3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
1 | 2 | » | Letzte
[ Nach unten | Zum letzten Beitrag | Thema abonnieren | Neueste Beiträge zuerst ]
3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von solana am 08.04.2014 14:28Im ersten Abschnitt (nach der Einleitung) ging es um Gottes Gerechtigkeit, der die Menschen, die ihn nicht erkennen und ihm nicht dienen wollen, dahingegeben hat an die Konsequenzen ihres Tuns - an das Beherrscht-werden durch ihre Begierden und die durch Missbrauch widernatürlich verkehrte Schöpfung.
Sie tun in ihrem verkehrten Sinn das, was nicht recht ist und verdienen nach Gottes Urteil den Tod.
Wir sind in diesem Zusammenhang dann schon auf das Stichwort "(ver)urteilen" zu sprechen gekommen - und damit auf das Thema des nächsten Abschnitts:
Und dabei geht es darum, uns einzubringen, so gut wir können. Viele verlieren dabei das "Ziel" genauso aus dem Blick wie beim "Empfangen" den Geber - und das führt zu Intoleranz und Unduldsamkeit anderen gegenüber, die andere Fehler haben als wir selbst. Zum "Richten" über andere, um uns selbst vor diesem "schwarzen Hintergrund" um so "weisser" zu fühlen.
Darum geht es im nächsten Abschnitt des Textes.
Röm 2, 1 Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest. Denn worin du den andern richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest. 2 Wir wissen aber, dass Gottes Urteil recht ist über die, die solches tun. 3 Denkst du aber, o Mensch, der du die richtest, die solches tun, und tust auch dasselbe, dass du dem Urteil Gottes entrinnen wirst? 4 Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut? Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet? 5 Du aber mit deinem verstockten und unbußfertigen Herzen häufst dir selbst Zorn an auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, 6 der einem jeden geben wird nach seinen Werken: 7 ewiges Leben denen, die in aller Geduld mit guten Werken trachten nach Herrlichkeit, Ehre und unvergänglichem Leben; 8 Ungnade und Zorn aber denen, die streitsüchtig sind und der Wahrheit nicht gehorchen, gehorchen aber der Ungerechtigkeit; 9 Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die Böses tun, zuerst der Juden und ebenso der Griechen; 10 Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden allen denen, die Gutes tun, zuerst den Juden und ebenso den Griechen. 11 Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott. 12 Alle, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verloren gehen; und alle, die unter dem Gesetz gesündigt haben, werden durchs Gesetz verurteilt werden. 13 Denn vor Gott sind nicht gerecht, die das Gesetz "hören," sondern die das Gesetz "tun," werden gerecht sein. 14 Denn wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur tun, was das Gesetz fordert, so sind sie, obwohl sie das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz. 15 Sie beweisen damit, dass in ihr Herz geschrieben ist, was das Gesetz fordert, zumal ihr Gewissen es ihnen bezeugt, dazu auch die Gedanken, die einander anklagen oder auch entschuldigen - 16 an dem Tag, an dem Gott das Verborgene der Menschen durch Christus Jesus richten wird, wie es mein Evangelium bezeugt.
angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver
geli
Gelöschter Benutzer
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von geli am 08.04.2014 19:04Diese Stelle - besonders Vers 1 - hat mich schon viel zum Nachdenken gebracht, und ich denke, dass diese Stelle auch gern missbraucht wird, wenn man bestimmte Missstände, z.B. in der Gemeinde, anspricht.
Was bedeutet es denn, "nicht zu richten"? - Bedeutet das, dass es nun "verboten" ist, einen Sachverhalt zu beurteilen? Ist es nun nicht erlaubt, z.B. Sünden anzusprechen? Müssen wir nun in der Gemeinde immer nur freundlich lächeln und alles dulden?
So ähnlich wurde es mir immer wieder vermittelt, und diese Bibelstelle als so eine Art "Drohwort" gebraucht: Du darfst nicht richten...
Natürlich ist mir bewußt, dass wir alle fähig sind, jede Sünde und jede Bosheit zu begehen - es braucht meiner Meinung nach nur die richtigen Umstände, die uns total an unsere Grenzen bringen - oder darüber hinaus - und schon sind wir zu Handlungen fähig, die wir uns selbst nicht im Entferntesten zugetraut hätten (das hab ich schon an mir selbst erlebt ).
Aber heißt das denn, dass wir eine Sünde deshalb, weil wir auch selbst dieser Sünde fähig wären, nicht mehr beim anderen ansprechen dürfen? - Ich denke, nein, so ist diese Bibelstelle nicht gemeint.
Meiner Meinung nach ist es ein großer Unterschied, ob ich jemanden VERurteile, oder ob ich eine Sache, oder eine Handlung, BEurteile.
Wenn ich VERurteile, dann stelle ich mich über den anderen und mache ihn sozusagen "fertig" - meist geht VERurteilen damit einher, dass man sich ein Urteil über den anderen erlaubt: Der/die ist... hat... - man zieht einfach nur über die Fehler her und schiebt die Person damit in eine bestimmte Schublade, aus der man denjenigen nicht mehr so schnell rausläßt.
Wenn ich aber eine Sache BEurteile, dann stelle ich einfach nur fest, dass hier irgendwas "schiefläuft", analysiere vielleicht auch, was genau schiefläuft (eventuell durch die Gabe der Geisterunterscheidung, darüber gab es ja letztens einen Thread), ich fälle aber kein Urteil über die Person, die es betrifft.
Im Gegenteil - ich werde vorsichtig mal bei Gott anfragen, was ich mit meiner Erkenntnis machen soll. Dabei geht es nicht darum, den anderen "fertigzumachen", sondern darum, wie man ihn im Geiste Gottes wieder auf den rechten Weg bringt.
Gottes Güte will immer zur Buße leiten - Vers 4, und ich denke, dass er dazu auch Menschen gebraucht, die klare Unterscheidung haben und die fähig sind, Dinge zu beurteilen und sich darin von Gottes Geist leiten lassen.
Soweit erst mal meine Gedanken dazu...
Lg, geli
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von solana am 08.04.2014 21:16Liebe Geli
Vielen Dank für deine Gedanken dazu.
Ja, das ist ein sehr umstrittener Punkt, wann "Ermahnung in Liebe", "Gemeindezucht" und "Unterscheidung der Geister" angebracht und geboten ist und wann das "Herumfingern am Splitter in des Bruders Auge" nur vom eigenen "Balken" ablenken soll.
Beide Positionen können als "Totschlagargument" benutzt werden, indem man entweder jede Kritik unterdrückt oder im Gegenteil sich berechtigt, ja sogar dazu aufgefordert fühlt, andere Christen (aufgrund bestimmter Sünden und Schwächen bzw der Nichterfüllung bestimmter notwendiger Kriterien) als "nicht richtig echte" Christen zu klassifizieren.
Mich hat an dieser Stelle eine Formulierung ein wenig irritiert - nämlich die Begründung: " 2 Denn worin du den andern richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest."
Ich denke hier ist ein Schlüsselpunkt für das Verständnis dessen, worauf es Paulus ankommt.
Denn in der Regel ist es ja doch eher so, dass man beim anderen das kritisiert, was einem selbst nicht vorgeworfen werden kann, also bspw sehen viele Nichtraucher das Rauchen als "schweres Laster" an, während Raucher selbst das meist eher als "kleine Schwäche", wie sie nun mal jeder hat, betrachten - und dagegen ganz unduldsam bei Fehlern sind, die sie selbst nicht haben, also bspw eine eher "lockere" Einstellung hinsichtlich der Sexualmoral (und natürlich umgekehrt....nur als Beispiel ohne Wertung).
Daher denke ich, die Aussage in Vers 1Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest nicht so gemeint ist: "Richten ist unentschuldbar" sondern: "Du kannst dich nicht dadurch "entschuldigen", dass du im Vergleich mit anderen dich als "nicht so schuldig wie sie" befindest; du kannst dich nicht dadurch "rechtfertigen", dass du nicht so schwere Sünden auf dich geladen hast, wie andere - das macht dich in keiner Weise besser als sie."
Zu diesem Thema habe ich vor kurzem ein interessantes Video gesehen:
Michael Diener: "Evangelikale haben Sündenhierarchie aufgebaut"
Hinter einer solchen Hierarchie steht meiner Ansicht nach genau dieser Versuch einer "Selbstrechtfertigung", der Versuch, seine eigene Schuld zu "relativieren" durch die Betonung der "viel schwereren" Sünden anderer.
Was meint ihr dazu?
Gruss
Solana
angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver
geli
Gelöschter Benutzer
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von geli am 08.04.2014 21:55Ja, das ist ein sehr umstrittener Punkt, wann "Ermahnung in Liebe", "Gemeindezucht" und "Unterscheidung der Geister" angebracht und geboten ist und wann das "Herumfingern am Splitter in des Bruders Auge" nur vom eigenen "Balken" ablenken soll. Beide Positionen können als "Totschlagargument" benutzt werden, indem man entweder jede Kritik unterdrückt oder im Gegenteil sich berechtigt, ja sogar dazu aufgefordert fühlt, andere Christen (aufgrund bestimmter Sünden und Schwächen bzw der Nichterfüllung bestimmter notwendiger Kriterien) als "nicht richtig echte" Christen zu klassifizieren.
Ja, das stimmt - hier kann man mal wieder, wie Pal immer schreibt, "von beiden Seiten vom Pferd fallen"
Ich denke, hier ist wirklich Weisheit durch den Geist Gottes nötig, um zu unterscheiden, ob und wann und wie "ermahnt" werden soll!
Daher denke ich, die Aussage in Vers 1Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest nicht so gemeint ist: "Richten ist unentschuldbar" sondern: "Du kannst dich nicht dadurch "entschuldigen", dass du im Vergleich mit anderen dich als "nicht so schuldig wie sie" befindest; du kannst dich nicht dadurch "rechtfertigen", dass du nicht so schwere Sünden auf dich geladen hast, wie andere - das macht dich in keiner Weise besser als sie."
Ja, so versteh ich das auch. Vor Gott sind alle schuldig - egal, ob mehr oder weniger. Und dass jemand die Sünde beim anderen erkennt, zeigt eigentlich, dass er sehr wohl fähig ist, Gut und Böse zu unterscheiden. Und dann nämlich müßte er das Böse, oder die Sünde, auch bei sich selbst erkennen. Somit hat er keine Entschuldigung für seine eigene Sünde - und sei sie auch eine völlig andere als die des Nächsten.
Die Folge davon, dass er die Sünde des anderen erkennt, ist die, dass er auch fähig sein muss, seine eigene zu erkennen - und wenn das geschieht, müßte er eigentlich vor Gott Busse tun.
Tut er aber dennoch keine Busse, dann bleibt Gottes Zorn über ihm.
dagegen ganz unduldsam bei Fehlern sind, die sie selbst nicht haben, also bspw eine eher "lockere" Einstellung hinsichtlich der Sexualmoral (und natürlich umgekehrt....).
Ja, leider erlebe ich ganz oft, dass Menschen für Probleme, die andere haben, gar kein oder sehr wenig Verständnis zeigen. Eben deshalb, weil die Dinge, die dem anderen Schwierigkeiten bereiten, für sie selbst kein Problem darstellen. Sie sind dann auch sehr schnell der Meinung, der andere solle doch einfach damit "aufhören", es sei doch ganz einfach.
Dagegen haben sie auf anderen Gebieten Probleme - aber DAS sind dann (in ihren Augen) wirklich Probleme, und sie finden es SEHR schwer, hier eine Lösung zu finden. Eben weil dieses Problem wirklich schwer ist....(in ihren Augen).
Meiner Meinung nach ist eigentlich gar nicht zu unterscheiden zwischen schweren und leichten Problemen - ein Problem ist für den, der es hat, eben ein Problem (und damit schwer), für den anderen vielleicht nicht, weil er auf dem Gebiet, wo der andere sich schwertut, eben kein Problem hat.
So kenne ich jemanden, der ein Alkohol-Problem hatte - aber er hat z.B. absolut kein Verständnis für jemand, der eine Ess-Störung hat.
Dabei trägt bei gemauem Hinsehen beides Suchtcharakter - und aus einer Sucht, egal aus welcher, auszusteigen, ist immer schwer für den, der darin gefangen ist.
Das Video, das Du angegeben hast, will ich mir gerne anschauen - ich guck mal, ob ich es finde!
Lg, geli
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von solana am 08.04.2014 22:01Liebe Geli
Wenn du draufklickst (auf den unterstrichenen Text), müsstest du es eigentlich sehen....
Dazu passt auch dieser Text:
Lk 18, 10 Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
11 Der Pharisäer stand für sich und betete so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner.
12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme.
13 Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig!
14 Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.
Vielleich ist die Frage ja zu banal - aber sie stellt sich mir dennoch (und ich gebe sie an alle weiter): "Was genau ist denn nun "ebendasselbe", dass der "Richtende" wie auch der von ihm "Gerichtete" tun?
Gruss
Solana
angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver
geli
Gelöschter Benutzer
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von geli am 08.04.2014 22:51Vielleich ist die Frage ja zu banal - aber sie stellt sich mir dennoch (und ich gebe sie an alle weiter): "Was genau ist denn nun "ebendasselbe", dass der "Richtende" wie auch der von ihm "Gerichtete" tun?
Nein, ich finde die Frage gar nicht "banal"
Dazu stehen drei interessante Parallelstellen in meiner Bibel:
Matth. 7,2
"Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Mass ihr messt, wird euch zugemessen werden."
Joh. 8,7:
"Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein".
Jak. 4,12:
"Einer aber ist der Gesetzgeber und Richter, der selig machen und verdammen kann. Wer aber bist du, der du den Nächsten verurteilst?"
Danach sehe ich einen Unterschied darin, ob ich nur eine Beurteilung einer Sache oder Situation abgebe - oder ob ich richte, das heißt, ob ich mich als "Richter" aufspiele und ein endgültiges Urteil abgebe.
Ein endgültiges Urteil - nämlich darüber, ob jemand gerettet ist, ob er den "Geist" hat, oder nicht - das steht nur Gott zu.
Den Unterschied zwischen BEurteilen und Richten seh ich darin, dass beim Beurteilen nur eine Sünde oder eine sonstige "Schieflage" angesprochen wird. Das ist in meinen Augen noch nicht "Richten", denn dabei wird kein Urteil gesprochen.
Beim "Richten" dagegen wird sehr wohl ein Urteil gesprochen - nämlich ein Urteil darüber, was die Sünde, die ich beim BEurteilen erkannt habe, für Folgen haben wird.
Beim Beurteilen einer Sachlage geht es nicht um die Folgen (z.B. Himmel oder Hölle, gläubig oder nicht gläubig, den Heiligen Geist haben oder nicht, gerettet oder nicht), sondern nur darum, eine Sache zu erkennen.
Was diese Sache für den Betroffenen (wenn er unbussfertig daran festhält) dann für Folgen haben wird, das kann nur Gott alleine entscheiden - er wird richten und sein Urteil fällen.
Ich denke, hier wird oft nicht unterschieden.
Aber irgendwie bin ich ganz von Deiner Frage abgekommen: Ich denke, dieses "ebendasselbe" bezieht sich einfach auf Sünde - denn ohne Sünde ist niemand!
Lg, geli
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von solana am 09.04.2014 11:02Ja, liebe Geli, dazu hast du etwas ganz wichtiges gesagt:
"Ja, so versteh ich das auch. Vor Gott sind alle schuldig - egal, ob mehr oder weniger. Und dass jemand die Sünde beim anderen erkennt, zeigt eigentlich, dass er sehr wohl fähig ist, Gut und Böse zu unterscheiden. Und dann nämlich müßte er das Böse, oder die Sünde, auch bei sich selbst erkennen. Somit hat er keine Entschuldigung für seine eigene Sünde - und sei sie auch eine völlig andere als die des Nächsten.
Die Folge davon, dass er die Sünde des anderen erkennt, ist die, dass er auch fähig sein muss, seine eigene zu erkennen - und wenn das geschieht, müßte er eigentlich vor Gott Busse tun.
Tut er aber dennoch keine Busse, dann bleibt Gottes Zorn über ihm."
Die Erkenntnis von gut und böse wird genützt, um sich selbst zu rechtfertigen/den eigenen Ruhm ggü anderen Sündern hervorzuheben statt nach Gottes Gerechtigkeit (wie schon in der Einleitung betont wird, Röm 1, 17) zu fragen und sich dieser zu unterwerfen.
Röm 1, 28 Und wie sie es für nichts geachtet haben, Gott zu erkennen, hat sie Gott dahingegeben in verkehrten Sinn, sodass sie tun, was nicht recht ist, 29 voll von aller Ungerechtigkeit, Schlechtigkeit, Habgier, Bosheit, voll Neid, Mord, Hader, List, Niedertracht; Zuträger, 30 Verleumder, Gottesverächter, Frevler, hochmütig, prahlerisch, erfinderisch im Bösen, den Eltern ungehorsam, 31 unvernünftig, treulos, lieblos, unbarmherzig.
32 Sie wissen, dass, die solches tun, nach Gottes Recht den Tod verdienen; aber sie tun es nicht allein, sondern haben auch Gefallen an denen, die es tun.
Hier stehen auch in einer Reihe - gleichberechtigt nebeneinander - Mord neben Habgier, Neid, prahlerisch, unvernünftig, treulos, lieblos, unbarmherzig, den Eltern ungehorsam...
Genauso wie Jesus in der Bergpredigt sagt - gegen jede selbstrechtfertigende Relativierung der eigenen Sündenschwere über eine "Sündenhierarchie":
Mt 5,21 Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist (2.Mose 20,13; 21,12): »Du sollst nicht töten«; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein.
22 Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig.
...
Mt 5, 27 Ihr habt gehört, dass gesagt ist (2.Mose 20,14): »Du sollst nicht ehebrechen.«
28 Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.
Darauf statt immerhin die Todesstrafe durch Steinigung.
Wer sich selbst rechtfertigt, trachtet nicht nach der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt , sondern versucht seine eigene Gerechtigkeit aufzurichten, seine "Selbstgerechtigkeit", seinen eigenen Ruhm.
Ein Sklave dagegen sucht die Ehre und den Ruhm seines Herrn in allem, was er tut.
Wenn wir Gottes Gerechtigkeit suchen, müsste ein Blick auf unsere eigene Sünde uns zur Busse führen, zur Erkenntnis unserer eigenen Sündhaftigkeit und der Suche nach Vergebung und Umkehr.
Wenn wir unsere eigene "Selbstgerechtigkeit aufrichten" wollen, dann sehen wir stattdessen schnell auf "noch schlimmere Sünder" und fühlen uns ihnen haushoch überlegen.
Lk 16,15 Und er sprach zu ihnen: Ihr seid's, die ihr euch selbst rechtfertigt vor den Menschen; aber Gott kennt eure Herzen; denn was hoch ist bei den Menschen, das ist ein Gräuel vor Gott.
Gruss
Solana
angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver
geli
Gelöschter Benutzer
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von geli am 09.04.2014 19:48
Ja, eigentlich ist es verwunderlich, dass man das, was man selbst tut, nicht als "schlimm" empfindet. Ich selbst hab mich z. B., bevor ich zum Glauben kam, nicht als Sünder empfunden. Im Gegenteil, ich kann mich gut erinnern, dass ich richtig verärgert war, als ich zum ersten Mal im Römerbrief gelesen hab, dass ALLE Menschen Sünder sind. Das fand ich einfach nur anmaßend, so ein "pauschales" Urteil über alle zu fällen.
ICH jedenfalls fand nicht, dass ich ein Sünder war - schließlich hatte ich ja noch nie eine Bank überfallen oder jemanden umgebracht, oder?
Zwar hatte ich mal im Büro Stifte und Tesaroller und solche Sachen mitgenommen, oder mal in einem Geschäft eine Kleinigkeit mitgehen lassen - aber das machen doch alle, oder? (Würde jetzt gut in den gerade laufenden Thread über das Thema "Ehrlichkeit" passen ).
Und ich hatte auch noch genug andere Sachen "auf dem Kerbholz" - aber hier rechtfertigte ich mich damit, dass ich ja schließlich nur böse reagiert hatte, weil andere (zuerst) "böse" zu mir waren. Für mein eigenes "böse"sein machte ich so also die "anderen" verantwortlich - denn wenn sie nicht "hätten", hätte ich auch nicht "zurückgeschlagen". Also war nicht ich schuld an meinem "böse-sein", sondern die anderen.
Ich gehe hier mal nur von meiner eigenen Denkweise vor der Bekehrung aus - aber ich denke, so oder ähnlich läuft es bei anderen Menschen auch ab.
Man sieht sein eigenes "Böse"-sein zwar schon, meint aber einerseits, eine gewisse "Berechtigung" dafür zu haben (weil ja die anderen...sonst hätte ICH ja nicht...), und "versteckt" sich auf der anderen Seite hinter den "anderen" - denn was ich mache, machen ja die anderen alle auch, also ist es nicht schlimm.
Ich jedenfalls hab mich trotz allem immer noch für einen relativ "guten" Menschen gehalten - aber auch aus dem Grund, weil ich mich noch nie mit den Massstäben Gottes befasst hatte. Denn nach meinen Massstäben war ich ja ganz ok - so hoffte ich jedenfalls.
Wer allerdings nicht nach meinen Massstäben und Erwartungen reagierte, den fand ich manchmal auch "böse"...
Nur der Heilige Geist kann einen Menschen wirklich davon überzeugen, dass er vor Gott ein Sünder ist, der Vergebung und Versöhnung braucht, denke ich.
Lg, geli
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von Pal am 10.04.2014 10:21Ich denke mir, es kommt grundsätzlich auf meine Gesinnung an. Aus welcher Gesinnung heraus richte/beurteile ich meine Mitmenschen?
Gal 6:1 Liebe Brüder, so ein Mensch etwa von einem Fehler übereilt würde, so helfet ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist ihr, die ihr geistlich seid; und sieh auf dich selbst, daß du nicht auch versucht werdest.
Bin ich geistlich gesinnt, so wird die Perspektive, das auch ich mich immer auf dem dünnen "Eis meiner Menschlichkeit" befinde sehr hilfreich sein.
Auf diesem "Eis" werde ich durch Jesus Gnade gehalten, damit ich nicht genauso in die eiskalten "Fluten der Sünde" einbreche. Denn das geht manchmal ruckzuck - wie es auch Geli beschrieben hat...
Aus dieser Perspektive entsteht dann immer die Art von Liebe und Demut, das ich meine Zurechtbringung mit Sanftmut übe und nicht mit der "Holzhacker-Methode".
Man könnte argumentieren: Wozu soll denn das "sieh auf dich selbst" nötig sein? -
Ich meine, wenn ich gerade diese heilsame Perspektive verliere, dann - so habe ich es in meinem Leben erfahren - wird mein Umgang mit der Sünde meiner Mitmenschen immer und immer wieder von HÄRTE, und eben nicht von Sanftmut, untermalt.
Ich komme dann gar nicht umhin, die Sündhaftigkeit meiner Mitmenschen abzuurteilen und anzuprangern.
Dazu fand ich folgendes Beispiel sehr passend:
1Mo 9:20 Noah aber begann und legte als Landmann einen Weinberg an. 1Mo 9:21 Da er aber von dem Weine trank, ward er betrunken und entblößte sich in seiner Hütte. 1Mo 9:22 Da nun Ham, Kanaans Vater, die Blöße seines Vaters sah, verriet er es seinen beiden Brüdern draußen.
1Mo 9:23 Da nahmen Sem und Japhet das Kleid und legten es auf ihre Schultern und gingen rücklings und deckten ihres Vaters Blöße zu und wandten ihre Angesichter ab, daß sie ihres Vaters Blöße nicht sahen.
1Mo 9:24 Als nun Noah von dem Wein erwachte und erfuhr, was ihm sein jüngster Sohn getan, 1Mo 9:25 da sprach er: Verflucht sei Kanaan! Er sei ein Knecht der Knechte seiner Brüder!
Mit welch einer Gesinnung, mit welch einer Liebe, suchten Sem&J nach einer Lösung für das Problem ihres Vaters?
Sie redeten nicht nur darüber, (wie Ham) sondern brachten eine Bedeckung, um das Schändliche zu verbergen. (1Pe 4:8)
Sie wollten die Nacktheit nicht erst mit eigenen Augen anschauen. Deshalb gingen sie von Hinten an das Problem heran.
Mit welch einer Behutsamkeit und Empfindlichkeit begegneten sie dem Fehlverhalten ihres wunderbaren Vaters!
Diese Schilderung hat mir viel zu sagen, wie ich mit den Übeln meiner Mitchristen umzugehen habe....
Re: 3) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 2, 1 - 16
von solana am 10.04.2014 11:22Ja, lieber Pal, ich denke auch, dass dieses Thema gerade auch für Christen eine grosse Aktualität hat und nicht nur die Gesinnung vor der Bekehrung charakterisiert - deshalb habe ich das Video mit eingestellt.
Gerade Menschen, die es besonders "ernst meinen mit ihrem Christsein" stehen in dieser Gefahr.
Weil sie sich eben dazu entschlossen haben, "keine Kompromisse" zu machen mit "dem Wandel der Welt".
Und ihr Selbstverständnis ganz auf ihre neue Identität in Christus gründen wollen.
Deshalb bedeutet eine Konfrontation mit der eigenen Schwachheit und Sündhaftigkeit nach der Wiedergeburt auch gleichzeitig immer eine "existenzielle Infragestellung" und ist nur schwer zu ertragen. Da ist dann die Versuchung sehr gross, "sich abzusichern" durch den abwertenden Blick auf "noch schlimmere" Geschwister, um daraus wieder mehr "Selbstbewusstsein" zu schöpfen.
Aber gerade das ist ein gefährlicher Irrweg - denn er baut genau das wieder auf, was eigentlich "tot" sein sollte: den "alten" Menschen, der sein Selbstbewusstsein, seinen "Ruhm" aus seinem eigenen Verdienst bezieht, sich selbst damit zu rechtfertigen versucht und vor anderen "gut" dastehen will. Und wenn schon nicht "absolut perfekt", dann wenigstens "relativ gut", möglichst weit oben angesiedelt in einer Hierarchie, mit möglichst vielen "schwärzeren Schafen" unter ihm, auf die er herabsehen und sich so besser fühlen kann.
Das Gefährliche an dieser "Selbstrechtfertigung ist, dass sie eine echte Umkehr, Busse und Erneuerung verhindert, weil sie eine Art "Scheuklappen" verleiht und die Augen und Ohren gegenüber dem leisen Wirken des Heiligen Geistes verschliesst, der an unserer Umgestaltung in das Bild Christi hin arbeitet und uns nach und nach das bewusst machen will, wo es bei uns "hakt".
Gruss
Solana
angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver