Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

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Burgen
Gelöschter Benutzer

Re: Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

von Burgen am 12.11.2020 21:43


Zitat:
Die Religion der Kanaaniter war ein sinnlicher Fruchtbarkeitskult. Man scheute sich, den eigentlichen Namen der Gottheit auszusprechen, er wurde ersetzt durch das unbestimmte → »Baal«, d.h. »Herr«, und zwar »Herr« von heiligen Quellen, Bäumen, Tieren, Steinen, Bergen, Orten und schließlich auch des Himmels. Neben Baal wurde → Astarte als Göttin der Fruchtbarkeit und sinnlichen Liebe verehrt. Zur Verehrung der Gottheiten gehörten neben Altären und aufgerichteten Steinen auch die Ascheren (→ Aschera II), geweihte Pfähle. Die Opfer wurden auf den → Höhen dargebracht. → Götzendienst; → Hurerei; → Ras Schamra 

Rienecker, F., Maier, G., Schick, A., & Wendel, U. (Hrsg.). (2017). Kanaanäer/Kanaaniter. In Lexikon zur Bibel: Personen, Geschichte, Archäologie, Geografie und Theologie der Bibel (3. Auflage, S. 662–663). Witten: SCM R. Brockhaus. Zitat Ende 

Hallo 
Vermutlich hilft obiges Zitat ein wenig Licht in die scheinbare Widersprüchlichkeit Gottes hinein zu bringen. 
Als ich damals verbindlich begann die Bibel zu lesen, kaufte ich immer mal ein Buch über die Zeit des AT. Das waren ziemlich nüchterne Sachbücher. Und es war für mich irgendwie auch nicht einsehbar, soviel im Umfeld der Juden graben und lesen zu müssen. Heute kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, immer mehr Hintergrund der Heiligen Schrift, Israel, der Schriftzeichen, die Bedeutung und mehr zu erfahren. 

Unser Gott ist ein so herrlicher, wunderbarer, liebens- und anbetungswürdiger Gott. 

Allein das obige Zitat gibt einen kleinen Eindruck von dem Bösen. Und auch der Ungehorsam gegen Gott wird deutlich. Götzendienst wird nicht von  Gott toleriert. 
Die Völkerschaften stammten von den Söhnen Noah's ab. Und die hatten dann weiterführend andere Götter als unseren einzigartigen Gott. 
Und das zieht sich ja bis in unsere Zeit hinein. 
Ist es da nicht verständlich, dass Gott sich ein kleines Volk mit 12 Sippen herausbilden wollte, die ihm alle Ehre und alle Liebe, derer sie möglich waren, geben sollten? Damals hatte jeder Name eine bestimmte Bedeutung. Und oft waren diese Namen wegweisend für die Zukunft des bestimmten Menschen. 

Das geistliche Leben heute, das Fundament, stelle ich mir manchmal wie eine Eieruhr vor. Heißt, jeder wird von Gott angesprochen, irgendwann. Will er dann wirklich Jesus und die von ihm vollbrachte Sündenvergebung  in Anspruch nehmen, verengt sich zunächst alles bis zu der Entscheidung - die Enge - und dann zieht neues Leben in den Menschen ein. Es rieselt und die Enge wird durch das neue Leben zur geistlichen Reife und zur Weite geführt. 

Das jedoch aufgrund der Offenbarung des Jesus Christus im eigenen Leben. Und das bewirkt dann auch Freude und eine Erwartungshaltung beim Lesen in der Schrift. In der hebräischen Schrift hat jeder Buchstabe, jedes Jota, eine bestimmte Bedeutung, und kein Wort in ihr steht da absichtslos. In unseren Bibeln kann diese Genauigkeit nicht genauso wiedergegeben werden. 

Die gefundene Jesajarolle nach dem 2.Weltkrieg gibt darüber Auskunft, denn sie hat sich von damals, als sie zum ersten Mal abgeschrieben wurde nicht geändert, bis heute. Während unsere eigene Schrift etliche Revisionen über sich gehen lassen musste. 



Antworten Zuletzt bearbeitet am 12.11.2020 21:48.

Jonas

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Beiträge: 328

Re: Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

von Jonas am 12.11.2020 19:34


Gruß an alle

@Pausenclown
Ja, das mit Johannes wußte ich.
Und m.M.n. hat er mit dem griechischen Begriff des Logos eine treffende Entsprechung zu Memra gefunden.
Als Johannes sich dieses griechischen Wortes bediente, hatte er damit sicherlich die aristotelische Logik im Kopf.

So wie ich diese sieben Punkte aus dem Judentum, die die Bedeutung des Wortes Memra erklären, verstehe, kann man es problemlos auch im Prolog des Johannes einsetzen (Das funktioniert zB auch mit dem Wort Zweifel, dem Gegenteil von Glauben und Vertrauen, das man für das Wort Teufel einsetzen kann).

In diesem Sinne glaube ich natürlich auch an diese enge Verbindung Jesu mit den Vätern und deren gottgegebenes Gesetz.

Ich denke auch, man muß den Kontext sehen, in denen den Israeliten seinerzeit die Gesetze gegeben wurden.
Von Götzendienst und Vielgötterei anderen Völker umgeben, suchten sie sich in ihrem Eifer für Gott, klar von den anderen Völkern durch die rigide Einhaltung und sogar künstliche Erweiterung der Gesetze, abzugrenzen.

Das man sich dann durch die eigene peinliche Einhaltung der Gesetze den anderen gegenüber erhaben fühlt, kann man sich selbst leicht vorstellen.
Ist das doch nur allzu menschlich.

Mich verwundern aber auch nicht wirklich die vielen Vorschriften um den Geboten herum.
Schaut man sich nur einmal eines der Wichtigsten Gebot der Juden an, die Sabbatruhe, bekommt man eher ein Verständnis dafür, warum das seinerzeit so ausuferte.

Ist doch der Sabbat nicht einfach ein Ruhetag wo nicht gearbeitet wird, sondern ein Tag der der Wiederherstellung vollständiger Harmonie zwischen den Menschen untereinander und der Menschen zu Gott dient, wo nichts Äußerliches zerstört, wiederaufgebaut, verändert werden darf.
Ein Tag der Freude an diesen der Mensch kein Ziel verfolgen sollte außer er selbst zu sein.

Um dieses Gebot dann zu würdigen, braucht es selbstverständlich viele andere Vorschriften um diesen Tag dann in weiterer Folge auch dementsprechend zu begehen.
Ich denke @Pausenclown wird mich ausbessern wenn es nicht so sein sollte.

Das Jesus dann aber auf das Wesentliche vordringen wollte und dadurch viele dieser Vorschriften negierte, mußte ihn zu einer Bedrohung für die damalige Elite machen, stellt er doch ein wesentliches Identitätsgefühl, das die Juden aus der Überlieferung gezogen haben und sie von ihren heidnischen Nachbarn abgrenzte, infrage.

Um zum eigentlichen Thema zurückzukehren, Gott befiehlt angeblich etwas, das seiner eigentlichen Seinsweise, die durch Jesus gezeigt wurde, widerspricht.
Oder Gott ändert im Laufe der Zeit seine Gebote, paßt sie der Zeit und Umgebung an.

Vielleicht könnten wir uns vorab in diesem Punkt einig sein, das Gott unveränderlich ist.
Gott kann sich nicht selbst widersprechen bzw seine Anweisungen verändern.
Zuerst befiehlt er etwas Bestimmtes, hebt es nach einer Zeit auf und befiehlt dann das Gegenteil.
Zuerst befiehlt er die Tötung seiner Feinde und einige Zeit später, befiehlt er seine Feinde zu lieben.

Wenn Gott die Wahrheit sein soll, dann ist dieser Fall ausgeschlossen.
Das nennt man dann auch den treuen Gott, der der unveränderlich bzw beständig ist.
Es gibt dazu auch keinen vernünftigen Einwand.
Entweder er ist der allerhöchste gütige, von Herzen demütige Gott, der einen glimmenden Docht nicht auslöscht, oder er ist der, der seine Feinde ohne einer Möglichkeit der Einsicht und Umkehr vernichtet.

Nun, jetzt gibt es aber in der Bibel offensichtlich Widersprüche, die eben jeglicher Logik entbehren.
Zum einen offenbart Jesus einen allerhöchst gütigen von Herzen demütigen Gott, der auf den verlorenen Sohn wartet bis er umkehrt, der einen glimmenden Docht nicht auslöscht und gütig ist zu Bösen wie zu Guten.
Die einzige Option die meines Dafürhaltens so etwas wie eine ewige Verdammnis nach sich zieht ist die Sünde gegen den Geist, die willentliche, absichtliche Absonderung, Zurückweisung des heiligen Geistes bzw Gottes.
Es ist dies nach den Worten Jesu die einzige Sünde, die weder in dieser Welt noch in der anderen vergeben werden kann.
Und das ist m.M.n. auch logisch.

Jetzt meine Frage an Dich als Kenner des Judentums Pausenclown!
Wie ich das verstanden habe, nehmen die Juden das AT sehr ernst, nämlich jedes Wort was darin geschrieben steht.
Sie haben auch teilweise ein gänzlich anderes Verständnis für dass was darin geschrieben steht,  als wir Nichtjuden.
Ich habe einmal anhand des Beispieles der Opferung Isaacs gelesen, wie Bedeutungsvoll hierbei jedes einzelne Wort, jeder einzelne Sachverhalt ist und was für ein tiefer Sinn hierbei vermittelt wird, wenn man es zu deuten versteht.

Es geht hierbei vornehmlich um das Innerste des Menschen, den Geist des Einzelnen in Beziehung zu Gott und seinem Nächsten.
Angestossen von Alexander Leibitz bin ich auf den Gedanken gekommen, die Bibel wie es scheinbar die Juden machen, im wahren Sinne des Wortes zu nehmen, also bei des Wortes wahrer Bedeutung.

Um noch einmal auf diesen Text bei Mose zurückzukommen:

5 Mose 16-18
Aus den Städten dieser Völker jedoch, die der HERR, dein Gott, dir als Erbbesitz gibt, darfst du nichts, was Atem hat, am Leben lassen.Vielmehr sollst an den Hetitern und Amoritern, Kanaanitern und Perisitern, Hiwitern und Jebusitern den Bann vollziehen, so wie es der HERR, dein Gott, dir zur Pflicht gemacht hat,damit sie euch nicht lehren, entsprechend all den Gräueln zu handeln, die sie zu Ehren ihrer Götter begangen haben, und so zu sündigen gegen den HERRN, euren Gott.

Dass sozusagen dieser Text keine Begebenheit in der Außenwelt vergangener Zeiten beschreibt, sondern vielmehr einen innermenschlichen, geistigen Kampf durch alle Zeiten hindurch.
In jedem Einzelnen.
Quasi so, das wir uns keine Bilder machen von realen Menschen im Krieg die um Land kämpfen usw, sondern auf die wahre Bedeutung des Textes, jedes Wortes schauen.
ZB Amoriter, Kanaaniter usw sind Wörter die auf bestimmte Eigenschaften deuten, die es gilt, im Innersten des Menschen, im Herzen wie man sagt, auszurotten.
Vorerst einmal grob umrissen.
Mich würde interessieren wie Du das siehst!?

Mit besten Grüßen

Antworten Zuletzt bearbeitet am 12.11.2020 23:31.

pausenclown
Gelöschter Benutzer

Re: Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

von pausenclown am 09.11.2020 10:40

Hallo und OT.

Das Wort Logos aus jüdischer Sicht.
Das ist ein alter kurz Artikel von mir hier, auch hier schon einmal gepostet.
Sicherlich wissen sie das Johannes kein Christ ist ihrem Sinne war, sondern ein Jude der z.B. griechisch gesprochen hat. Sein Denken, Handeln, seine Muttersprache z.B. Aramäisch/Hebräisch. Als Johannes diese Worte schrieb, suchte er ein griechisches Wort für Memra (Aramäisch). Dafür gab es aber keines, so nahm er das Wort Logos, was ihm als am besten passte.
Selbst zur Zeit Johannes war Memra ein fester Begriff im Judentum, wie es auch heute im rabbinischen Judentum ist. Memra ist ein Konzept:
1. Manchmal ist Memra das gleiche wie Gott, aber manchmal ist es getrennt von Gott.
2.Memra war Wirkende in der Schöpfung , immer wenn Gott schaffend wirkte, tut er das durch Memra.
3 Memra ist der Wirkende bei der Errettung, Wann immer Gott z.B. im AT errettet hat, dann durch Memra.
4. Memra war auch as Mittel, durch das Gott im AT sichtbar wurde. Die Rabbiner nennen es Schechinah.(Herrlichkeit) Wann immer der unsichtbare Gott sichtbar wurde, war es die Schechinah (Licht, Feuer, Wolke). Memra ist das Mittel durch das Gott sichtbar wurde.
5. Memra ist der Ursprung der Offenbarung, Wenn Gott sich dem Menschen offenbart hat, dann durch Memra.
6. Memra ist das Mittel, mit dem sine Bündnisse besiegelte.
So lesen sie doch mal die ersten Verse aus dem Joh.ev mit diesem Blickwinkel, setzen sie Memra da überall all ein.
Was die Rabbiner nicht wussten, Memra hatte einen 7 Punkt.
 Memra hat einen Namen, Yeschuah (Jesus)
 Pausenclown

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Jonas

52, Männlich

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Beiträge: 328

Re: Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

von Jonas am 09.11.2020 09:28

Hallo Pausenclown und Geli!

Vielen Dank!
Das bestätigt genau meine Annahme, die ich aus dem Interesse für das AT gezogen habe.
Ich habe von der Schöpfungsgeschichte angefangen, eine unglaubliche Weisheit in den Texten des AT entdeckt, genau wie Du schreibst,
für die Beziehung der Menschen zu Gott und der Menschen untereinander.
Eine Weisheit, die ich zuvor nicht für möglich gehalten hätte, wahrscheinlich auch, weil ich die Texte zuvor nicht wirklich verstanden habe.
Nichts liegt mir ferner, als das NT vom AT trennen zu wollen, da selbst Jesus auch immer wieder in seinen Reden den Bezug zur Thora herstellt.

Sobald es diese Woche meine Zeit zulässt, würde mich auch, sofwern es Deine Zeit zuläßt Pausenclown, Deine Meinung dazu interessieren.
Es geht um das Verständniss der Begriffe und der Erzählungen im AT.

Dies würde wiederum auch zum Thema passen, denn man kann sich ja nur an etwas halten, es also befolgen, was man auch versteht.


@BibleDictionary
Ich weiß nicht, was mein Anliegen mit der Gnosis zutun haben soll, aber vielleicht werde ich auch nur mißverstanden.

Den vermeintlichen Gegensatz, den ihr zwischen Altem und Neuem Testament zu sehen meint, gibt es gar nicht. Zum einen wurden bereits Belege dafür angeführt, dass das Neue Testament nicht weniger harte Gerichtsbotschaften enthält als das Alte, zum anderen wurden Belege dafür angeführt, dass die Lehre der Nächstenliebe, wie sie im Neuen Testament dargelegt wird, sich grundsätzlich bereits im Alten findet.

Wie gesagt, die Weherufe Jesu sind Warnungen, nie hat Jesus als Mensch selbst die Hand an Menschen gelegt, dieses Gericht bleibt ausschließlich dem Vater vorbehalten, deshalb auch nicht mit der oben genannten Stelle im AT vergleichbar.


Ihr habt Stellen zitiert, die euch – wenn man sie für sich allein nimmt – vielleicht sehr angenehm erscheinen, übergeht dabei aber die heilsgeschichtliche Entwicklung und die Entfaltung des Ratschlusses Gottes, wie in der Bibel dargelegt.

Ich übergehe nicht, sondern ich würdige genauso diese von Dir angesprochene Heilsentwicklung und glaube sie auch.
Deswegen sind mir diese genannten Stellen auch nicht angenehm, sondern im Gegenteil, höchst unangenehm und versuche gerade deswegen einen vernünftigen Ausweg daraus zu finden.
Es scheint mir aber höchst unvernünftig einen entstandenen Widerspruch auf Gott abzuschieben.
Widersprüche können ansich nicht verstanden werden, weil sie nicht existieren können.

Johannes der den Höchsten als das Wort, mithin als den Logos bezeichnet, beschreibt damit schon eine ansich abstrakte Größe, Gott,
die aber im Innersten verstanden werden kann und auch verstanden werden will, wie Jesus zeigt.
Vertrauen entsteht erst durch die Treue, die Beständigkeit des Gegenübers und eben nicht einer Willkür des Gegenübers.

Mit besten Grüßen

Antworten Zuletzt bearbeitet am 09.11.2020 09:32.

pausenclown
Gelöschter Benutzer

Re: Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

von pausenclown am 09.11.2020 06:39

Hallo Jonas.

 

Zusammengefasst, ist das kein Widerspruch, sondern einmal die Torah was um deutschen als Gesetz übersetzt ist und die Mishna, die mündliche Überlieferungen, mit der Mishna hatte Jesus Probleme.
Auch ist es zu sagen die Pharisäer eine verkürzte Darstellung, innerhalb der Pharisäer haben 4 Gruppen, die unterschiedliche Ansichten hatten.

LG

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geli
Gelöschter Benutzer

Re: Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

von geli am 08.11.2020 21:11

Also - wenn es hier passt, kopiere ich es hierher:

Gott hatte natürlich nichts dagegen, wenn man seine Gebote einhält - das war es ja auch nicht, was Jesus bei den Pharisäern beanstandete.

Was ihm nicht gefiel, und was er ihnen ankreidete:

Sie hatten die falschen Motive, sie umgingen geschickt bestimmte Gesetze, und sie machten es den Menschen schwer, indem sie zu den bestehenden Geboten noch Hunderte menschlich ausgedachte Gebote hinzufügten.

Wie die Gebote umgangen wurden, das zeigt Jesus sehr detailliert in Matth. 23,15ff auf - Burgen hat es ja oben geschrieben.

Wie die menschlich dazugemachten Gebote entstanden sind, zeigt A. Fruchtenbaum sehr anschaulich auf - ich schreibe es mal gekürzt hier auf:

Die Pharisäer nahmen das Gesetz, das aus 613 Geboten bestand, sehr ernst, zeigte doch, dass Gott immer wieder strafen mußte - unter anderem durch die babylonische Gefangenschaft - weil eben dieses Gesetz nicht eingehalten wurde.

Um nun dafür zu sorgen, dass man die Gebote auf gar keinen Fall mehr übertreten konnte - noch nicht einmal aus Versehen, umgaben sie die Gebote sozusagen mit einem "Zaun".

Als Beispiel das Gebot: "Du darfst ein Ziegenjunges nicht in der Milch seiner Mutter kochen".

Das war damals ein kanaanitisches Ritual, und die Juden sollten das nicht praktizieren.
1000 Jahre später gab es die Kanaaniter nicht mehr, und niemand praktizierte dieses Ritual. Trotzdem wurde überlegt, wie man sicherstellen konnte, dass niemals, zu keiner Zeit und an keinem Ort, ein Junges in der Milch seiner Mutter gekocht werden würde, um dieses Gesetz nicht zu übertreten.

Nun schrittweise: Angenommen, man isst ein Stück Fleisch und trinkt dazu ein Glas Milch, dann kommt beides im Magen zusammen, und es könnte möglich sein, dass das Fleisch vom Jungen der Mutterziege stammt, von der die Milch ist.
Also Gesetz Nr. 1: Man darf Fleisch und Milch nicht zusammen in einer Mahlzeit essen - an dieses Gesetz halten sich bis heute die orthodoxen Juden.

Es geht aber noch weiter: Angenommen, man ißt zum Mittagessen ein Käsegericht und wäscht diesen Teller anschließend. Aber es könnte ja vorkommen, daß auf dem Teller ein winziges Stück Käse hängenbleibt. Nimmt man nun diesen Teller zum Abendessen, an dem es ein Fleischgericht gibt, kann es passieren, dass man nun das Fleisch mit dem winzigen Stück Käse zusammen ißt. Theoretisch kann es wieder möglich sein, dass dieses Fleisch, das man gerade ißt, vom Jungen der Ziege stammt, welche die Milch gegeben hat, aus der der Käse vom Mittagessen hergestellt war. Wenn Beides im Magen zusammenkommt, hat man wieder das Gebot gebrochen, dass man das Fleisch des Jungen nicht in der Milch der Mutter kochen soll.
Also Gesetz Nr. 2: Jeder jüdische Haushalt hat zwei Sätze Kochtöpfe und Geschirr. Einen für Fleischgerichte, einen für Milchgerichte. Daran halten sich bis heute die orthodoxen Juden.

Fruchtenbaum beschreibt noch mehr, wie es weiter und weiter geht und zu diesen Gesetzen Hunderte neue Gesetze dazugemacht wurden.

Das war ursprünglich eigentlich "gut gemeint" gewesen - und es zeigt, wie ernst es den Leuten war, Gottes Gebot zu halten, und wie sie sich Gedanken darum machten, wie man verhindern könnte, dass es dennoch geschehen würde.

Im Laufe der Zeit ist das aber wohl "ausgeufert" - und das hat Jesus beanstandet. Er hat nie ein echtes Gesetz Gottes gebrochen, im Gegenteil: Er ist ja gekommen, um das Gesetz zu erfüllen. Er tat das, was uns Menschen unmöglich war.

Er hat sich aber gegen die menschlichen Gebote gestellt und hat uns ausgelegt, wie das ursprüngliche Gebot darunter von Gott her gemeint war.
Und er hat sich gegen die Haltung der Pharisäer gestellt, nämlich Ansehen und Ehre vor den Menschen haben einzufordern, gegen ihre Heuchelei, gegen ihren Starrsinn, der die Wahrheit nicht erkennen wollte, weil es sie dann ihre Stellung gekostet hätte, usw.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 08.11.2020 21:12.

pausenclown
Gelöschter Benutzer

Re: Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

von pausenclown am 08.11.2020 21:00

Den Konflikt den Jesus und teile der Pharisäer hatte, erklärt Geli neben an.
Vielleicht mag Geli das hier auch Posten.


LG

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pausenclown
Gelöschter Benutzer

Re: Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

von pausenclown am 08.11.2020 20:58

Hallo Jonas.

 

Erlaube mir ist paar Begriffe zu klären.

Eine kleine Einführung zur Torah/Gesetz, aus jüdischer Sicht.

Einmal besuchte ein Nichtjude Hillels Zeitgenosse Schammai und sagte: „Ich möchte Jude werden, aber unter einer Bedingung: Lehre mich die ganze Tora, während ich auf einem Bein stehe."

Schammai war empört über die Frechheit des Mannes, denn ein Mensch kann ein Leben lang die Tora studieren und immer noch dazulernen. Also jagte er den Nichtjuden mit einem Stock aus der Synagoge.

Kühn ging der Mann zu Hillel und sagte: „Ich möchte Jude werden, aber unter einer Bedingung: Lehre mich die ganze Tora, während ich auf einem Bein stehe."

Hillel sah ihn an und antwortete: „Gut, das werde ich tun."

Der Mann stellte sich auf einen Fuß, und Hillel belehrte ihn: „Was dir zuwider ist, das tu keinem anderen an. Das ist die ganze Tora. Geh jetzt und lerne alle Gebote, damit du weißt, was du tun sollst und was du nicht tun darfst."

Was dir zuwider ist, das tu keinem an, klingt ja fast nach einem Zitat von Jesus.

In allen Zeiten wurde, liebe Gott und deinen nächsten wie dich selbst als die Zusammenfassung für die Torah, die 613 Gebote/Verbote sind die Auslegung dazu.

Die Bedeutung von Torah ist vielfältig, zu einem, meint man die Gesamtheit der 5 Bücher Mose, die neben den Geboten, auch die Erzählungen enthalten und die Prophetien.
Das Wort Torah, wird oft mit, Weisung oder Lehre die zum Ziel führt übersetzt.
Auf Hebräisch gibt es auch z.b. das Wort Eltern, Horim oder das Wort Lehrer, Morah dass mit dem Wort Torah verwandt ist.
Eine Beobachtung dazu, es geht um Beziehung zwischen Gott und Menschen und Beziehungen zwischen Menschen untereinander, wie diese gestaltet werden sollen und zum Ziel führen.

Ca 250 v.ch.wurde das alte Testament ins griechische übersetzt. Da es im griechischen keine wörtliche Übersetzung für Torah gab, nahm man das Wort Nomos/Gesetz.
Deshalb kommt es oft zu Verwechslungen und Verwirrungen, im neuen Testament. Leider ist es oft nicht klar welches Gesetz gemeint ist, z.b. im Römerbrief werden verschiedene Gesetze nebeneinander gestellt und nicht immer ist die Torah gemeint. Zb Gesetz der Sünde usw.

Zusammengefasst, was steht in der Schrift, was lehren die Rabbis und was bezeugt Jesus selber in den Evangelien dazu,
liebe Gott von ganzem Herzen und deinen Nächsten wie dich selbst.

5 Mose 6. 4-5.
3 Mose 19,18
Markus 12.30-31
Lukas 10.27

Oft oft bekommt man den Eindruck dass die Torah nicht gut ist, man müsste Juden davon befreien, eigentlich.
Aber wenn das die Zusammenfassung der Torah ist liebe Gott von ganzem Herzen usw. Wie soll man nun davon jemand befreien?
Das Verhältnis von Juden zu Tora ist eigentlich im ersten Gebot der 10 Gebote gut ausgedrückt.
ich bin dein Herr und Gott der dich aus Ägypten geführt hat und aus der Sklaverei befreit hat.
Erst die Befreiung aus der Knechtschaft und Sklaverei aus Ägypten und als freie Menschen haben sie die Torah empfangen.
Sollte Gott jetzt sein Volk befreien, um
es dann wieder in eine Knechtschaft zu stellen,wie es oft dargestellt wird?
Würde man einen Rabbi fragen wäre vermutlich seine Antwort wie folgt, ich kann wählen zwischen zwei Joche, einmal das Joch der Knechtschaft, der irdischen Herrschaft, oder das Joch der Freiheit die Torah.

LG

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geli
Gelöschter Benutzer

Re: Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

von geli am 08.11.2020 19:53

pausenclown: Auge um Auge, für uns Juden geht es nicht darum Rache auszuüben, wir sind eigentlich Zivilierst. Schaut man sich diese Gebote an, merkt man es geht um Wiedergutmachung.

Ja, genau - so habe ich es in meinem Beitrag auch gemeint! Der Rache und der unverhältnismäßigen "Strafe" sollte gewehrt werden.

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BibleDictio...

35, Männlich

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Re: Ist sich als Christ "ausschließlich" an die Bibel zu halten?

von BibleDictionary am 08.11.2020 18:15

@JeanS und Jonas:

 

Eieieieiei ...

Was ihr beschreibt, ist kirchengeschichtlich als nomineller Gnostizismus vom Feinsten einzuordnen – als der Versuch, den Gott, der sich in Jesus offenbart, als vom Gott Israels verschieden zu betrachten.

Der Bezug zu Gott, der durch die alttestamentlichen Propheten gesprochen hat (Hebr 1,1), wird (wie bereits weiter oben ausgeführt) jedoch bereits im Namen »Jesus« offenbar – der bedeutet nämlich nichts anderes als »Jahwe rettet«. Wer ist Jahwe? Bekanntlich der Gott Israels – der Gott, der sein Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten geführt und seinem Volk durch Mose in Verbindung mit dem Bund vom Sinai eine Reihe von Gesetzen gegeben hat. Jahwe ist der Gott, den ihr ablehnt – der Gott, den Jesus seinen Vater nennt (Joh 8,54-55).

Den vermeintlichen Gegensatz, den ihr zwischen Altem und Neuem Testament zu sehen meint, gibt es gar nicht. Zum einen wurden bereits Belege dafür angeführt, dass das Neue Testament nicht weniger harte Gerichtsbotschaften enthält als das Alte, zum anderen wurden Belege dafür angeführt, dass die Lehre der Nächstenliebe, wie sie im Neuen Testament dargelegt wird, sich grundsätzlich bereits im Alten findet.

Zwischen Altem und Neuem Testament besteht ein Unterschied im Grad der Gottesoffenbarung: Wird die Umsetzung des Ratschlusses Gottes im Alten Testament vorbereitet, wird der Ratschluss Gottes im Neuen Testament als im Werk Jesu Christi ausgeführt vorgestellt. Dass Gott während unterschiedlicher Etappen der Heilsgeschichte auch unterschiedlich mit dem Menschengeschlecht verfuhr, ist kein Indiz für Widersprüche zwischen Altem und Neuem Testament; auch hat Gott sich nicht geändert. Sein grundsätzlicher Wunsch – dass der Mensch, der gesündigt hat, nicht sterben, sondern umkehren und leben solle – ist im Alten wie im Neuen Testament klar erkennbar (Hes 33,11; 1Tim 2,4). Dass es Zeiten für göttliche Gerichte und sogar ein unumkehrbares Ende für Gottlose gibt, welche sich fortwährend weigern, ihre Sündhaftigkeit und Schuldigkeit vor Gott anzuerkennen und sich zu bekehren, ist ebenfalls im Alten wie im Neuen Testament verankert. Auch dafür wurden bereits Texte als Belege angeführt. Altes und Neues Testament widersprechen sich nicht, sie ergänzen einander.

Ihr habt Stellen zitiert, die euch – wenn man sie für sich allein nimmt – vielleicht sehr angenehm erscheinen, übergeht dabei aber die heilsgeschichtliche Entwicklung und die Entfaltung des Ratschlusses Gottes, wie in der Bibel dargelegt. Ihr stellt als gegensätzlich dar, was zusammengehört. Während ihr einen Text lest und sagt: »Der passt nicht zu dem anderen Text!«, beachtet ihr nicht die Einheit der Schrift. Der richtige Weg lautet: »Die Schrift kann sich nicht widersprechen, also muss ich sehen, wie sich die einzelnen Aussagen heilsgeschichtlich einordnen lassen.« Ihr lest, mit Verlaub, die Schrift nicht mit Glauben, sondern versucht, über das Wort Gottes zu Gericht zu sitzen. Das ist erfahrungsgemäß noch nie gut gegangen ...

So, das war's für heute, gleich findet noch eine wichtige Besprechung im gemeindlichen Kontext statt ...

Bye-bye!

Antworten
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