Völlig "durchkrebst"
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ignats
Gelöschter Benutzer
Völlig "durchkrebst"
von ignats am 11.07.2020 13:03Meine Frau und Geliebte war von uns beiden immer die Gesündere. Sie war körperlich fit und sportlich und als sie sich, nachdem die Kinder alt genug waren, wieder dem Schuldienst zugewandt hatte, hatte sie begonnen, eine Reihe von Fortbildungsmaßen zu absolvieren, um den Anschluss zu bekommen. Zu guter Letzt setzte sie dann noch einen kompletten Ausbildungsgang obenauf, der ihr weitere Möglichkeiten erschloss. Sie genoss es, das neu erworbende Wissen auch baldmöglichst einsetzen zu können und fühlte sich rundum wohl.
Doch irgendwann wurde ihr die Atemluft knapp. Verschiedene Untersuchungen brachten nur unklare Erbenisse.
Eines Nachts wachte ich auf und sah im Dämmer meine Frau im Bett sitzen. "Kannst Du auch nicht schlafen", fragte ich sie. Sie nickte nur und daran, wie sie nickte, erkannte ich, dass sie weinte. "Was ist los", drang ich in sie und etwas heftiger, als sie es wohl beabsichtigt hatte, stieß sie hervor: "Ich werde bald sterben!"
Ich schwieg betroffen und nahm sie in meine Arme. "Erzähl!", forderte ich sie auf.
Sie hatte Brustkrebs. Der Krebs hatte sie inzwischen weiträumig mit Beschlag belegt. Auf dem linken Auge konnte sie immer schlechter sehen - eine Metastase hatte den Sehnerv befallen und ließ das Augenlicht schwinden. Insgesamt hatte sie an vielen Stellen Metastasen, an einer Stelle war der Krebs bereits nach außen durchgebrochen.
Inzwischen brauchte sie zusätzlichen Sauerstoff, ohne den sie nicht einmal mehr duschen konnte.
Erst im Kreiskrankenhaus, dann in der Uniklinik wurde uns klar gemacht, dass nur noch eine Palliativbehandlung möglich sei. Eine Operation wurde nicht einmal erwogen.
Als ich unsere Kinder verständigt hatte, trafen sie binnen kurzem alle ein, um bei ihrer Mutter zu sein. Besonders am ersten Abend - ich war nach einem langen Tag im Krankenhaus zurück - fiel es mir schwer, überhaupt zu sprechen. Ich berichtete unseren Töchtern das Wichtigste, dann zog ich mich zurück.
Tags darauf besuchten wir alle meine Frau im Krankenhaus. Eine der Töchter nahm sich ein paar Tage frei, uns zu unterstützen. Die andere wohnte ja gleich nebenan und kümmerte sich um um ihren einigermaßen ratlosen Vater.
Jeden Abend, wenn ich aus der Klinik wieder heim fuhr, verabschiedeten wir uns, als würden wir einander nicht wiedersehen. Wir vereinbarten, den Kopf nicht hängen zu lassen und nach dem ersten Schrecken darauf zu vertrauen, dass unser beider Leben ausschließlich in Gottes Hand lag. In vielen stummen und nicht stummen Gebeten luden wir ab, was uns bewegte und ängstigte und wir konnten beide spüren, wie uns die Angst verließ und der Erwartung Platz zu machen begann.
In recht ruhiger Erwartung vergingen die Tage der verschiedenen Untersuchungen. Inzwischen war mit den ersten Medikamenten begonnen worden. Auch eine reguläre Chemotherapie würde meine Frau nicht aushalten müssen. Und dennoch - meine Frau fühlte nach einigen Tagen bereits, dass sie wieder leichter Luft bekam und den Sauerstoff nicht mehr so oft benötigte, Das gab uns natürlich Auftrieb.
Das Wichtigste für uns war immer, uns an Jesus zu klammern. Bei ihm konnten wir immer wieder Krant schöpfen, ohne die wir diese Zeit nicht so gut überstanden hätten.
Und heute? Meine Frau bekam noch eine REHA, dann trat die eines Tages wieder ihren Dienst in der Schule an. Niemand, auch sie nicht , hätte damit gerechnet. Auch ihre Rolle als Beratungslehrerin nahm sie bald wieder auf. Und endlich, an einem der schönsten Tage in ihrem Leben, durfte sie ihre Enkelin in die Arme schließen. Und einige Monate späte ihren ersten Enkelsohn. Welche Freide! Sie hatte sich so sehr gewünscht, ihre Enkel noch begrüßen zu dürfen - wenigstens das. Und nun? Betreuen wir die kleine Dame täglich, um ihrer Mami zu ermöglichen, ihren Job zu tun.
Die Zwischenuntersuchungen endeten alle mit positivem Fazit,
Es ist ein großen Wunder, dass sie heute wieder so fit ist und von dem Krebs kaum noch etwas bemerkt. Wir wissen beide, dass diese Krankheit jederzeit wieder aufflammen kann. Und wenn Jesus sie endgültig bei sich haben will, werde ich wohl zustimmen. Aber - genausogut könnte ich der Erste sein. Oder wir erleben beide die Entrückung, wer weiß?
Alles Gute und Gottes Segen!
Re: Völlig "durchkrebst"
von Drea am 11.07.2020 15:55Re: Völlig "durchkrebst"
von Cleopatra am 12.07.2020 07:18Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
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