Impulse
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Impulse
von nusskeks am 07.05.2025 18:31Impuls zu Markus 6,30–44: „Gebt ihr ihnen zu essen"
Jesus und seine Jünger sind erschöpft. Die Jünger kommen gerade von einem intensiven Dienst zurück, berichten voller Eifer, was sie in seinem Namen getan haben. Jesus lädt sie ein: „Kommt mit an einen einsamen Ort und ruht euch ein wenig aus" (V. 31). Doch die Ruhe währt nicht lange. Die Volksmengen eilen ihnen voraus. Statt genervt zu reagieren, wird Jesus innerlich bewegt: „Er hatte Erbarmen mit ihnen, denn sie waren wie Schafe ohne Hirten" (V. 34).
Dieser Satz ist zentral. Jesus sieht mehr als eine Menschenmenge – er sieht verlorene, orientierungslose Seelen. Und obwohl er müde ist, beginnt er, sie zu lehren. Wahre Hirtenliebe erkennt sich nicht an der Kraft, die man hat, sondern an der Bereitschaft, sich hinzugeben.
Als es spät wird, drängen die Jünger: „Schick sie weg, damit sie sich etwas zu essen kaufen." Menschlich gesehen nachvollziehbar. Doch Jesus antwortet mit einer Zumutung: „Gebt ihr ihnen zu essen!" (V. 37). Ein Auftrag, der völlig überfordernd wirkt – 5.000 Männer plus Frauen und Kinder? Wovon?
Diese Szene ist keine romantische Brotvermehrung, sondern ein tiefes geistliches Prinzip: Jesus führt seine Jünger bewusst an die Grenze ihrer Möglichkeiten. Ihre Lösung heißt: Geld, Organisation, Realismus. Jesu Lösung beginnt mit einer Frage: „Was habt ihr?" – Fünf Brote, zwei Fische. Zu wenig. Völlig unzureichend. Doch: Was wir in Jesu Hände legen, wird genug.
Jesus lässt die Menschen in Gruppen lagern – es herrscht Ordnung, keine Panik. Er dankt Gott – bevor sich etwas verändert hat. Er bricht das Brot – in einem Akt, der auf das spätere Abendmahl vorausweist. Und dann geschieht das Wunder: alle essen, alle werden satt – und es bleibt mehr übrig als am Anfang vorhanden war.
Das Evangelium zeigt: Wer auf Jesus hört, wird nicht mit einem überfordernden Auftrag alleingelassen. Ja, seine Forderungen übersteigen unsere Kraft. Aber genau dort beginnt der Glaube: wenn wir mit dem Wenigen, das wir haben, zu Jesus kommen und ihm vertrauen.
Dieser Text lehrt uns drei Dinge:
1. Mitleid sieht mehr – nicht nur das Offensichtliche, sondern das innere Bedürfnis des Menschen.
2. Glaube rechnet mit Jesus – nicht nur mit dem, was wir selbst können.
3. Gottes Versorgung ist überreich – aus Wenigem wird Fülle, wenn wir es in seine Hände legen.
Jesus fragt uns heute noch: „Was habt ihr?" Vielleicht erscheint es dir zu wenig – Zeit, Kraft, Worte, Liebe. Doch in Jesu Händen wird es nicht nur genug – es wird überfließend.
One of Israel
Re: Impulse
von nusskeks am 07.05.2025 18:40Ich plane, hier Impulse zu schreiben. Darauf muss von eurer Seite nicht unbedingt reagiert werden. Das Ziel ist, etwas vom Wort Gottes zu schreiben, was geeignet ist uns zu ermutigen, zu ermahnen oder einfach zu stärken.
gruß
nk
One of Israel
Re: Impulse
von pray am 07.05.2025 20:11Lieber Nusskeks,
ja, schön, den ersten Beitrag mit dem ausreichenden Brot und dem Auftrag dazu fand ich schon mal gut.
Ich habe Ausleger zur Bibel und manchmal findet sich da auch eine ähnliche "Deutung" des Textes, wo es immer Freude bereitet, noch mehr zu erfahren, was der Text hergibt.
Re: Impulse
von Cleopatra am 08.05.2025 07:27Wow nusskeks- das sind wirklich tolle Worte und gute Impulse, vielen Dank dafür, mich hat es sehr ermutigt!
LG Cleo
Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder
Re: Impulse
von nusskeks am 08.05.2025 13:16„Denn ihr Herz war verhärtet" – Wenn Jesus lehrt durch Sturm und Brot (Mk 6)
Nach der gewaltigen Speisung der Fünftausend nötigt Jesus seine Jünger, ins Boot zu steigen. Das griechische Wort ἠνάγκασεν (V. 45) ist stark: Er zwang sie. Warum? Jesus will allein beten – aber er will auch, dass die Jünger sich in eine Situation begeben, die sie überfordert. Als sie später im Dunkeln gegen den Wind ankämpfen, erkennt Jesus ihre Not – nicht erst, als sie schreien, sondern „sieht" sie beim Rudern (V. 48), obwohl er weit entfernt auf dem Berg ist. Diese göttliche Sicht erinnert an Gottes fürsorgliches Sehen in der Wüste (vgl. 2. Mose 3,7).
Dann geht er auf dem See zu ihnen – περιπατῶν ἐπὶ τῆς θαλάσσης, ein Ausdruck, der wörtlich „auf dem Wasser schreitend" bedeutet. Das ist keine bloße Machtdemonstration, sondern eine Offenbarung. Im Alten Testament ist es allein JHWH, der „auf dem Meerweg geht" (Hiob 9,8; Ps 77,20). Doch die Jünger „meinen, es sei ein Gespenst" – sie sind mehr erschrocken von der Erscheinung des Retters als vom Sturm selbst.
Jesu erste Worte durchbrechen das Chaos: „ἐγώ εἰμι· μὴ φοβεῖσθε." – „Ich bin es, fürchtet euch nicht." Dieses ἐγώ εἰμι erinnert an Gottes Selbstoffenbarung in 2. Mose 3,14 – „Ich bin, der Ich bin". Jesus offenbart sich nicht nur als Helfer, sondern als der, der über dem Wasser wandelt: der Ich bin, der Gott Israels.
Doch dann folgt die ernüchternde Diagnose: „Ihr Herz war verhärtet" – ἡ καρδία πεπωρωμένη (V. 52). Das griechische Perfekt zeigt: Die Verhärtung ist nicht nur punktuell – sie hat sich verfestigt. Obwohl sie das Wunder mit den Broten gesehen hatten, hatten sie nicht „verstanden" (συνῆκαν) – ein Begriff, der mehr meint als intellektuelles Begreifen. Er spricht von einem Zusammensehen, einem geistlichen Verstehen, das auf Offenbarung gründet. Ihnen fehlt noch das geistlich Sehende Herz.
Das ist erschütternd. Die Jünger sind bei Jesus, erleben seine Taten, hören seine Worte – und doch bleibt ihr Inneres unberührt. Nicht weil Jesus unklar wäre, sondern weil ihr Herz nicht offen ist. Das ist keine bloße Schwäche, sondern geistliche Blindheit. Jesus lehrt sie nicht nur mit Worten, sondern durch Erfahrungen. Doch Lernen erfordert ein weiches Herz.
Auch wir können mitten im Dienst Jesu stehen, in der Gemeinde, in der Mission, und dennoch geistlich blind sein. Wir kämpfen gegen den Wind – aber erkennen wir den, der über dem Sturm wandelt? Wir sehen die Brote – aber begreifen wir, was sie über Christus sagen? Wenn unser Herz nicht weich, nicht durchlässig für seine Offenbarung ist, erleben wir viel – aber erkennen wenig.
Die gute Nachricht? Jesus lässt die Jünger nicht allein. Er kommt – auch zu Verhärteten. Er steigt ins Boot – und der Wind legt sich. Auch uns will er neu offenbaren: „Ich bin es. Fürchtet euch nicht." Er kann unsere Herzen weich machen.
One of Israel
Re: Impulse
von nusskeks am 09.05.2025 14:16Gott kommt ins Zelt – und das Gericht naht
Genesis 18,1–19,29
Stell dir vor, du sitzt in der Hitze des Tages im Eingang deines Zeltes. Du hast schon viele Verheißungen von Gott gehört, doch sie sind noch nicht Wirklichkeit geworden. Du bist alt, deine Frau ist alt. Alle menschliche Hoffnung scheint vorbei. Plötzlich treten drei Fremde auf dich zu. Du weißt nicht, wer sie sind – noch nicht.
So beginnt die Erzählung in Genesis 18. Sie nimmt uns mit in eine Welt, die uns fremd erscheinen mag: Die Welt eines Nomaden, der zwischen Altar und Wüste lebt, der mit offenen Augen und einem hörenden Herzen den Besuch Gottes empfängt.
Der erste Satz verrät das große Geheimnis schon vorab:
„Und JHWH erschien ihm bei den Terebinthen von Mamre." (Genesis 18,1)
JHWH – der Heilige Israels, der Unfassbare, der Ewige – kommt als Mensch. Abraham erkennt ihn nicht sofort. Er sieht drei Männer (אֲנָשִׁים, anaschim). Doch was er tut, zeigt sein Herz: Er ehrt sie, er eilt zu ihnen, er wirft sich zu Boden, er nennt sie „Herr" (אָדֹנָי, Adonai). Vielleicht ist es noch Höflichkeit – vielleicht ahnt er mehr.
Er bietet wenig an, aber er gibt viel. Drei Maß Mehl (שְׁלֹשׁ סְאִים, etwa 20 Liter), ein zartes Kalb, Butter und Milch – ein königliches Mahl. Während Abraham noch dient, beginnt Gott zu reden.
„Wo ist deine Frau Sarah?"
Er nennt sie beim Namen. Er kennt ihre Geschichte. Er wiederholt die Verheißung: In einem Jahr wird sie einen Sohn haben. Sarah hört mit. Sie lacht – nicht vor Freude, sondern vor Unglauben. Zu lange hat sie gehofft, zu tief sitzt die Enttäuschung. Doch Gott stellt sie zur Rede:
„Warum lacht Sarah? Sollte für JHWH etwas zu wunderbar sein?" (18,14)
JHWH – der El Schaddai, der Allmächtige, hatte sich Abraham bereits so vorgestellt (Genesis 17,1). Nun macht er klar: Er kann tun, was kein Mensch mehr zu hoffen wagt.
Doch die Szene bleibt nicht beim Wunder stehen. Sie wechselt das Bild. Die drei Männer blicken auf Sodom. Dort herrscht Gewalt, Unzucht, Maßlosigkeit. Gott sagt, er will sehen, ob das Geschrei über die Stadt gerechtfertigt ist (18,20–21). Er teilt Abraham seinen Plan mit. Er zieht ihn in sein Herz hinein, in das, was ihn bewegt.
Und Abraham steht vor ihm – der erste Fürsprecher der Bibel.
Er wagt es zu fragen:
„Willst du wirklich den Gerechten mit dem Gottlosen wegraffen?" (18,23)
Er ringt mit Gott – von fünfzig bis zehn Gerechte. Er spricht nicht über Schuldige oder Böse, sondern er sucht die Gerechten. Abraham weiß, Lot lebt dort. Vielleicht auch andere. Doch die Stadt ist verloren. Nicht einmal zehn werden gefunden.
Die Erzählung führt uns nach Sodom. Lot sitzt am Stadttor. Er empfängt die beiden Engel, wie Abraham die drei Männer. Auch er bietet Gastfreundschaft, doch die Stadt will die Gäste schänden. Lot zögert, seine Familie zögert. Die Engel müssen ihn herausreißen (19,16). Das hebräische Wort הֶחֱזִיק (hechezik) beschreibt ein Festhalten, ein Greifen – Gott zieht Lot förmlich aus der Stadt des Gerichts heraus.
Feuer und Schwefel fallen vom Himmel. Die Stadt wird zerstört. Lots Frau schaut zurück und bleibt stehen – ein Mahnmal. Doch Lot wird gerettet, um Abrahams willen (19,29).
Diese Erzählung zeigt zwei Gesichter Gottes:
• Er ist der El Schaddai, der Allmächtige, der Leben schafft, wo keines mehr möglich ist.
• Er ist JHWH, der Richter der Erde, der das Böse nicht ungestraft lässt.
Aber zwischen diesen beiden Gesichtern steht Abraham – der Freund Gottes. Er steht zwischen Zelt und Stadt. Er steht zwischen Verheißung und Gericht. Er steht für andere ein, auch wenn das Ergebnis offen bleibt.
Die Erzählung fordert uns heraus, Gottes Nähe zu suchen – nicht im Spektakel, sondern im Alltag, wo er unerwartet kommt. Sie lädt uns ein, seine Verheißungen zu glauben, auch wenn sie menschlich unmöglich erscheinen. Sie ruft uns dazu auf, für andere einzutreten, selbst wenn es aussichtslos scheint. Und sie mahnt uns, Gottes Gericht ernst zu nehmen, das kommen wird, wenn seine Geduld endet.
Doch über all dem steht:
„Sollte für JHWH etwas zu wunderbar sein?"
Diese Frage bleibt – bis wir sie im Evangelium beantwortet sehen: In Jesus Christus kommt Gott selbst in unser Menschsein. Er tritt als der eine Gerechte für uns ein. Er nimmt das Gericht auf sich. Er schenkt neues Leben.
One of Israel
Re: Impulse
von nusskeks am 10.05.2025 10:18Glaube – Mehr als Wissen, aber niemals weniger
„Glauben heißt nicht wissen."
Diesen Spruch hört man oft – und er klingt auf den ersten Blick überzeugend. Doch ist er wahr? Ist christlicher Glaube wirklich nur eine unsichere Hoffnung auf etwas, das wir eigentlich nicht wissen können?
Die Bibel zeigt ein anderes Bild. In Hebräer 11,1 heißt es: „Glaube ist eine feste Zuversicht dessen, was man nicht sieht." Das heißt nicht: „was man nicht weiß." Glaube geht über das Sichtbare hinaus – aber er widerspricht nicht dem Wissen. Er ist nicht das Gegenteil von Wissen, sondern eine begründete Zuversicht auf das, was wir mit unseren Augen nicht sehen, aber mit unserem Verstand und Herzen erfassen können.
Wissen bedeutet, die Wirklichkeit so zu erkennen, wie sie wirklich ist – aufgrund vernünftiger und tragfähiger Gründe. Christen dürfen sagen: Wir glauben nicht trotz besseren Wissens, sondern weil wir überzeugt sind, dass der christliche Glaube auf der Wahrheit beruht.
Wir glauben nicht gegen die Vernunft, sondern wir lieben Gott mit ganzem Herzen und mit ganzem Verstand (Lukas 10,27). Jesus selbst hat seine Gegner mit scharfen Argumenten herausgefordert und die Wahrheit verteidigt. Auch die Apostel und Christen durch die Jahrhunderte standen für einen begründeten Glauben, der sich dem ehrlichen Nachdenken stellt.
Glaube ist mehr als Wissen, weil er uns zu einer lebendigen Beziehung zu Gott führt, die über bloße Fakten hinausgeht. Aber er ist niemals weniger als Wissen, weil er sich auf tragfähige, vernünftige Gründe stützt. Christlicher Glaube ist keine Flucht ins Gefühl, sondern ein Leben im Vertrauen auf die Realität Gottes.
Glaube ohne Wissen wäre blind. Wissen ohne Vertrauen wäre tot.
Echter Glaube verbindet beides zu einer lebendigen, begründeten Zuversicht, die trägt – im Leben, im Sterben und in Ewigkeit.
One of Israel