wie Christen voneinander denken und miteinander umgehen sollen.
Merciful