Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

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pray

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Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

von pray am 12.08.2020 17:54

Liebe Schreiberlinge,

 

vielen Dank für die vielen Puzzlestückchen. Ja, wie Burgen schreibt, bedeutet Vergebung wirklich innere Befreiung (alles ist wieder gut - Gefühl) aber auch die Beispiele und Konsequenzen und "Schutzvorkehrungen", wie sie Ignats und Nusskeks beschrieben konnte ich nachvollziehen.

Liebe Cleo,

ich beleuchte mal die Bibelstellen, die du angeführt hast:

"Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern..."

o.k, das könnte zunächst mal bedeuten, dass wir - wenn wir vergeben haben - das in der Weise tun, wie Gott auch, nämlich, dass die Schuld im tiefsten Meer verschwindet und nicht immer wieder neu hochgefischt wird.

"Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.
Epheser 4:32 "

o.k. hier gibts aber Verhaltensweisen für beide Christen. Beide sollen freundlich untereinander sein und wenns dennoch mal funkt, sollen beide, einer dem anderen vergeben. Ich dir, du mir! Könnte man auch so sehen, ne?

"Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben.
Matthäus 6:14"

Ja, aber vergiss nicht, dass wir den Himmlischen Vater ja auch gebeten haben im "Vater unser - Gebet", was diesen Versen voranging: Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Das kann man auch nicht einfach so übersehen, oder?

"Und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!Kolosser 3:13 "

Ja, dann aber eben wieder die Frage, ob der andere wenigstens um Vergebung bittet und es ihm leid tut. Jetzt, wo ich das schreibe fällt mir ein, dass es aber solche Belastungen gibt, die man anderen Leuten wohl noch nachdem sie tot sind, ankreidet. Verstehen kann ich das nicht, aber ich weiß, dass es solche nachtragenden Menschen gibt, die sich damit belasten.

"Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.
Lukas 6:37 "

Diesen Vers würde ich in einem anderen Zusammenhang sehen (Manche Pharisäer richteten gern und legten andere unsagbare Lasten auf, hielten sich aber selbst nicht dran)

"Da trat Petrus hinzu und sprach zu ihm: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist's genug siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.
Matthäus 18:21-22 "

So liebste Cleo, erwischt!!! Das war ja genau die Stelle, wo dann das Gleichnis vom "Schalksknecht" folgte, der den König ja auch um Vergebung bat und im Querverweis der Hinweis, dass es den anderen reuen muss.

Aber vielleicht kann man insgesamt mit dem Bibelwort abschließen, das auch schon erwähnt wurde:

Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. (Römer 12,18)

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Cleopatra
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Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

von Cleopatra am 12.08.2020 20:21

Hallo liebe pray,
 
ach, was für eine Freude, deine Worte zu lesen:
 
pray: So liebste Cleo, erwischt!!!
 
Ich musste schmunzeln, das hat voll gut getan ;-D
 
Allerdings war ich gerade im Garten mit dem Hund, daher komme ich jetzt erst zum Antworten.
 
Jetzt sitze ich zuHause und ein Gewitter ist über uns, mein Hund, die arme Schissbux, liegt hier zu meinen Füßen, er hat arg Angst...
 
Bevor ich aber für heute Feierabend mache, wollte ich dir noch antworten.
 
Zur Erklärung: Seit du diesen Thread eröffnet hattest, habe ich mir schon Gedanken gemacht und auch alle Antworten mit gelesen.
 
Heute Nachmittag wollte ich aber unbedingt und endlich auch mal meinen enf dazu geben ;-D
 
Den bereits von dir in der Eröffnung zitierten Vers- ja, den kannte ich auch schon, ja, der war auch bei der Aufstellung dabei, das wieß ich ja ;-D
 
Aber der Reihe nach (ich finde es sehr schön, wie gründlich du die Antworten auch überdenkst):
 
(Erklärung der Zitate: Kursiv geschrieben war mein Vers, dick geschrieben deine Antwort:)
 
"Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern..." o.k, das könnte zunächst mal bedeuten, dass wir - wenn wir vergeben haben - das in der Weise tun, wie Gott auch, nämlich, dass die Schuld im tiefsten Meer verschwindet und nicht immer wieder neu hochgefischt wird.
 
Ja, so habe ich es auch verstanden. Vor allem aber der Schwerpunkt auf "so wie wir, bitte auch du" in Sinne von "ich nämlich auch".
 
"Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus. Epheser 4:32 " o.k. hier gibts aber Verhaltensweisen für beide Christen. Beide sollen freundlich untereinander sein und wenns dennoch mal funkt, sollen beide, einer dem anderen vergeben. Ich dir, du mir! Könnte man auch so sehen, ne?
Hmmm... ja gut, ok, wie sagt man da so schön- touchè.
Das hatte ich nicht bedacht, das "beide gegenseitig".
Hier findet also eine gegenseitige Mühe auch statt.
 
"Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Matthäus 6:14" Ja, aber vergiss nicht, dass wir den Himmlischen Vater ja auch gebeten haben im "Vater unser - Gebet", was diesen Versen voranging: Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Das kann man auch nicht einfach so übersehen, oder?
Diese Argumentation habe ich ehrlich gesagt nicht so ganz verstanden.
Für mich ist es ein "wenn, dann", natürlich als Ergänzung, wir wissen ja, dass bei unserer eigenen vergebung der Sünden die Buße notwendig war.
 
"Und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!Kolosser 3:13 " Ja, dann aber eben wieder die Frage, ob der andere wenigstens um Vergebung bittet und es ihm leid tut....
Ja genau und darauf will ich allgemein auch hinaus. Es steht nicht "wenn aber vorher um Verzeihung gebeten wurde" oder so. Es steht "mach das"- Fakt, Punkt, ohne Ergänzung oder ein "wenn".
Ich denke da zB an eine Gemeinde, in der auch sehr viele unterschiedliche Charaktere sind. Vielleicht sind sich nicht alle gleich sympatisch. Aber wir sollen auch hier einander lieben und ertragen. Manchmal, wenn so die Emotion Liebe fehlt, weil irgendwie jaaaaa, keine Ahnung, wieso, aber irgendwie hmmmmm.... dann sollen wir einander trotzdem ertragen, denn so ist es nunmal, wenn viele unterschiedliche Charaktere aufeinander treffen. Dann gibt es aber einen gemeinsamen Nenner und der hat 5 Buchstaben: JESUS.
Hier steht auch "wenn jemand Klage gegen den anderen hat", also ist da ja scheinbar etwas, nicht nur ein "ich mag den nicht soooo dolle." Und steht da was von "wenn der andere es bereut und einsichtig ist?" Nein, und das finde ich als einen wichtigen Hinweis.
 
Jetzt, wo ich das schreibe fällt mir ein, dass es aber solche Belastungen gibt, die man anderen Leuten wohl noch nachdem sie tot sind, ankreidet. Verstehen kann ich das nicht, aber ich weiß, dass es solche nachtragenden Menschen gibt, die sich damit belasten.
Ganz kurz dazu, ich denke, dass es tatsächlich Dinge gibt, bei denen wir wissen, dass andere Taten zu Emotionen und manchmal auch schlimmen Traumas geführt haben. Das ist nicht immer ein "ankreiden", das kommt auf den menschen an. Manchmal ist es einfach Fakt, dass eine Tat dazu geführt hat und ein anderer mensch auch nach dem Ableben dieses Menschen darunter zu leiden hat.
Ich selbst habe auch solche Probleme, weiß, woher sie kommen (nusskeks nannte auch Beispiele), würde aber nicht von einer Anklage sprechen, weil ich vergeben habe, wohl aber in der Verarbeitung die Ursache benennen kann, um anschließend besser nach vorne schauen und damit umgehen zu lernen.
 
"Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben. Lukas 6:37 " Diesen Vers würde ich in einem anderen Zusammenhang sehen (Manche Pharisäer richteten gern und legten andere unsagbare Lasten auf, hielten sich aber selbst nicht dran)
Oh, jetzt habe ich aber nochmal schnell nachgeguckt.
Das wäre es ja- im anderen Thread spreche ich über Kontext und Zusammenhänge und in diesem mache ich den Fehler und bedenke ihn nicht..? ;-D
 
Puh, aber ich habe nochmal nachgeschaut- der Vers ist Inhalt vieler einzelnen Infos. Viele Anweisungen zum täglichen leben sind da. In vers 27 beginnt Jesus mit "ihr, die ihr zuhört...." also sind ja allgemein die Menschen in der Umgebung gemeint.
Zuvor hatte er mit den Jüngern gesprochen, im Anschluss kamen Gleichnisse.
 
Ich denke daher nicht, dass es aus dem Zusammenhang gerissen wurde, sondern ein Teil von mehreren Teilen, die alle separat genannt wurden.
 
Da trat Petrus hinzu und sprach zu ihm: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist's genug siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal. Matthäus 18:21-22 " So liebste Cleo, erwischt!!! Das war ja genau die Stelle, wo dann das Gleichnis vom "Schalksknecht" folgte, der den König ja auch um Vergebung bat und im Querverweis der Hinweis, dass es den anderen reuen muss.
 
 
Jaaa, und da war große Schreck ;-D
 
Genau, also ich habe mir den Teil auch nochmal angesehen.
 
Ja, man kann später begründen, weil Jesus das Gleichnis brachte von der Person, die zuvor die Schulden getilgt bekommen hat, nachdem der Schuldner um Gnade bat, kann ich gut nachvollziehen.
Aber ich sehe es hm, etwas anders:
Im Gleichnis wurde immer ein Thema bildlich dargestellt, um es besser zu verstehen.
Was war der Schwerpunkt? Die Zahl der Schuld? Die Berufe der jeweiligen Personen? Nein, sie waren nebensächlich, im Schwerpunkt ging es darum, dass dem Mann vergeben wurde und er selbst eine viel geringere Schuld nicht vergab. Und so ist es bei uns- bedenken wir mal, welch große Last der Herr uns genommen hat, er hat uns befreit, beschenkt, geliebt, so unendlich viel... ja, und dann komme ich mit meinem kleinen Wehwehchen (extra überspitzt gesagt) und will meinem gegenüber die kleine Kränkung des Egos nicht verzeihen...?
Es geht vor allem um die Relation.
 
Nun, Petrus, vor dem Gleichnis, hat gefragt, wie oft er vergeben soll.
Jesus hat nicht gesagt "du sollst 70 mal 7 mal vergeben, wenn du vorher Buße erfahren hast" oder Ähnliches, nein, er sagte "vergebe 70 mal 7".
 
Und dann, um es zu versinnbildlichen, hat er ja das Gleichnis gebracht.
 
 
Ich zitiere aber auch nochmal eines, was ich danach schrieb und ich glaube, dass dies eines der Kernaussagen ist:
 
Am markantesten aber finde ich hier folgende Bibelstelle: "Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben. Matthäus 6:15 "
 
Liebe Grüße, Cleo
 
PS: Gewitter hat aufgehört, aber Hund und Katze verkriechen sich immernoch bei mir.... jetzt wird ganz arg geknuddelt
 

Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder

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pray

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Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

von pray am 12.08.2020 21:02

Liebe Cleo,
danke für deinen "Senf" , ich verstehe auch, was du meinst. Wahrscheinlich hakelt es alles etwas fest, weil nicht so ganz klar wurde, ob es nun um normale
Unterschiedlichkeiten, Nickelichkeiten, geht oder um handfeste Dinge.
Ich finde das immer schön, wenn wir Dinge zusammentragen - aber im Endeffekt wird es hoffentlich so sein, dass uns Gottes Geist, Gottes Sohn, Friedefürst
richtig leitet.

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Burgen
Gelöschter Benutzer

Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

von Burgen am 12.08.2020 21:55



Hallöchen 

ja, wenn man alles an Parallelstellen usw. zusammenträgt, kann man schon ein bisschen "ins Schleudern" kommen. 

Doch für mich ist die Quintessenz wirklich, dass Vergebung die "Kehrseite" der Liebe ist. 

Und die gilt es wohl für die meisten Menschen wirklich zu lernen. Immer wieder neu. Darin liegt die Herausforderung des Lebens. ;) 



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geli
Gelöschter Benutzer

Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

von geli am 13.08.2020 17:39

Ich habe jetzt nicht alles durchgelesen, und bin wohl auch etwas spät dran, um noch zu schreiben. Aber das ist wirklich ein Thema, das sicherlich jeden Christen beschäftigt. Auch mich, und dazu habe ich für mich persönlich eine Antwort gefunden.

Vergeben - da steckt drin: "weg"- geben. Etwas, das weg ist, ist schon im Besitz eines anderen, wenn es z.B. darum geht, eine Sache, die in der Zeitung angepriesen wird, kaufen zu wollen. "Ist schon vergeben", heißt es dann. Also nicht mehr da, nicht mehr zu haben.

Genauso verstehe ich auch die Vergebung, wenn es um Menschen geht, die ihre Schuld nicht einsehen oder sie nicht erkennen.

Wenn ich diese Schuld also vergebe, dann gebe ich sie weg. Hin zu Christus. Der ist für Schulden aller Art zuständig 

Damit ist die betreffende Sache nicht mehr eine Sache zwischen mir und der Person, die an mir schuldig wurde, sondern eine Sache zwischen dieser Person und Christus. Und er wird wissen, wie er damit umgeht.

Ich bin damit diese Last los.
Ein anderes Thema ist dann, wie ich Heilung finde. 

Und auch ein anderes Thema wäre, ob man diese Person dafür zur Rechenschaft ziehen sollte. Ich denke aber, dass muss dann jeder selbst entscheiden.
Im Falle des Beispiels von dem gestohlenen Geld während des Hauskreises würde ich die Sache auf jeden Fall ansprechen und auch die Rückgabe des Geldes fordern.
Aber so "einfach" liegt ja nicht jeder Fall, da gibt es keine "Regel", die man immer anweden könnte.



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Cleopatra
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Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

von Cleopatra am 14.08.2020 11:53

Liebe geli,
 
deine Worte erinnern mich an meine Erziehung- ja, irgendwie haben meine Eltern auch das mal bei mir versucht ;-D
 
Mir wurde beigebracht, wenn ich etwas vergeben habe, dann wird es auch nicht mehr zB im Streit als Argument oder Vorwurf genannt.
Es hat bestimmt auch etwas mit dem Bibelvers zutun, in dem es heißt, dass Gott die Sünden ins tieftse Meer wirft, denn von dort aus kommen sie auch nicht mehr heraus.
 
Vergessen ist ja etwas anderes. 
 
Aber diese Sache jemanden weiterhin vorwerfen (und ich denke, da geht es vor allem um das innere, eigene "vorwerfen"), das sollte man nicht mehr.
 
Eigene Emotionen benennen sollte man aber natürlich schon und ehrlich sein.
Ich denke, ich würde die Person auch auf das Geld ansprechen, anschließend aber nicht mehr immerwieder vorwerfen.
Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass man innerlich natprlich vorsichtiger wird und zB das Geld in Zukunft besser weglegt, was kein Vorwurf bedeutet, sondern eben Prophylaxe einer weiteren Schuld.
 
Liebe Grüße, Cleo
 

Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
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Antworten Zuletzt bearbeitet am 15.08.2020 09:25.

Cosima
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Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

von Cosima am 14.08.2020 13:09

Hallo liebe pray, 

seit du diesen Thread eröffnet hast, wollte ich dir schon antworten, habe es aber aus 
Zeitgründen nicht geschafft. 
Jetzt versuche ich, dir meine Gedanken über das Thema "Vergebung", zu schreiben. 

Ich habe ziemlich einschneidende Erfahrungen damit gemacht. Als ich sehr jung war, 
Jesus schon kannte, aber noch nicht wiedergeboren war, wurde ich sehr verletzt, immer 
wieder und auch in schriftlicher Form. Meine Familie hat mir geraten, etwas dagegen zu 
unternehmen, um das zu beenden. Doch ich war nicht bereit dazu. Ich hatte den Eindruck, 
dass diese Frau Hilfe braucht. Ich konnte ihr vergeben, denn was sie gegen mich aussagte, 
waren Lügen. Ich habe sie nicht richtig gestellt. 

Als ich Christ wurde, habe ich viel für sie gebetet und sie gesegnet. Ihr Hass auf mich war 
immer noch spürbar. 

Nach etwa vierzig Jahren hat sie mich um ein Gespräch gebeten. Ich willigte gern ein und es 
wurde auch für mich gebetet, von meinem Gebetskreis. Und da sagte sie mir:
Sie sei zur Beichte gewesen und der Pfarrer hat sie darauf hingewiesen, dass sie mich um
Vergebung bitten muss, sonst wird sie keinen Seelenfrieden haben, den sie sich so sehr
gewünscht hat. 

So konnte ich ihr erzählen, dass ich ihr schon lange vergeben hatte, und für sie gebetet 
habe, mein Herz war offen für sie. Von ihr habe ich dann erfahren, warum sie mich so 
behandelt hat. Auch sie war eine Frau, die Schweres erlebt hat und davon nicht frei wurde, 
weil sie Jesus Christus erst im Alter begegnet ist. Sie wurde noch frei, Gott sei Dank! 

Ich weiß, dass es nie zu spät ist, um Vergebung zu bitten. Natürlich ist das Maß des Vergehens
auch ausschlaggebend, für den Täter und das Opfer. 
Und man kann sich immer von Jesus Christus helfen lassen, dass das Herz frei wird von Verurteilung. 
Den Frieden, den er dafür schenkt, der ist es wert - zu vergeben! 

Grüße von Cosima. 


Die Liebe gibt nie jemand auf, in jeder Lage vertraut und hofft sie für andere; alles erträgt sie mit großer Geduld. 1.Kor.13:7 GNB

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Cleopatra
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Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

von Cleopatra am 14.08.2020 14:29

Liebe Cosima,
 
dein Beitrag hat mich wirklich sehr berührt, zum einen zeigt es, wie sogar lange, wiederholte Verletzungen vergeben werden können, aber auch, dass Reue möglich ist.
 
Ich fühle mich ermutigt, auch ein Beispiel zu nennen:
 
Nach meinem Unfall 2007 war ich in einigen Rehas und Kliniken, alle kurz hintereinander, die Lücken waren gefüllt mit ambulanten Therapien.
 
Als ich in der Klinik war, konnte ich selbstverständlich auch in der Seelsorge nicht tätig sein, auch war ich nicht mehr viel am Handy, da ich ja in den Therapieeinheiten das Handy im Zimmer liegen hatte.
 
Eine Person hat dies nicht verstanden und mich enorm unter Druck gesetzt.
 
Ich erhielt SMS inhaltlich wie "wenn du dich jetzt bei mir nicht meldest, nehme ich die vielen Medikamente, die da bei mir liegen" oder "ich stehe gerade oben auf der Brücke...." und so, ich wusste aber auch nicht, wo genau diese Person war (übers Internet kennengelernt).
 
Da ich selbst natürlich auch emotional sehr angeschlagen war, hat mich dieser Druck enorm fertig gemacht.
 
Ich habe irgendwann den Kontakt bewusst abgebrochen, daraufhin habe ich gelernt, was Vergebung bedeutet:
 
Vergeben bedeutet nicht Vergessen.
Vergeben bedeutet auch nicht, sich immerwieder in gefährliche Situationen zu begeben.
 
Ich habe der Person immerwieder vergeben und ihr "eine neue Chance gegeben".
Also wurde ich wieder neu unter Druck gesetzt.
 
Wieder "musste ich ihr vergeben, weil ich ja ein anständiger Christ bin" (so war es gefühlt).
Und wieder wurde ich neu enttäuscht und unter Druck gesetzt.
 
Ich habe mich damals viel beschäftigt mit diesem Thema. Ich weiß nicht mehr, wie genau ich dazu kam, aber irgendwann wurde mir klar, dass ich dieser Person weiterhin von Herzen vergeben darf, was aber nicht bedeutet, dass ich immerwieder neu den Kontakt zustimme, der mir ja nachweislich immer mehr gesundheitlich schadete (ich war ja selbst noch völlig angeschlagen und Krank).
 
Ich habe dieser Person noch einmal gesagt, dass ich ihr von Herzen vergebe, aber den Kontakt abbreche.
 
Dies hat diese Person nicht akzeptiert.
 
Sie suchte Kontakt über andere Christen (es war bei Glaube.de, sie meldete sich mehrmals unter anderen Nicknamen an und versuchte, über den Kotakt anderer Mitarbeiter Kontakt zu mir zu bekommen nach dem Motto "nu schau doch Cleo, gib ihr eine Chance, schau, wie reumütig sie ist", was mich zuerst neu unter Druck setzte, denn ich wollte ja nicht verbittert oder so sein).
 
Nun, jetzt sind ca 12 Jahre vergangen und wenn ich an diese Person denke, dann denke ich liebend an diese Person.
 
Ich wünsche ihr, dass sie Gott näher gekommen ist, ein schönes Leben hat, einfach alles erdenklich Gute.
 
Aber den Kontakt zu ihr wünsche ich einfach weiterhin nicht, erst Recht nicht über das Verbergen der eigenen Person.
 
Ich kann aber auch im Nachhinein nicht sagen, dass alles nicht so schlimm für mich gewesen wäre oder so.
 
Ich rede es nicht klein, ich weiß, dass ich sehr darunter gelitten habe, das ist Fakt.
Aber ich trage dieser Person nichts nach, weil ich die Zeit und Situation als negativ erlebt habe, nicht den Menschen an sich.
 
Ich denke, so ist auch gelebte Vergebung, ein Beispiel eben dafür, wie ich selbst Vergebung sehe.
 
Hier wurde ich mehrmals um Vergebung gebeten, aber es wurde immerwieder wiederholt.
 
Ich weiß, hier geht es darum, wenn eine Person es nicht reut, ob die Person dieses "Entschuldigung" ernst gemeint hat oder nicht (schließlich änderte sich das Verhalten nicht), mag ich nicht beurteilen.
Aber ich denke, es ist eine Ergänzung zum großen Thema Vergebung.
 
Liebe Grüße, Cleo
 
 
 
PS: Bevor es falsch verstanden wird: Die Person war weiblich
 

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geli
Gelöschter Benutzer

Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

von geli am 14.08.2020 19:47

Cleo: Aber diese Sache jemanden weiterhin vorwerfen

Liebe Cleo, wenn ich Deine Antwort auf meinen Beitrag lese, kommt es mir vor, als hättest Du mich total falsch verstanden? Vielleicht auch wegen dem Beispiel mit Deinen Eltern, dass Du bei diesem Thema "vorgeschädigt" bist? 

Mir ging es gar nicht darum, jemandem etwas vorzuwerfen. Mir ging es darum, wie ich die Last, die jemand dadurch auf mich legt, dass er mit Schaden zufügt. am besten aus meinem Leben wegbekomme und wieder eigenen Frieden finden kann.

Das bedeutet aber nicht, dass man nicht Gefühle benennen darf - bevor ich eine "Last" an Jesus ver-gebe, ist es sogar sehr hilfreich, sich die Gefühle, die man hat, einzugestehen und sie auch im Gebet - unter Umständen mit jemandem zusammen - vor Gott zu bringen. 

Das bedeutet meiner Meinung nach auch nicht, dass man dem anderen eine Sache nicht "vorwerfen" darf. Zwar nicht im Zorn, aber dennoch ist es manchmal hilfreich, eine Sache bei dem anderen anzusprechen, um eine Lösung zu finden.

Aber das Thema war ja: Wenn es jemanden nicht reut, bzw. wenn jemand seine Schuld nicht zugibt oder nicht erkennt.
Dann wird es in den meisten Fällen so sein, dass man es erst gar nicht zur Sprache gebracht hat, oder dass das Ansprechen der Sache zu nichts geführt hat.

Da hat, finde ich, Cosima ein gutes Beispiel gebracht.
Sie hat vergeben - also die Schuld an Jesus weitergereicht - und so war die Sache nun in seiner Hand. Es war nun eine Sache zwischen ihm und dieser Frau. Ja, und er hat - wenn auch erst nach vielen Jahren - dieser Frau ihre Schuld bewußt gemacht, und so konnte die Beziehung mit dieser Frau geklärt werden.

Das ist, was Gott, bzw. Jesus tun kann, wenn wir vergeben - wenn wir die Person des anderen samt seiner Schuld  in seine Hände legen.

Und selbst, wenn eine Sache nicht so gut ausgeht wie mit dieser Frau nach 40 Jahren, wenn derjenige seine Schuld nie einsieht, so können wir dennoch Frieden über einer Sache finden, weil wir wissen, diese Schuld ist bei Jesus am besten Ort der Welt. Die Last der Schuld der anderen ist bei Jesus am Kreuz auf jeden Fall besser aufgehoben als wenn sie in unserem eigenen Herzen Unheil anrichtet!

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pray

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Beiträge: 995

Re: Muss man dem Anderen vergeben, auch wenn es ihn nicht reut?

von pray am 14.08.2020 23:28

Liebe Cosima,

 

du schriebst, dass du sogar dir angetanes Unrecht klaglos hingenommen hast. Dein Verhalten finde ich echt bemerkenswert - vor allem bei dem wunderbaren Ausgang mit einer Bekehrung der "Widersacherin".

Ich weiß nicht, ob ich das auch so gemacht hätte. Ich denke an Joh. 18,23: Jesus entgegnete ihm: Wenn es nicht recht war, was ich gesagt habe, dann weise es nach; wenn es aber recht war, warum schlägst du mich?

Auf jeden Fall freue ich mich, dass dank Gottes Weisheit und deinem Frieden alles so gut wurde. Mehr schaffe ich heute wohl nicht zu schreiben, ist schon soooo spät und soooo warm.

 

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