Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
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Re: Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
von Greg am 30.07.2015 13:59Es ist vielleicht so, das Gott im Vorfeld ausgesucht hat wer erretet wird und wer nicht.
Dazwischen können Paradiesvögel und Knallfrösche heisse herdplatten meiden. Wenn sie zur verdammnis ausgewählt worden sind, ist es halt so und es wir ihnen sehr heis werden.
Ich bin eine fröhliche Knackwurst!
Re: Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
von Greg am 30.07.2015 14:05Ich frage mich: Wann wird es endlich wieder Sommer? Mit Rudi Karell wie es früher einmal war.
Ja, fruchtig ist es schon. Ich schüttel gerne eine katholische hand und sage: der wille ist frei.
Ich bin eine fröhliche Knackwurst!
Re: Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
von solana am 30.07.2015 14:51Ich schüttel gerne eine katholische hand und sage: der wille ist frei.
Ja, ich denke auch, in vielen Dingen haben wir schon eine Entscheidungsfreiheit, die wir nutzen sollten.
ZB bei der Entscheidung, ob wir uns in einem Forum konstruktiv einbringen oder lieber Unsinn schreiben und wie wir miteinander umgehen .
Gruss
Solana
angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver
Re: Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
von Greg am 30.07.2015 15:15Ich entscheide mich für Unsinn!
So und jetzt gehe ich mal wieder und schau mal später vorbei.
Ich bin eine fröhliche Knackwurst!
Re: Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
von Pal am 30.07.2015 19:02Hey Greg das ist prima, wenn der "Unsinn" geht, bleibt ja nur noch der Sinn! -
Wobei ich deine verrückten Knackwurst-Beiträge mitunter mag...
Re: Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
von BibleDictionary am 30.07.2015 22:34Hallo, Solana!
Wie ich finde, hast du hiermit sehr schön das Problem des "natürlichen Menschen" auf den Punkt gebracht, um nicht zu sagen: Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen ...
Die Frage ist halt, wie lange er sich damit identifiziert: bis er sich "frei" entscheidet, seinen Willen Gott zu unterstellen? Gerade aber sprachen wir noch davon, dass er in seinem Willen ja versklavt ist und gerade dort sein größtes Problem liegt: Er kann sich Gott nicht unterwerfen, weil er es nicht will; und er will es nicht, weil seine sündige, selbstbestimmt orientierte Natur es ihm nicht erlaubt, und er hat nicht die "Freiheit", sich aus den Kräften seiner verdorbenen Natur gegen seine verdorbene Natur zu entscheiden und sich dem Willen Gottes zu unterwerfen. Erst wenn Gott durch die Verkündigung des Evangeliums Licht ins Dunkel schickt und den bisher verfinsterten Verstand erleuchtet – ihn also aus seinen Fesseln befreit –, ist der Mensch frei, das zu erkennen und zu wollen, was Gott will.
Ich würde also folgende Aussage für diskutabel halten:
Wenn die o.g. Ausgangsüberlegungen stimmen, stellt sich die Frage, inwieweit wir (als Unbekehrte) wirklich noch "frei" sind, unseren Willen Gott zu unterstellen, und inwieweit man das überhaupt "Freiheit" nennen darf; denn wenn wir erst "in Christus" frei sind (nämlich von der Herrschaft der Sünde [einschließlich frei von einem der Sünde versklavten Willen?]) und damit abhängig von ihm (es gibt dann kein Zurück mehr), können wir vorher, wenn wir noch nicht "in Christus" sind, im Grunde gar nicht frei sein, uns gegen die Sünde zu entscheiden, weil die Sünde unser Wesen ist. Hat der unbekehrte Sünder hingegen die Freiheit, sich für Christus zu entscheiden, ergibt sich folgende (hypothetische) Szene:
1. Ich bin nicht "in Christus", habe aber die Freiheit, meinen Willen dem Willen Christi zu unterstellen und dann "in Christus" zu sein.
2. Wenn ich dann "in Christus" bin, habe ich nicht die Freiheit, ihn zu verlassen und der Welt zu verfallen, sondern ich bin an ihn gebunden.
Das führt uns nun paradoxerweise zu dem Schluss, dass ich
3. als einer, der nicht "in Christus" ist, mehr Entscheidungsfreiheit habe als jemand, der "in Christus" ist, denn der Nichtbekehrte kann sich entscheiden, Christus zu folgen oder nicht, aber der Bekehrte kann nur noch in eine Richtung folgen: Christus.
Kann's das wirklich sein?!?
Da Freiheit etwas ist, was qualitativ nur "in Christus" vorhanden ist (Joh 8,31-32.36), dürfen wir die Fähigkeit des Unbekehrten, sich für Christus zu entscheiden, entweder nicht als "Freiheit" bezeichnen – obwohl es, rein technisch gesehen, Freiheit ist –, oder aber er hat schlicht und einfach diese Fähigkeit, sich frei zu entscheiden (mit der Option, sich für oder gegen zu Christus zu entscheiden) nicht und ist, was sein Heil anbelangt, wirklich voll und ganz auf Gottes Erbarmen angewiesen.
Der von dir genannte Text (Röm 7,17) bezieht sich auf die Erfahrung des Gläubigen, der dem Fleisch nach die Natur Adams, des Übertreters, besitzt, dem Geist nach aber bereits erneuert ist und zur neuen Schöpfung gehört. Der Gläubige ist in seiner Erfahrungswelt hin- und hergerissen und tut dem Fleisch nach nicht immer das, was er dem Geist nach als richtig erkannt hat. Der Ungläubige hingegen besitzt ja gar keine zweite, geistliche Natur. Sein Denken, Fühlen und Wollen spielt sich ausschließlich auf der Ebene seiner gefallenen Natur ab. Ob er aus dieser heraus die Freiheit hat, sich Gott zu unterstellen, oder ob vorher nicht ein Werk der Gnade an ihm geschehen muss, stelle ich hiermit zur Diskussion.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf folgende Bibeltexte hinweisen, die mit dieser Thematik in Verbindung stehen:
"Jesus ... sprach zu ihnen: Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat. ... Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, dass ihn der Vater zieht, der mich gesandt hat; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag. ... Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn von meinem Vater gegeben!" (Joh 6,29.44.65).
"Aus Gnade seid ihr errettet durch den Glauben, und das nicht aus euch – Gottes Gabe ist es" (Eph 2,8).
"Euch wurde, was Christus betrifft, die Gnade verliehen, nicht nur an ihn zu glauben, sondern auch um seinetwillen zu leiden. ... Gott ist es, der in euch sowohl das Wollen als auch das Vollbringen wirkt nach seinem Wohlgefallen" (Phil 1,29; 2,13).
Mit besten Grüßen
Christian
Re: Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
von solana am 30.07.2015 23:15Die Frage ist halt, wie lange er sich damit identifiziert: bis er sich "frei" entscheidet, seinen Willen Gott zu unterstellen? Gerade aber sprachen wir noch davon, dass er in seinem Willen ja versklavt ist und gerade dort sein größtes Problem liegt: Er kann sich Gott nicht unterwerfen, weil er es nicht will;
Hallo Christian
Ich bin ja von folgenden Versen ausgegangen:
Röm 7, 17 So tue nun nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt. 18 Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. 19 Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. 20 Wenn ich aber tue, was ich nicht will, so tue nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt.
Wenn man nun annimmt, dass hier der natürliche Mensch spricht in seiner Ohnmacht, das Gute so sehr zu wollen, dass er das Vollbringen schafft - dann bleibt aber doch diese Aussage: Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht.
Ein ohnmächtiges, durch die Sünde gefangenes und gelähmtes Wollen und ein Mensch, der sich in dieser Ohnmacht erkennt.
Und aufgrund dieser Erkenntnis die Möglichkeit hat, sich zu entscheiden, Gottes Hilfe in Anspruch zu nehmen, seine ausgestreckte Hand zu ergreifen und den versklavten Willen befreien zu lassen und in Einklang mit Gottes Willen zu bringen.
Nun stellt sich natürlich die Frage, ob dieses Erkennen und Gottes Hilfe in Anspruch nehmen nur einem Menschen möglich ist, der "dem Geist nach aber bereits erneuert ist", wie du annimmst bzw zur Diskussion stellst:
Würde dem dann nicht das widersprechen, was Paulus im 2. Kapitel sagt?:
Röm 2, 14 Denn wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur tun, was das Gesetz fordert, so sind sie, obwohl sie das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz. 15 Sie beweisen damit, dass in ihr Herz geschrieben ist, was das Gesetz fordert, zumal ihr Gewissen es ihnen bezeugt, dazu auch die Gedanken, die einander anklagen oder auch entschuldigen -
Das ginge dann doch eigentlich gar nicht?
Das ist jetzt vielleicht ein bisschen haarspalterisch.
Aber wenn man stattdessen davon ausgeht, dass der Mensch überhaupt keinerlei Mitwirkungsmöglichkeit hätte, dann wäre der Mensch ja nur noch eine Marionette und es stellt sich natürlich die Frage, die Paulus in Röm 9 aufwirft:
Röm 9,19 Nun sagst du zu mir: Warum beschuldigt er uns dann noch? Wer kann seinem Willen widerstehen?
Oder wie sieht du das?
Gruss
Solana
angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver
Re: Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
von BibleDictionary am 31.07.2015 00:59Oh, eine ganz böse Frage – ganz böse ...
Wie ich das sehe, steht eigentlich gar nicht zur Debatte. Viel wichtiger ist die Frage, wie die Heilige Schrift das sieht – und ich hoffe, dass ich es nicht anders sehe als sie.
Die Aussage von Paulus in Röm 2,14 ist natürlich eingebettet in einen größeren Kontext. So weit ich das überblicken kann, geht Paulus von einem hypothetischen Fall aus (einer ansonsten von ihm ausdrücklich verneinten Rechtfertigung durch eigene Werke). Er sagt nämlich in V. 12, dass sowohl die, welche das Gesetz nicht haben (also die Nichtjuden resp. Heiden), als auch die, welche unter dem Gesetz stehen (also die Juden), verurteilt dastehen: die einen, weil sie dem, was sie von Natur aus von Gott erkennen konnten, widerstanden; die anderen, weil sie das Gesetz, das Gott ihnen gegeben hatte, übertraten. Dann fährt Paulus in V. 13 mit der Begründung fort, warum selbst die, welche unter dem Gesetz stehen, verlorengehen, indem er sagt: Vor Gott ist (durch das Gesetz) nur der gerecht, der das Gesetz erfüllt.
Dann erst sagt er:
"Wenn nämlich Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur aus tun, was das Gesetz verlangt, so sind sie, die das Gesetz nicht haben, sich selbst ein Gesetz" (V. 14) –
und da sie dieses "Gesetz", das sie sich selbst aufgrund ihres Gewissens sind, übertreten, sind die Heiden ebenso schuldig wie die Juden.
Paulus stellt die Überlegung in den Raum, dass – weil jeder Mensch, sei er Jude oder Heide, von Gott aus der Schöpfungsordnung einen "inneren Kompass" mitbekommen hat, der ihm bewusst macht, was richtig und was falsch ist (wenngleich dieser "Kompass", das Gewissen, im Zuge des Sündenfalls ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden und reichlich ramponiert ist; er reicht aber dennoch aus, um dem Menschen zu signalisieren, dass er schuldig ist, und ihn damit in die Verantwortung für sein Tun und Lassen zu stellen) – der, welcher Gottes Forderungen erfüllt, gerettet werden müsste, denn das AT kennt die Verheißung:
"Darum sollt ihr meine Satzungen und meine Rechtsbestimmungen halten, denn der Mensch, der sie tut, wird durch sie leben. Ich bin der HERR!" (3Mo 18,5).
Paulus greift in Gal 3,11-12 auf exakt diese Aussage zurück, wenn er die Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt (unter der Voraussetzung, dass man es einhält!), der zugerechneten Gerechtigkeit aufgrund des Glaubens an Jesus Christus gegenüberstellt:
"Dass aber durch das Gesetz niemand vor Gott gerechtfertigt wird, ist offenbar; denn 'der Gerechte wird aus Glauben leben'. Das Gesetz aber ist nicht aus Glauben, sondern: 'Der Mensch, der diese Dinge tut, wird durch sie leben'."
Da jedoch niemand das Gesetz gehalten hat (das ist ein wesentliches Thema von Röm 1–3!), kann auch niemand durch das Gesetz Leben bekommen.
Damit ist für Paulus klar: Alle Menschen, ob Juden oder Heiden, sind aufgrund des Gesetzes vom Sinai oder aufgrund des Gewissens in die Verantwortung gestellt, dem Gesetz oder dem Gewissen entsprechend zu folgen. Da der Jude am Gesetz und der Heide am Gewissen gescheitert ist, sind alle Menschen schuldig und darum verdammt. Das ist im Wesentlichen die gesamte Argumentationskette von Paulus in Kap. 1 und 2 des Römerbriefes.
Dass der Mensch letztlich eine Marionette sei, wenn er in seiner Freiheit, sich für Gott entscheiden, so sehr auf Gott angewiesen ist, ist natürlich der wohl älteste – und menschlich durchaus nachvollziehbare – Einwand gegen die in meinen obigen Beiträgen genannten Darstellungen. Ich würde sagen: Nein, der Mensch ist dadurch keine Marionette, weil die Marionette im Gegensatz zum Menschen über keinen eigenen Willen verfügt. Sie wird – völlig unabhängig von einem eigenen Willen – gewissermaßen zu dem "gezwungen", was sie tut, bzw. sie tut ja überhaupt gar nichts, sondern allein der, welcher sie in den Händen hält, tut durch sie etwas.
Bei der Freisetzung eines bislang der Sünde versklavten Menschen ist es völlig anders:
Er hatte bereits einen eigenen (sündigen) Willen, den Gott zwar zugelassen, aber ihm nicht die Richtung gewiesen hat. Gott hat die sündigen Entscheidungen und Taten jenes Menschen nicht selbst verursacht (das wäre der Fall, wenn der Mensch eine Marionette wäre), sondern hat den Menschen einfach seinen eigenen sündhaften Trieben überlassen. Wenn überhaupt, dann war der besagte Mensch eine Marionette seiner selbst und seines verdorbenen Wesens.
Wenn nun Gott den Verstand dieses Menschen erleuchtet und ihn im Licht seines heiligen Wesens die Abscheulichkeit der Sünde erkennen lässt (dem bislang unerretteten Menschen also seine göttliche Sicht der Dinge gibt), dann wendet sich der Mensch von der ihn zerstörenden Sünde ab und Christus zu, bei dem er Vergebung und Erneuerung zu einem Leben aus der Gemeinschaft mit Gott empfängt. Dieser Mensch ist aus der Gottesferne in die Gottesgemeinschaft gekommen. Sein Verstand wurde erleuchtet und sein Wille dadurch Gott zugeneigt. Es ist nun immer noch sein eigener Wille, er ist nach wie vor keine Marionette; doch nun entspricht dieser Wille einer Kompassnadel, die wieder Richtung "Norden" zeigt. Der Mensch ist nun befreit, Gottes Willen zu erkennen, zu suchen und zu tun. Dahinter steckt kein Zwang (wie bei einer Marionette), denn ein Zwang würde bedeuten, dass der Mensch gegen seinen eigenen Willen zum richtigen Handeln gebracht wird. Hier jedoch ist der Wille des Menschen mit Gottes Willen in Übereinstimmung gekommen, sodass der Mensch nun willig ist, das zu tun, was Gott gutheißt. Gott befiehlt, und der Gläubige folgt aus willigem Antrieb. Gezwungen wäre er, wenn er gegen seinen eigenen Willen nicht anders könnte, als Gottes Befehlen zu gehorchen.
Um noch einmal auf Röm 9,19 zurückzukommen: Es ist interessant, wie Paulus mit dem dort genannten Einwand ("Nun wirst du mich fragen: Warum tadelt er dann noch? Denn wer kann seinem Willen widerstehen?") umgeht. Er sagt nicht etwa: "Oh, das ist ein großes Missverständnis! Eigentlich habe ich das gar nicht so gemeint, wie ihr es verstanden habt!", sondern er stellt einfach eine Gegenfrage:
"Ja, o Mensch, wer bist denn du, dass du mit Gott rechten willst? Spricht auch das Gebilde zu dem, der es geformt hat: Warum hast du mich so gemacht? Oder hat nicht der Töpfer Macht über den Ton, aus derselben Masse das eine Gefäß zur Ehre, das andere zur Unehre zu machen?" (V. 20-21).
Der Einwand ist ja, dass – wenn selbst diejenigen, die gegen Gott sind, von Gott zur Erreichung bestimmter Ziele gebraucht werden (z.B. Pharao) – sie im Endeffekt ihm ja sogar dienen; warum also sollte er sie verdammen? Paulus geht einen Schritt weiter und fragt: Hat Gott nicht das Recht, nach seinem eigenen Ermessen einen Menschen zu verdammen? Immerhin lehrte Paulus in den vorausgegangenen Kapiteln, ganz besonders aber in Röm 1–2, die persönliche Verantwortung jedes Menschen aufgrund dessen, was er von Gott weiß, sei er Jude oder Heide. Wer ihn böswillig ablehnt – und jeder hat das getan –, verdient nun einmal die Verdammnis, mag er Gott auch sonst in irgendeiner Form dienlich gewesen sein. Nur weil Gott das böse Tun eines Menschen in seinem Plan so einkalkuliert, dass selbst durch das Böse eines Menschen noch Gottes Vorsätze zustande kommen, gibt das dem Menschen selber noch lange nicht das Recht, böse zu sein und Gottes Gebote zu übertreten. Aufgrund dieser Böswilligkeit seitens des Menschen hat Gott das Recht, einen Menschen nach eigenem Ermessen zu richten. Er ist nicht verpflichtet, irgendjemanden zu erretten. So weit Paulus.
Mit besten Grüßen
Christian
Re: Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
von solana am 31.07.2015 10:39Hallo Christian
Danke für deine Erklärungen.
Das hier finde ich sehr schön ausgedrückt:
Und so meinte ich das auch:
Wenn ich dich richtig verstehe, kann ein Mensch zu dieser Erkenntnis nur kommen, wenn Gott sie ihm schenkt, ihn also erwählt.
Erst dann kann der Mensch sich für Gott entscheiden - weil Gott zuvor entschieden hat, diesen Menschen zu erwählen.
Wolltest du das damit sagen?
Ich habe Paulus bisher an diesen Stellen eher so verstanden, dass er eher die Grenzen aufzeigt, was noch logisch-verstandesmässig für uns Menschen erfassbar underklärbar ist.
Und dass wir eben nicht bis ins Letzte Gottes Wirken und Plan nachvollziehen und begreifen können. Zwar einzelne Zusammenhänge erkennen , die uns helfen, unsere Situation besser zu verstehen. Dass wir aber letzendlich vor Gottes Souveränität mit unserem Verstand und unserem Ansruchsdenken kapitulieren müssen.
Also kommt es mir nicht so vor, als ob Paulus hier konkrete Wissen über Gott und sein Handeln vermitteln will, sondern eher Ehrfurcht und Demut; den Menschen vor Augen führen, dass sie hier eben an Grenzen stossen, an denen nicht mehr der Verstand in die Erkenntnis hinein führt, sondern quasi über sich selbst hinausweist.
Ich weiss nicht, ob das ich mich verständlich ausgedrückt habe.
Ja, natürlich stehen die von mir zitierten Verse in einem grösseren Argumentationszusammenhang und den hast du toll herausgearbeitet.
Und ich denke, wenn man die Schlussfolgerungen daraus zieht, kommt man tatsächlich darauf, dass kein verlorener Mensch zu Sündenerkenntnis und Umkehr, Entscheidung für Gott usw fähig ist, dass es erst Gottes Werk der Erleuchtung in ihm bedarf.
Ich selbst habe diese Schlussfolgerung nicht gezogen, weil ich mich durch den Text eher in diese Einstellung geführt sehe:
Phil 2,12 Also, meine Lieben, - wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein in meiner Gegenwart, sondern jetzt noch viel mehr in meiner Abwesenheit - schaffet, dass ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern.
13 Denn Gott ist's, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.
Also mich nicht in Wissen geführt sehe, aus das ich "bauen" kann, sondern in Ehrfurcht und Vertrauen und dahin, dass ich meinen Verstand mit seiner Logik an diesen Grenzen Gott unterstelle.
Gruss
Solana
angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver
Re: Vorherwissen, Vorherbestimmung und die anderen Eigenschaften Gottes
von BibleDictionary am 01.08.2015 13:55So in etwa, ja, wobei ich an dieser Stelle das Wort "(aus)erwählen" durch "berufen" ersetzen würde. "Auserwählt" ist jemand "in Christus", und zwar zur Teilhabe am Erbe Christi (Eph 1,4.11; vgl. Röm 8,16-17; Gal 4,6-7). Solange jemand nicht "in Christus" ist, ist er in diesem Sinne auch nicht "auserwählt"; er wird nicht aus der Welt in Christus hinein erwählt, sondern berufen. Wurde er berufen – und hat der göttliche Ruf in ihm eine Antwort im Glauben widerhallen lassen – und ist er dann "in Christus", dann ist er ein in Christus Auserwählter (Eph 1,3-4):
Die "Auserwählung" geschah also "in Christus" – und erst, wenn jemand dort angekommen ist, ist der Begriff "Auserwählter" auf ihn anwendbar. Solange ein Mensch nicht "in Christus" ist, gilt ihm die ("vorzeitliche") "Auserwählung" nicht im effektiven Sinne. Die im Ratschluss Gottes gefasste Auserwählung in Christus muss durch eine persönliche Berufung in Raum und Zeit umgesetzte Realität werden (2Tim 1,9-10):
Daraus wird ersichtlich, warum im NT im Grunde nur von Gläubigen, nicht von (noch) Ungläubigen gesagt wird, dass sie "Auserwählte" sind (Röm 8,33; Kol 3,12; Offb 17,14 u.a.; eine Ausnahme könnte 2Tim 2,10 darstellen).
Wie aus 2Tim 1,9-10 ersichtlich ist, vollzieht sich nicht durch den Ratschluss der Auserwählung in Christus vor Grundlegung der Welt die Rettung, sondern durch die in der Zeit mittels der Verkündigung des Evangeliums geschehende Berufung. Ich werde (durch Berufung) gerettet, um ein in Christus Auserwählter zu werden. Vor diesem Hintergrund versteht man vielleicht auch die Aussage (Mt 20,16; 22,14):
Zu deiner Frage, ob ich meine, dass ein Mensch nur dann zur Erkenntnis Gottes gelangen kann, wenn Gott ihm das (durch Berufung) schenkt: ja, das meine ich. Da kein Mensch aus sich heraus Gott sucht (Röm 3,9-18), muss an ihn ein wirksamer Ruf ergehen, der ihn aus der Finsternis ins Licht stellt und ihn damit befähigt, dem göttlichen Ruf im Glauben zu antworten (wie oben durch 2Tim 1,9-10 dargelegt).
Mit besten Grüßen
Christian