Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

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solana

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Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

von solana am 13.03.2015 11:06

1. Tim 6, 8 Wenn wir aber Nahrung und Kleider haben, so wollen wir uns daran genügen lassen. 9 Denn die reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Verstrickung und in viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen versinken lassen in Verderben und Verdammnis. 10 Denn Geldgier ist eine Wurzel alles Übels; danach hat einige gelüstet und sie sind vom Glauben abgeirrt und machen sich selbst viel Schmerzen.

 

Wenn jemand in der heutigen Zeit so lebt , dann ist das total konträr zur Lebensweise unserer Zeit, steht dem "Wirtschaftsmotor" entgegen, ist praktisch "Konsumverweigerung"
Stösst er da nicht auf Unverständnis in seiner Umgebung und sein Zeugnis als Christ leidet darunter, wird eher ein "Armutszeugnis" - in dem Sinne: "Na, wer sonst nichts hat, der sucht eben Halt im Glauben."
Wenn man dagegen die Verkündigung des "Wohlstandsevangeliums" betrachtet, die ist viel "ansprechender" und sie haben viel Zulauf.

Nun sind wir ja aufgefordert, "uns nicht der Welt gleich zu stellen" (Röm 12,2) uns im Bewusstsein und Denken zu verändern und von daher zu leben.
Auf der anderen Seite sagt Paulus von sich, dass er "allen alles geworden ist" - den Juden ein Jude, den Griechen ein Grieche, denen unter dem Gesetz/ohne Gesetz/Schwachen usw entsprechend (1. Kor 9, 19-22)

Was meint ihr dazu?
Gruss
Solana

angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver

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StefanS

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Re: Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

von StefanS am 13.03.2015 15:42

Liebe solana,

ich sehe Genügsamkeit nicht als "veraltete" Tugend.
Ja, es ist eine Tugend, zumindest aber eine Lebenseinstellung.

Gut ist es doch, wenn man trotzdem mit materiellen Dingen gesegnet ist, oder? 
Materielle Armut ist ja nicht erstrebenswert, um genügsam zu sein.

Demzufolge sehe ich gerade keine direkte Verbindung zum Thema "Wohlstandsevangelium" und/oder materielle Armut.
Ich halte mich für materiell gut versorgt und trotzdem genügsam.

LG StefanS


 

So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.

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solana

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Re: Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

von solana am 13.03.2015 16:30

Lieber Stefan
Ja, zugegeben, das war ein bisschen überspitzt formuliert .

Es ist ja nicht so, dass Reichtum prinzipiell als etwas Schlechte anzusehen ist (auch wenn sich bspw Jesu Wort vom Kamel und dem Nadelöhr in diese Richtung interpretieren lässt).
Auch im 1. Timotheusbrief wird nachfolgend nicht gesagt, dass die Reichen alles weggeben sollen:

1. Tim 6, 17 Den Reichen in dieser Welt gebiete, dass sie nicht stolz seien, auch nicht hoffen auf den unsicheren Reichtum, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darbietet, es zu genießen; 18 dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gerne geben, behilflich seien, 19 sich selbst einen Schatz sammeln als guten Grund für die Zukunft, damit sie das wahre Leben ergreifen.

Worum es mir in Verbindung mit dem Wohlstandsevangelium ging, war die unterschiedliche Einschätzung des Reichtums, so wie du auch schriebst:

Gut ist es doch, wenn man trotzdem mit materiellen Dingen gesegnet ist, oder?

Während hier im Text hört es sich eher so an, als würde Reichtum nicht als "anzustrebender Segen" angesehen, sondern:

9 Denn die reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Verstrickung und in viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen versinken lassen in Verderben und Verdammnis. 

Also der Wunsch nach Reichtum ist "verderblich", weil er in die Versuchung führt.

Hört sich für mich ein bisschen so an: "Na ja, wenn einem "Reichtum zufällt", dann kann man es eben nicht ändern, dann muss man halt durch die Versuchung hindurch und sich um so mehr darin üben, sein Vertrauen auf Gott zu setzen."
Aber ein "Segen" ist es nicht und "anzustreben" schon gar nicht.
Oder wie wirken diese Formulierungen auf dich?
Gruss
Solana 

angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver

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marjo
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Re: Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

von marjo am 13.03.2015 16:54

In dem "sich genügen lassen" ist mir Paulus im Zusammenhang mit Philipper 4,10ff ein großes Vorbild und eine Hilfe. Zwar hatte ich noch nicht richtig Hunger aber ich war lange Zeit arm und der Hunger ist mir begegnet. Zufriedenheit in jeder materiellen Lebenslage ist ein echter Gewinn für das Leben, wirkt entspannend und bewirkt Gelassenheit im Vertrauen auf Christus.

Viele grüße,
marjo 

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solana

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Re: Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

von solana am 13.03.2015 17:07

Marjo schrieb:

Gelassenheit im Vertrauen auf Christus

Hallo Marjo
Das, finde ich, ist ein sehr gutes Stichwort, darum geht es.

Und hier liegt wohl auch eine grosse Gefahr, wenn einem der Reichtum sehr viel bedeutet. Dann "sorgt" man sich darum, reich zu werden, wenn man keinen Reichtum hat und man "sorgt" sich darum, den Reichtum zu mehren und nichts zu verlieren, wenn man Reichtum hat. 
Wer reich ist, soll "auch nicht hoffen auf den unsicheren Reichtum, sondern auf Gott,"...."damit sie das wahre Leben ergreifen."
Gruss
Solana

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wideawake
Gelöschter Benutzer

Re: Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

von wideawake am 13.03.2015 21:45

Oh, schönes Thema. Damit hat wohl jeder zu kämpfen, stehen doch die Versuchungen endlos an jedem Ort.

Es gibt ein Wort, was man nicht mehr oft höhrt " Ich habe GENUG " !

Ich dachte mal an meine schönsten Momente im Leben zurück oder die Dinge die mich glücklich machen. Mir viel nichts ein was irgendwie mit Reichtum zusammen hing. Es waren eher Dinge, wie im Stroh liegen und in den Wolken, Dinge erkennen. Oder Pilze sammeln. oder die Geburt meines Sohnes.

Dinge die ich geschafft habe und überwunden, Erlebnisse, schöne Gespräche, barfuß tanzen auf nassen weichen Rasen. Ich wüßte auch gar nicht was ich mit vielen Reichtum anfangen sollte ? Mir Tag und Nacht den Kopf darüber zerbrechen ?

Eigentlich ist es ja auch so, dass alles was mir gehört auch Gott gehört und alles was ihm gehöhrt auch mir gehöhrt. Denn ich gehöre ihm ! Weil ich ihn mir ja zum Herrn ausgewählt habe und er gehört mir , weil er versprochen hat, er läßt mich nicht mehr allein.

Johannes 17
...9Ich bitte für sie und bitte nicht für die Welt, sondern für die, die du mir gegeben hast; denn sie sind dein. 10Und alles, was mein ist, das ist dein, und was dein ist, das ist mein; und ich bin in ihnen verklärt.


Ja und wenn ich dann so durch diese schöne materielle Welt flitzte und das alles sehe, denke ich öfters wozu das alles ? Erstens kann ich nichts mitnehmen und zweitens  eine Eigentumswohnung im Himmel habe ich schon. Ich habe genug, geb denen die weniger haben oder fast nichts.
Aber ist eben nicht immer so einfach.

Jedenfalls habe ich jetzt drei Packungen Eier im Kühlschrank ( keine Ahnung ob die Hühner gerade ne Hochleistungsphase haben ) und mich entschieden, dass ich für dieses WE genug im Kühlschrank habe und der geplante Einkaufszettel reduziert wurde.

oder sind die schon für Ostern ? hmm ... ich weiß ja gar nicht ob ich da noch lebe, also werden sie jetzt gefuttert !

Es gibt soviele wichtigere Dinge für uns Menschen die wir brauchen , um heil zu sein, als materieller Reichtum und ich wünschte mir, selbst wenn es Menschen mit Reichtum gibt und sie damit gesegnet sind, ihn nicht zum Götzen werden lassen.

liebe Grüße * widi*

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solana

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Re: Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

von solana am 13.03.2015 22:13

Ja, Dörte, da hast du sehr recht.
Ich freue mich auch mehr an nicht materiellen Dingen und freue mich auch daran, dass ich vieles nicht nötig habe, was andere meinen, unbedingt zu brauchen für ihr Glück. Das gibt viel Freiraum und Unabhängigkeit.

Aber ich habe ja auch gut reden, ich bin selbständig und unabhängig.

Wen ich mir dagegen folgenden Fall vorstelle:


Jemand hat einen guten Job, verdient genug, damit die Familie gut versorgt ist, bei dem kein Mangel herrscht, aber auch kein Luxusleben drin ist.

Der Chef erkennt, dass in diesem Mitarbeiter "noch grösseres Potenzial" liegt - und bietet ihm eine bessere Position im Unternehmen an. Die beinhaltet ein wesentlich höheres Gehalt, verlangt aber auch "vollen Einsatz", Bereitschaft zu Überstunden, Weiterbildung in der Freizeit, "Flexibilität", ständige Verfügbarkeit. ...ein Sprungbrett für die ganz grosse Karriere mit noch viel mehr Geld aber auch noch viel mehr Engagement.

Was nun? Wie die Prioritäten setzen als Christ?

"Sich genügen lassen" mit "ausreichend Nahrung und Kleidung", lieber die freie Zeit mit der Familie verbringen und sich bspw in der Gemeinde engagieren?
Wenn man sich nach dem richtet, was in der zitierten Timotheusstelle steht, wäre das wohl angeraten.

Wie würde man da im Betrieb bei den Kollegen und beim Chef angesehen?
Als "weltfremder Träumer, als "Weichling", der Herausforderungen scheut und nicht bereit ist, Leistung zu bringen? Der untauglich ist für die Anforderungen des modernen Arbeitslebens?
Werden ihn die Kollegen nicht vielleicht sogar meiden, um von Chef nicht mit ihm in einen Topf geworfen und als "arbeitsscheu" eingestuft zu werden?
Kann man heutzutage im Arbeitsleben überhaupt noch "sich genügen lassen" mit dem, was man zum leben braucht, ohne schief angesehen zu werden?
Was meint ihr?
Gruss
Solana 

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StefanS

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Re: Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

von StefanS am 13.03.2015 22:22

Das hast du schön gesagt liebe *widi*
Ja, nichts ist mir an schönen und wertvollen Momenten in Erinnerung, die mit materiellem Reichtum zu tun haben. 
Reich bin ich, weil ich ein Gotteskind bin. Die Momente auf meinen Knieen waren meine wertvollsten. 
Lieber Gruß
Stefan  

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wideawake
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Re: Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

von wideawake am 13.03.2015 22:33

Oh liebe Solana, diese Situation habe ich mir auch schon vorgestellt ! Wenn mich mein Chef fragen würde, denn unsere Praxis wird immer beliebter und da ich weiß, wie man krank wird, weiß ich auch wie man heil bleibt und super Idee, dass so zu beschreiben, vor was und welchen Entscheidungen ( Versuchungen) man so steht und vielen Dank für dein Bemühen und deine Zeit .

Nach meinen Erfahrungen würde ich glatt weg sagen " Danke für die Anerkennung, aber ich habe genug und bin zufrieden mit den Herausforderungen und es wäre sicher eine bessere Lösung noch einen anderen vielleicht arbeitslosen Menschen einzustellen ! " hmm ... vielleicht noch, wenn ich richtig mutig wäre ; " Mir ist die Zeit mit meiner Familie und meinem Freunden wichtiger und auch die Zeit für Erholung, ja und wissen Sie, ich vertraue auf Gott und wenn mir etwas fehlen sollte, wird er es mir zu kommen lassen  ! Ich bin so wie es ist glücklich ! "

Jedenfalls müßte mein Chef, noch jemanden einstellen. Da bin ich lieber ein vollkommende 31h Stunden Kraft und komme mit dem klar was ich habe, denn an sich ist es genug, als eine gestresste 45 h Stunden Kraft, hat keiner was davon ! Massenabfertigung gibt es schon genug und das ist nicht Sinn meines Lebens ! Daran hätte ich keine Freude mehr, da würde ich eher mit Gott einen anderen Weg suchen.

Weist du, warum ich so denke ? Weil ich die vielen kaputten und kranken Menschen behandele, die so nicht entschieden haben und ich nicht einer von ihnen werden möchte, wer soll sie dann behandeln ? Sicher habe ich einen Vorteil, ich habe meinen festen Halt und Glaube an Gott !

Sicher haben wir mehr Potenzial, aber das braucht man für die "Wüstenzeit" und ikann kein Dauerzustand sein !

hmm ... neugierig was die anderen dazu schreiben

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StefanS

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Re: Sich genügen lassen - eine veraltete Tugend?

von StefanS am 13.03.2015 22:33

Liebe solana, 
die Bereitschaft, Karriere zu machen und Einfluss in unserer Gesellschaft auszuüben ist nicht das Gegenteil von Genügsamkeit.
Bei dir hört es sich aber so an.
LG Stefan 

So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.

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