1) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 1, 1 -17

Erste Seite  |  «  |  1  |  2 [ Nach unten  |  Zum letzten Beitrag  |  Thema abonnieren  |  Neueste Beiträge zuerst ]


solana

-, Weiblich

  Urgestein

Forenmoderator

Beiträge: 4164

Re: 1) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 1, 1 -17

von solana am 04.04.2014 10:37

Vielen Dank für eure Gedanken dazu.

 

Ja, ich denke, dass auch bei manch einem aus der römischen Gemeinde da Empörung und Widerstand aufgekommen ist beim Lesen; vielleicht gab es da auch hitzige Diskussionen....
Nicht nur beim Lesen der Einleitung - was Paulus hier schon "einführt" (begrifflich und als Perspektive), wird er im ganzen Brief fortführen. Deshalb ist es mir wichtig, das gleich am Anfang herauszuarbeiten und im Blick zu behalten.

Es beinhaltet nämlich beides: "Ich bin nichts" und "ich bin alles" - aber nur in Christus.
wie Maga das so schön formuliert hat.

Das Zusammenwirken von Gott und Mensch - das für den Menschen einerseits "Dienst" bedeutet, in Demut und "Selbstaufgabe" bis hin zu dem Punkt, an dem er sich als "Sklave" bezeichnet. Und auf der anderen Seite bedeutet diese Art der "Sklaverei" gleichzeitig "Freiheit" - und zwar die einzig mögliche Freiheit für den Menschen.

Paulus hat die Formulierung Knecht/Sklave meiner Ansicht nach ganz bewusst gewählt.
Um schon in der Einleitung, von Anfang an die grosse Perspektive vorzugeben, die im Zentrum, in der Mitte des Briefes (Kap 7+8) ausführlich dargestellt wird.

Wir haben nicht die Wahl entweder "frei und souverän, unabhängig" zu sein oder "Sklaven von irgendetwas". Wir sind bereits "verkauft":
Röm 7, 14 ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft. - wie ein Sklave

Wir haben nur die Wahl, welchem Herrn wir dienen wollen - entweder bleiben wir unter der Herrschaft der Sünde oder wir lassen uns loskaufen und gehören dann voll und ganz demjenigen, der für uns den Preis bezahlt hat:

Röm 6,16 Wisst ihr nicht: wem ihr euch zu Knechten macht, um ihm zu gehorchen, dessen Knechte seid ihr und müsst ihm gehorsam sein, es sei der Sünde zum Tode oder dem Gehorsam zur Gerechtigkeit?

Und um diese Gerechtigkeit geht es in der Verkündigung des Evangeliums, und das spricht er auch gleich schon in der Einleitung an: 17 Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben;

Und in Röm 8 heisst es dann:

2 Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.

Joh 8,34 Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht.
35 Der Knecht bleibt nicht ewig im Haus; der Sohn bleibt ewig.
36 Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.

Wir werden frei, indem wir Sklaven werden.

Das hört sich paradox an, aber eigentlich deckt diese Feststellung nur auf, dass die Freiheit, in der wir uns vorher wähnten, nur eine Illusion war - in Wirklichkeit waren wir Sklaven der Sünde mit allen Konsequenzen, einschliesslich des "Gefangenseins" in der Unfähigkeit Gutes zu tun, auch wenn wir es wollen (wie Paulus es so anschaulich in Röm 7 beschreibt), bis hin zur letzten Konsequenz, dem Tod.

Und der Loskauf aus dieser Gefangenschaft, der Verpflichtung, der Sünde Gefolgschaft zu leisten und dem Tod bringt uns Leben und Freiheit - als "Sklaven" unseres Herrn, in dem allein dieses Leben und die Freiheit zu haben sind.
Aus uns selbst heraus können wir nichts anderes sein als todverfallene Knechte der Sünde.

Deshalb:
Gal 2,20 Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben.

Das hat nichts mit deprimierender Selbstaufgabe und Resignation zu tun.
Es ist das Loslassen des "Spatzen in Hand", die Hand leer machen und öffnen, um sich die "Taube auf dem Dach" schenken lassen zu können.

Phil 3,7 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet.
8 Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne.

Von der Perspektive eines stolzen, freien Bürgers einer weltbeherrschenden Macht erscheint das wie der Verlust all dessen, wodurc er sich "auszeichnet". Aus der Perspektive dessen, der die wahre Freiheit "geschmeckt" hat, erkennt man erst die Illusion und die Abhängigkeit im Denken der Welt. 
Und so trägt Paulus die Bezeichnung Sklave "Jesu Christi" als Ehrentitel.
Gruss
Solana 

angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver

Antworten Zuletzt bearbeitet am 04.04.2014 12:18.

Pal

65, Männlich

  Urgestein

Beiträge: 2513

Re: 1) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 1, 1 -17

von Pal am 04.04.2014 12:49

Hallilo, Salona! - Müßte dein Beitrag nicht extra zu Röm 7 geschoben werden?
Wie gehen wir vor, wenn ich jetzt auf deine Gedanken antworten möchte? -

Vielleicht solltest du gleich für jedes Kapitel des Röm. einen extra Thread öffnen? Und das dazugehörige da rein tun?

lG

Antworten

solana

-, Weiblich

  Urgestein

Forenmoderator

Beiträge: 4164

Re: 1) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 1, 1 -17

von solana am 04.04.2014 13:24

Lieber Pal
Ja, in Römer 7 und 8 wird dasThema dann richtig "heiss" und ich denke, da haben wir dann noch ausführlich zu diskutieren.

Ich wollte nur schon mal aufzeigen, wie Paulus schon von Anfang an - ganz gezielt und rhetorisch kunstvoll - diese Perspektive einführt und bestimmte "Schlüsselwörter" einsetzt, die später im Brief wieder auftauchen und dort ausführlich behandelt werden.

Das Thema "Knecht/Sklave-Sein" zieht sich noch weiter durch die Einleitung, Cleo hat schon darauf hingewiesen:

 

- den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden, (5) zu denen auch ihr gehört (6),
- Ich bin ein Schuldner der Griechen und der Nichtgriechen, der Weisen und der Nichtweisen; (14)

Und auch das von dir und anderen angesprochene "Zusammenwirken" von Gott und Mensch:

Gott hat:
berufen zum Apostel, ausgesondert zu predigen (1) , Durch ihn haben wir empfangen Gnade und Apostelamt(5), 6 zu denen auch ihr gehört, die ihr berufen seid von Jesus Christus (6). Geliebten Gottes und berufenen Heiligen in Rom: (7)

"Berufen und ausgesondert", herausgerufen auf der"Welt" und "versetzt in das Reich seines lieben Sohnes".
Das bedeutet gleichzeitig "geheiligt"
(Eine Begriffserklärung dazu: http://www.bibelkommentare.de/index.php?page=dict&article_id=2717)

Der Mensch bringt sich da mit ein, "so viel es an ihm liegt":
darum, soviel an mir liegt, bin ich willens, auch euch in Rom das Evangelium zu predigen. (15)

Der "ausgesonderte, berufene Heilige" , der nun nicht mehr sich selbst gehört, hat eine neue "Gesinnung", die mit dem Willen Gottes übereinstimmt:

Röm 12,2 Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.

Diesen Veränderungsprozess, der die Gesinnung umgestaltet, und aus der veränderten Gesinnung gottgefällige Taten hervorbringt, nennt das NT "Heiligung" - und das ist ein langer Weg, auf dem wir zeitlebens unterwegs sind.

Die schon angesprochene "Erkenntnis" spielt dabei eine wichtige Rolle, denn sie bringt "Freiheit"; die Freiheit des "mündigen Erben", der aus Überzeugung das Richtige tut, nicht aus Furcht vor Strafe:

Gal 4,1 Ich sage aber: Solange der Erbe unmündig ist, ist zwischen ihm und einem Knecht kein Unterschied, obwohl er Herr ist über alle Güter;
2 sondern er untersteht Vormündern und Pflegern bis zu der Zeit, die der Vater bestimmt hat.
3 So auch wir: Als wir unmündig waren, waren wir in der Knechtschaft der Mächte der Welt.
4 Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan,
5 damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen.
6 Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater!
7 So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.

Auch dieses Thema "Gesetz", Freiheit und Mündigkeit wird im Römerbrief ausführlich behandelt.
Das ist besonders wichtig in einer Gemeinde, die aus Juden- und Heidenchristen besteht.

Das sind Assoziationen, die mir kommen, wenn ich diese einleitenden Sätze lese und die wollte ich euch gerne weiter geben.
Ihr könnt gerne auf das eingehen, was euch dazu einfällt.
Nur nicht so weit ins "Eingemachte", dass wir schon in der Einleitung den ganze Brief "ausdiskutieren.
Gruss
Solana

 

angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver

Antworten Zuletzt bearbeitet am 04.04.2014 13:30.

solana

-, Weiblich

  Urgestein

Forenmoderator

Beiträge: 4164

Re: 1) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 1, 1 -17

von solana am 04.04.2014 21:02

Jetzt hab ich mich wohl doch ein wenig mit fortreissen lassen durch die "Gedankenlawinen", die diese Eingangsverse bei mir angestossen haben - hoffentlich habe ich niemanden überrollt oder verschüttet  ... seid ihr noch da   ?

 

Ich fasse nochmal kurz zusammen, was mir bei der Einleitung wichtig ist:

1) Paulus tritt nicht als grosser Lehrer auf, der die Römern in der richtigen Lehre unterweisen will, sondern als "Knecht" Jesu Christi", der in Rom das Evangelium predigen will, weil er ihr "Schuldner" ist, es ihnen schuldig ist.

 2) Er spricht von der gemeinsamen Grundlage aus,
a) dem Handeln Gottes:
- ER hat Paulus zum Apostel berufen und "ausgesondert", das Evangelium zu predigen
- den von Gott berufenen und geliebten Heiligen (heilig ="ausgesondert") in Rom

b) und dem entsprechenden "Gehorsam" auf der Seite der berufenen und "ausgesonderten" Menschen:
- Paulus als gehorsamer Knecht (s. 1), dazu beauftragt,
- in seinem Namen den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden, zu denen auch ihr gehört,

c) Dadurch werden beide Seiten "gestärkt" und "getröstet", "durch euren und meinen Glauben, den wir miteinander haben."

"Getröstet" scheint mir auf den ersten Blick nicht ganz offensichtlich, weil ja nirgends die Rede von "Traurigkeit" war - vielleicht bezieht es sich auf die Sehnsucht, von der Paulus spricht?

angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver

Antworten

Klaus
Gelöschter Benutzer

Re: 1) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 1, 1 -17

von Klaus am 05.04.2014 11:16

1) Paulus tritt nicht als grosser Lehrer auf, der die Römern in der richtigen Lehre unterweisen will, sondern als "Knecht" Jesu Christi", der in Rom das Evangelium predigen will, weil er ihr "Schuldner" ist, es ihnen schuldig ist.

Im Griechischenl steht "Sklave Jesu Christi". Ein Sklave gehörte zur Zeit von Paulus völlig seinem Herrn, er stand ausschließlich seinem Herrn zur Verfügung und nicht sich selbst. Auch unser Herr Jesus Christus wird in Philipper 2:7 als "Sklave" bezeichnet. Er ist der eigentliche "Sklave Gottes", der Gott in Einfalt des Geistes dient und nichts anderes kennt als Gott und den Dienst Gottes.

Dann bezeichnet sich Paulus als "berufener Apostel". Als von Gott berufen hat Paulus echte apostolische Vollmacht, die er mitunter auch geltend macht, z.B. in der Auseinandersetzung mit den "sehr überragenden Apostel"  bzw. falschen Apostel (2.Kor.11/5+13). 

Paulus ist ausgesondert für das Evangelium Gottes. Quelle dieses Evangeliums ist Gott selbst und nicht Menschen, wie Paulus es auch gegenüber den Galatern bezeugt:

Ich tue euch aber kund, Brüder, dass das von mir verkündigte Evangelium nicht von menschlicher Art ist. Ich habe es nämlich weder von einem Menschen empfangen noch erlernt, sondern durch eine Offenbarung Jesu Christi. (Gal.1:11-12/Elberf.) 

Für dieses Evangelium wurde Paulus "ausgesondert", er wurde von Gott für dieses Evangelium "reserviert". Durch den Dienst des Geistes können auch wir das Evangelium Gottes, das letztendlich der Sohn Gottes selbst ist, empfangen und erlernen. Dies erfordert allerdings die Abkehr von allen menschlichen Überlegungen und Dünkel, hin zur echten Offenbarung Jesu Christi in den Gläubigen. 

Als es aber dem, der mich von meiner Mutter Leibe an ausgewählt und durch seine Gnade berufen hat, gefiel, seinen Sohn in mir zu offenbaren, damit ich ihn unter den Nationen verkündigte, zog ich nicht Fleisch und Blut zu Rate.. (Gal.1:15-16/Elberf.) 

Zuerst offenbarte Gott seinen Sohn in Paulus und dann verkündigte Paulus den Sohn Gottes als das Evangelium Gottes. So soll es auch bei uns sein.

Shalom

Antworten

solana

-, Weiblich

  Urgestein

Forenmoderator

Beiträge: 4164

Re: 1) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 1, 1 -17

von solana am 05.04.2014 11:20

Das hast du sehr schön auf den Punkt gebracht; danke lieber Klaus!

angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver

Antworten

Cosima
Administrator

83, Weiblich

  fester Bestandteil

Chatadmin

Beiträge: 951

Re: 1) Gemeinsame Bibellektüre - der Römerbrief - Kapitel 1, 1 -17

von Cosima am 05.04.2014 23:15


Klaus schreibt:

Im Griechischenl steht "Sklave Jesu Christi". Ein Sklave gehörte zur Zeit von Paulus völlig seinem Herrn, er stand ausschließlich seinem Herrn zur Verfügung und nicht sich selbst. Auch unser Herr Jesus Christus wird in Philipper 2:7 als "Sklave" bezeichnet. Er ist der eigentliche "Sklave Gottes", der Gott in Einfalt des Geistes dient und nichts anderes kennt als Gott und den Dienst Gottes.

Während ich den Rämerbrief lese, überlege ich dauernd, wie ich das in meinem Leben umsetzen kann. Was Paulus schreibt, ist zwar für die Gemeinde in Rom bestimmt, aber wir sind auch Empfänger dieser Nachricht. Ich fühle mich jedenfalls perönlich angesprochen.
Durch deinen Beitrag, Klaus, ist mir bewußt geworden, dass das Wort "Sklave" auch mich meint. Also ich gehöre völlig meinem Herrn Jesus. So wird das praktisch für mich.  Nochmal Klaus:
"Sklave Gottes", der Gott in Einfalt des Geistes dient und nichts anderes kennt als Gott und den Dienst Gottes.
Aber das hat natürlich auch Folgen:
Abhängig zu sein, wie ein Sklave! Meine Augen nur auf den Herrn gerichtet! Sofort zu tun, was ER will! Tag und Nacht ihm zur Verfügung stehen! Und ich bin vollkommen versorgt! Brauche keine Angst zu haben, denn er beschützt mich.
So betrachtet ist diese absolute Abhängigkeit, die absolute Freiheit. 
Das sind Gedanken, die mich jetzt beschäftigen, die ich umsetzen will.
Dieser Rämerbrief ist nicht nur Theorie, er ist auch Praxis, jedenfalls für mich.
l.g.v.cosima.






Die Liebe gibt nie jemand auf, in jeder Lage vertraut und hofft sie für andere; alles erträgt sie mit großer Geduld. 1.Kor.13:7 GNB

Antworten
Erste Seite  |  «  |  1  |  2

« zurück zum Forum