wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
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Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von Suchender am 12.08.2025 00:21Hallo Nusskeks,
das sind wirklich viele Gedanken deinerseits.
Ich werde heute beim besten Willen nicht schaffen, auf alle Einwände einzugehen.
Deshalb werde ich heute nur zu einem Teil deiner Gedanken Stellung nehmen und morgen weiter schreiben.
Alle anderen, deren Beiträge ich noch nicht beantwortet habe, bitte ich um Geduld, ich habe euch nicht vergessen.
1) Wie schon oben dargelegt, trägt dein Genitiv vs. Akkusativ – Einwand nicht.
Dein wiederholt vorgebrachter Versuch, den Widerspruch zwischen Apg 9,7 und Apg 22,9 durch eine grammatikalische Unterscheidung zwischen Genitiv und Akkusativ zu erklären, wirkt auch bei näherer Betrachtung konstruiert und nicht überzeugend.
Die beiden Verse im griechischen Original:
Apg 9,7: οἱ δὲ ἄνδρες οἱ συνοδεύοντες αὐτῷ εἱστήκεισαν ἐνεοί, ἀκούοντες μὲν τῆς φωνῆς, μηδένα δὲ θεωροῦντες
„Die Männer, die mit ihm unterwegs waren, standen sprachlos da, hörten zwar die Stimme (τῆς φωνῆς – Genitiv), sahen aber niemanden."
Apg 22,9: οἱ δὲ σὺν ἐμοὶ ὄντες τὸ μὲν φῶς εἶδον, τὴν δὲ φωνὴν οὐκ ἤκουσαν τοῦ λαλοῦντός μοι
„Die aber mit mir waren, sahen zwar das Licht, hörten aber nicht die Stimme dessen, der mit mir sprach (τὴν φωνὴν – Akkusativ)."
Deine Erklärung:
Du behauptest, dass:
Genitiv (τῆς φωνῆς) = Hören eines Geräusches oder Lauts
Akkusativ (τὴν φωνήν) = Verstehen des sprachlichen Inhalts
Du schließt daraus: Die Begleiter hörten etwas (Apg 9), aber verstanden es nicht (Apg 22).
Warum das nicht überzeugt:
Der Text sagt nicht „sie verstanden nicht", sondern „sie hörten nicht"
In Apg 22,9 steht klar: οὐκ ἤκουσαν – „sie hörten nicht". Das ist eine Verneinung der Wahrnehmung, nicht des Verstehens. Wäre gemeint, dass sie den Inhalt nicht verstanden, hätte Lukas das mit einem anderen Verb oder Zusatz ausdrücken können – etwa οὐ συνῆκαν („sie verstanden nicht") oder οὐ ἐνόησαν („sie nahmen es nicht wahr").
Die Genitiv/Akkusativ-Regel ist keine feste semantische Unterscheidung.
In der Koine-Grammatik ist die Verwendung von Genitiv oder Akkusativ bei ἀκούω (hören) stilistisch variabel.
Beide Formen können sowohl das Hören eines Lauts als auch das Hören einer Rede bezeichnen – abhängig vom Kontext, nicht von einer festen Regel. Beispiel: In Johannes 5,25 steht ἀκούσουσιν τῆς φωνῆς τοῦ υἱοῦ τοῦ θεοῦ (Genitiv) – und es ist klar, dass der Inhalt verstanden wird.
Deine Erklärung wirkt wie eine nachträgliche Harmonisierung.
Dein Versuch, den Widerspruch durch grammatikalische Spitzfindigkeit zu lösen, wirkt konstruiert.
Es ist auffällig, dass Lukas in zwei Versionen explizit gegensätzliche Aussagen macht – und dann in der dritten (Apg 26) die Begleiter gar nicht mehr erwähnt.
Das legt nahe, dass Lukas nicht konsistent war, und dass die Genitiv/Akkusativ-Erklärung nicht aus dem Text selbst, sondern aus dem Bedürfnis nach Harmonisierung stammt.
Daraus ist zu schließen :
Die Genitiv/Akkusativ-Unterscheidung ist grammatikalisch möglich, aber semantisch nicht zwingend.
Sie erklärt nicht, warum Lukas in Apg 22,9 explizit sagt, dass die Begleiter die Stimme nicht hörten – und sie widerspricht dem klaren Eindruck von Apg 9,7, dass sie die Stimme hörten.
Die Diskrepanz bleibt bestehen – und sollte nicht durch grammatische Konstruktionen entschärft, sondern als literarische Inkonsistenz erkannt werden.
2) Licht gesehen / niemand gesehen – „kompatibel"?
Du schreibst, es sei kompatibel, dass die Begleiter das Licht sahen, aber niemanden".
Dazu muss ich dir gleich sagen dass du irrst :
Denn auch Paulus selbst sah keine Person – in keiner der drei Versionen.
Das Licht war also nicht die Erscheinung einer Person, sondern eine übernatürliche Leuchterscheinung.
Die Aussage „sie sahen niemanden" widerspricht damit der Behauptung „sie sahen das Licht" – denn das Licht war die Erscheinung.
Hier ist nichts kompatibel, sondern schlicht widersprüchlich.
3) „Ich fiel zu Boden" vs. „Wir alle fielen"
Du deutest das als „selektive Erzählökonomie". Aber bei einem so zentralen Ereignis wie einer göttlichen Offenbarung ist nicht ersichtlich, warum Lukas in zwei Versionen die Gruppe ausblendet, und in einer dritten alle zu Boden fallen lässt.
Das wirkt nicht wie bewusste Fokussierung, sondern wie Unsicherheit, wem er welche Version erzählt hat.
Ein Beispiel aus der Kriminologie: Wenn ein Zeuge bei mehreren Vernehmungen entscheidende Details wie „wer war betroffen?" oder „was wurde gehört?" abweichend schildert, gilt das als Hinweis auf Unzuverlässigkeit oder Konstruktion.
Genau diesen Eindruck hinterlässt Lukas hier.
4) Paulus erwähnt die Blindheit nicht
Du sagst, Paulus' Briefe seien „Gelegenheitsbriefe".
Das stimmt – aber gerade weil Paulus massiv angezweifelt wurde in der frühen Kirche, hätte er jede Gelegenheit nutzen müssen, um seine Berufung glaubwürdig zu machen.
Die Blindheit wäre ein starkes Zeichen für seine göttliche Begegnung gewesen – und doch erwähnt er sie nie.
Das spricht eher dafür, dass sich Paulus und Lukas nicht abgestimmt haben – oder dass Lukas dieses Detail frei erfunden hat, um die Geschichte dramatisch zu gestalten.
5) Hellenistische Topoi vs. jüdische Theophanie
Du argumentierst, Lukas greife nicht auf griechische Motive zurück, sondern auf alttestamentliche (!) Theophanie-Sprache.
Aber die Beispiele, die du nennst – Daniel, Hesekiel, Habakuk, Mose – sind symbolische Visionen, keine historische Berichte.
Sie sind typische biblische Metaphern des Alten Testamentes, so wie auch die Schöpfungsgeschichte metaphorisch zu lesen ist.
Nur Kreationisten glauben, dass alle Tiere an einem Tag erschaffen wurden – die Mehrheit der Christen erkennt, dass sich Leben über Jahrmillionen evolutionär entwickelt hat.
Wenn man also das Lichtmotiv als „Beweis" für historische Realität nimmt, verwechselt man Symbolik mit Tatsachen.
Fortsetzung morgen - Gute Nacht
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 12.08.2025 08:40Hallo Suchender,
danke für deine sorgfältige Rückmeldung – ich greife nur die Kernpunkte auf und halte mich kurz.
1) „Hörten ... / hörten nicht" (Apg 9,7 vs. 22,9)
Du hast recht: Genitiv/Akkusativ bei ἀκούω ist keine eiserne Regel. Aber genau deshalb muss der Kontext entscheiden. In Apg 26,14 ergänzt Paulus ein Detail, das die Differenz erklärt: Die Stimme sprach „in hebräischer Sprache". Zusammengenommen ergibt sich ein stimmiges Bild: Die Begleiter nahmen etwas akustisch wahr (Genitiv in 9,7), erfassten aber die an Paulus gerichtete Rede nicht (Akkusativ-Verneinung in 22,9). Dass Lukas in der Verteidigungsrede (22) den Fokus auf die Nicht-Erfassung der an Paulus gerichteten Stimme legt, ist rhetorisch plausibel – es bleibt kein zwingender Widerspruch, sondern unterschiedliche Zuspitzung derselben Szene. Deine Einwände kenne ich; sie zeigen, dass die Kasus-Nuance nicht allein trägt – mit 26,14 jedoch ist sie textimmanent erklärbar.
2) „Sie sahen niemanden" vs. „sie sahen das Licht"
In 9,7 bezieht sich „sahen niemanden" auf die Begleiter; 22,9 sagt über dieselben: „das Licht sahen sie." Person sah niemand – Licht sahen sie wohl. Das ist kompatibel: eine überwältigende Theophanie ohne sichtbare Person für die Begleiter, während Paulus selbst bezeugt, den Herrn gesehen zu haben (vgl. 1Kor 9,1; Apg 26,16–19). Aus „Licht = Erscheinung" folgt nicht, dass „niemand sehen" das Licht ausschließen müsste.
3) „Ich fiel" vs. „Wir alle fielen"
Apg 9 und 22 fokussieren narrativ bzw. in der Ich-Rede Paulus; 26,14 liefert die zusätzliche Gruppenangabe („als wir alle zu Boden gefallen waren"). Selektive Perspektive ist kein Widerspruch, sondern normale Erzählökonomie (Redeauszüge vs. Erzählerbericht). Der Kriminalistik-Vergleich greift hier zu kurz, weil Redewiedergaben in der Antike bewusst pointieren.
4) „Paulus erwähnt die Blindheit nicht"
Argumente ex silentio bleiben schwach. Paulus meidet es, mit „Erlebniskapiteln" zu werben (vgl. 2Kor 12,1–10); er verweist stattdessen auf die Offenbarung Christi (Gal 1,15–16). Dass er die Blindheit nicht nennt, erklärt die Sache nicht weg – aber es stützt auch nicht die These, Lukas habe frei „dramatisiert".
5) Hellenistische Topoi vs. biblische Theophanie
Das Licht-Motiv ist innerbiblisch verankert (Dan 10,7; Hes 1; Hab 3,4). Eine reale Theophanie kann sich symbolisch „sprechen"; Symbolik ersetzt historische Plausibilität nicht – sie deutet sie. Lukas' Präambel (Lk 1,1–4) beansprucht historische Sorgfalt, und viele externe Details in Lk/Apg sind wiederholt bestätigt worden. Das heißt nicht „Mythos nach Drehbuch", sondern Theologie in Geschichte. Deine Verallgemeinerung (AT-Vision = unhistorisch; „nur Kreationisten...") führt vom Thema weg und setzt Prämissen, die der Text selbst nicht setzt.
Kurz gesagt: Liest man Apg 9/22 mit 26,14 zusammen, lösen sich die harten Widerspruchs-Kanten: (a) akustische Wahrnehmung vs. inhaltliches Erfassen, (b) Licht ohne sichtbare Person für die Begleiter, (c) perspektivische Kürze vs. gruppenbezogene Ergänzung. Das ist keine „rettende Spitzfindigkeit", sondern binnentextliche Kohärenz.
Mir ist wichtig (und das schreibe ich ausdrücklich), nicht nur geistlich, sondern auch historisch Vertrauen zu stärken: Lukas will verlässlich berichten; die drei Fassungen sind komplementär, nicht konkurrierend.
gruß
nk
One of Israel
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 12.08.2025 08:47Lieber Suchender,
mich bewegt, dass du einerseits so klar bekennst, zu Jesus Christus zu gehören, und andererseits mit Misstrauen auf manche seiner Zeugen blickst. Das ist keine Kleinigkeit – und ich glaube, dass dein Wunsch nach Klarheit und Wahrheit Gott wichtig ist.
Manchmal ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, dass Jesus selbst seinen Aposteln den Auftrag gegeben hat, von ihm zu zeugen (Joh 15,27; 17,20) – und dass die ersten Christen diese Zeugnisse nicht leichtfertig angenommen haben, sondern prüften, ob sie aus erster Hand und in Übereinstimmung mit der Botschaft des Herrn standen. Dass Lukas oder Paulus nach Jesu Himmelfahrt in den Vordergrund traten, heißt nicht, dass sie „später erfunden" wurden. Die frühe Gemeinde hat ihre Berufung und ihr Zeugnis bestätigt (Gal 2,9).
Vielleicht hilft dir der Gedanke, dass Gott Menschen gerade in ihrer Unterschiedlichkeit gebraucht: Lukas als sorgfältigen Historiker, Paulus als kompromisslosen Verkündiger der Gnade. Sie widersprechen einander nicht im Kern, sondern bezeugen denselben Herrn aus verschiedenen Blickwinkeln.
Ich möchte dich ermutigen, die Bibel nicht mit der Haltung „Was kann ich streichen?" zu lesen, sondern mit der Frage: „Was will Gott mir hier über Jesus zeigen?" Wenn Christus selbst dich schon gefunden hat, dann wird er dir auch helfen, seinem Wort – und denen, die er als Zeugen berufen hat – wieder mehr zu vertrauen.
gruß
nk
One of Israel
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von Burgen am 12.08.2025 08:55
Hallo Suchender.
dein obiger Beitrag inklusive der 'Übersetzung' jeweils liest sich gut.
Mich beschäftigt die sogenannte Schöpfungs - Geschichte sehr. Und glaube der Erzählung, weil sie und das Wort Gottes für mich jedenfalls, schlüssig ist.
Wieso?, weil Jesus zB in den Evangelien, Synopsen, dieses genau tut. Er spricht, und es geschieht. In den meisten 'Wundergeschichten' antwortet er auf die Bitte eines Menschen mit sofortiger Heilung oder die Heilung tritt ein, während sie sich auf dem Weg befinden.
Das ist heutzutage nicht anders.
Heute allerdings haben die Menschen meist nicht diesen Fokus auf Worte Jesu, und die Herzen sind nicht ungeteilt. Dennoch lassen sich weltweit Menschenherzen verändern, ohne der Schrift zu widersprechen, sondern daraus den Glauben und das Vertrauen aufbauen.
ZB die Bundeslade und alles was damit zusammenhängt. Äusserst spannend. Sie erzählt Gottes Geschichte und Jesus, dem vorgeburtlichen Jesus. Er selbstist der Autor der Bibel und den Schreiber dürfen wir Vertrauen schenken.
Wenn obiges mal geschrieben und dann vom selben Schreiber nicht mehr erwähnt wird, braucht es die Wort - oder Satzteile nicht mehr in dem Zusammenhang.
ZB die Zeilen von Jesaja, die Buchrolle, sogenannte Cumeranhöhle Fund. Sie wurden entdeckt in Tongefässen 1948 und stimmen 1:1 mit unserer heutigen Abschrift der Bibel überein. Etliche seiten gingen leider verloren und wurden als Feuerholzpapier verbrannt oder damals aus Unkenntnis auf den Märkten verscherbelt. In Israel ist dieses Buch großräumig ausgestellt worden.
Für mich, halte ich wahr: die Bundeslade wird bis heute gesucht. Ich denke jedoch, nach Leben, Tod und Auferstehung braucht es sie nicht mehr sichtbar. So wie Gott Materie erschaffte, kann er sie auch fortnehmen ... alles auf der Ebene von Atomen. Die Archäologie von den letzten Jahrhunderten bestätigt ganz viel von 'damals' und dem, was in der Bibel weitergegeben worden ist.
Die meisten Bibeln haben hinten Kartenmaterial. Da sind die missionarischen Reisen des Paulus gut aufgezeichnet, oder die Gebäude zu Templ und aus der zeit Jesu. Interessant sind auch die tabellarischen Übersichten zu den Königen der Großmächte sowie natürlich Israels. Vieles ist auch in ausserbiblischen Büchern enthalten.
Die große Flut während der Zeit von Noah, damals steht sogar in den chinesischen Analen. usw.
Es liegt an jedem einzelnen Menschen das Angebot und die Buchstaben, auch in den Übersetzungen - wie gut, dass es sie gibt - zu glauben und für den eigenen Glaubensweg gebrauchen lassen. Fake's werden daneben immer subtiler ...
Darum, ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden!
2.Kor 5,17 (Schl 1995)
In Ihm leben, weben und sind wir! (als wiedergeborene Christen)
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von Cleopatra am 12.08.2025 10:02Guten Morgen,
oh jaaa, Suchender, ich bin totaler Tierfan, ich liebe die Natur, gerade heute morgen habe ich einen jungen Rehbock gesehen und bin immernoch sooo happy -D
Zu deiner Argumentation zu mir: Ich habe die Lutherübersetzung gelesen und da tatsächlich nichts Widersprüchliches gelesen.
Aber nach dem Beitrag habe ich auch andere Übersetzungen genommen und kann daher jetzt deine Skepsis verstehen.
Ich habe auch jetzt mal die Interlinearbibel herausgeholt. Die Worte "sehen", "hören" und so weiter sind in den unterschiedlichen Kapiteln unterschiedlich, es handelt sich nicht um das identische Wort.
Das Problem, vor dem wir seit Babel stehen: Was in Deutsch eine Bedeutung hat, hat vielleicht in einer anderen Sprache mehrere unterschiedliche Bedeutungen, je nach Kontext.
Das Lieblingsbeispiel dazu ist ja das Wort "lieben" mit dem englichen "love, like to" und so weiter.
So ist zB im deutschen Wort "Stimme" im hebräischen auch die Übersetzung "Geräusch, Klang" möglich. Liest man den Kontext, dann versteht man, worum es genau geht. Geht es zB um das Akustische, oder um das Inhaltliche?
Das ist jetzt nicht so dahin gesagt, selbst Jesus sagt immer wieder: "Wer Ohren hat zum hören, der höre." Damit meint er sicher nicht den Hinweis zum Gang zum Ohrenarzt, sollte man was nicht verstehen.
Oder in Matthäus 13,13, wo Jesus sagt, dass die Zuhörer "mit sehenden Augen nichts sehen und hörend nicht hören".
Lies mal Johannes 12,28 und 29. Wenn du Johannes fragst, wird er dir sagen: "Gott hat folgendes gesagt:..."
Ein Zuschauer wird sagen: "Ein Engel hat mit ihm geredet." (den Inhalt konnte er schon nicht mehr verstehen)
Ein anderer Zuschauer schüttelt den Kopf und meint. "Nein, nein, das war doch ein Donner!"
Wie unterschiedlich klingen denn ein Donner und ein fertig formulierter Satz...?
Unterschiedliche Perspektiven- gleiche Begebenheit.
In Kapitel 26 wird ja die hebräische Mundart genannt, das erklärt mir sofort, was mit dem Verstehen/Hören gemeint ist.
Ich habe eine kurze, aber sehr gute Erklärung auch hier gefunden, das klingt auf mich sehr plausibel.
Ich glaube, wenn du gerne so intensiv in Gottes Wort schaust, dann würde sich für dich diese Interlinearbibel wirklich sehr lohnen.
Mir hat sie schon sehr oft geholfen, Dinge richtig zu verstehen, weil eben diese Problematik in der unterschiedlichen Sprache mit Gramatik oft ein Hindernis/Problem sind.
Deine Sichtweise zu einigen Zeugen finde ich auch bedenklich. Grundsätzlich ist es wichtig, aufmerksam zu sein, ganz klar.
Aber diese Personen sind mehrfach bezeugt und von Gott persönlich (unter Zeugen) berufen. Das kann man zB in der Apostelgeschichte wunderbar nachlesen.
Hier müssen wir eben aufpassen, wo wir meinen, dass unser Verstand über dem Wort Gottes gestellt wird (oft in Kombination mit falschem Stolz "ich weiß es besser") , was der Teufel eben sehr gerne benutzt zum Zweifel säen und uns und andere abzubringen.
Das ist allgemein geschrieben, nicht auf dich persönlich bezogen, so gut kennen wir uns nicht, dass ich das beurteilen könnte. Aber diese Gefahr besteht in der heutigen Zeit sehr.
Umso besser, wenn wir uns austauschen und miteinander und voneinander lernen können, gemeinsam in die Bibel schauen und Dinge ergründen und herausfinden können. Ich liebe sowas ja
Liebe Grüße, Cleo
Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von Suchender am 12.08.2025 22:53Fortsetzung an @Nusskeks:
6) Zum Einwand „Nur ein Autor, kein Zeugenplural":
Das überzeugt nicht. Lukas lässt Paulus reden – aber Paulus wird von Lukas zitiert, also bleibt es eine Quelle: Lukas. Auch Ananias wird nur von Lukas eingeführt, ohne dass dessen Aussage unabhängig bestätigt wird. Dass Lukas selbst schreibt, er sei „allem von Anfang an genau nachgegangen" (Lk 1,3), ist kein Beleg für Genauigkeit, sondern eine Selbstbehauptung – gerade von dem Autor, der bei der Darstellung von Paulus' Bekehrung offensichtlich nicht konsistent ist.Zur „Hand zur Gemeinschaft": Auch hier spricht nur Paulus selbst von einer Begegnung mit Kephas, Jakobus und Johannes. Die Jünger bestätigen diese Behauptung nirgends. Ich habe oben bereits ausgeführt, warum diese Selbstbezeugung nicht glaubwürdig ist – sie bleibt einseitig und unbelegt.
7) zu Paulus grenzt Homosexuelle aus, Jesus schweigt :
Die Behauptung, Paulus stehe in direkter Linie zu Jesu Sexualethik, ist nicht haltbar. Jesus spricht nicht explizit über Homosexualität und nennt „porneía" (Unzucht) ohne Definition, was Raum für Interpretation lässt. Paulus hingegen formuliert eine verbindliche Sexualmoral, die über Jesu Aussagen hinausgeht – etwa in 1Kor 6,9 mit dem Begriff arsenokoîtai, der sich zwar auf Lev 20,13 bezieht, aber erst durch Paulus zur christlichen Norm erhoben wird.
Zudem vertritt Paulus ein hierarchisches Geschlechterbild, das Jesus nicht teilt. Während Jesus Frauen aktiv einbezieht und ihnen Würde verleiht, schreibt Paulus etwa in 1Kor 11,3 von der „Überordnung" des Mannes und in 1Tim 2,12, dass Frauen nicht lehren oder über Männer herrschen sollen. Das ist eine klare Abwertung, die im Kontrast zu Jesu Umgang mit Frauen steht.
Also entwickelt Paulus eine eigene Ethik, die sich zwar auf die Tora beruft, aber nicht deckungsgleich mit Jesu Botschaft ist – weder in Bezug auf Sexualmoral noch auf das Frauenbild.8) zur Kanonfrage :
Der Hinweis auf Apg 15 und Gal 2 als Beleg für das „Miteinander der Zeugen" überzeugt nicht – denn beide Texte stammen von Lukas und Paulus, also genau jenen Autoren, deren Glaubwürdigkeit hier zur Diskussion steht.
Man kann doch nicht mit Aussagen derjenigen argumentieren, deren Authentizität man gerade prüft, oder ???
Zur Kanonbildung: Die Auswahl der Schriften durch die Kirche war eine rein menschliche Entscheidung, getroffen von Konzilien und Kirchenführern – also vom Klerus, nicht von Gott. Dass bestimmte Schriften aufgenommen wurden, lag nicht allein an ihrer Herkunft, sondern auch an ihrer Nützlichkeit für Lehre, Liturgie und kirchliche Ordnung.
Die Konzilien prüften, ob Texte:
mit den Evangelien theologisch kompatibel waren,
kirchlich verbreitet und akzeptiert wurden,
und ob sie apostolische Autorität beanspruchten.
Aber: Die Authentizität der Berichte – also ob die Ereignisse wirklich so geschahen – war nicht das zentrale Kriterium.Viele Texte wurden aufgenommen, obwohl ihre Autorenschaft umstritten war (z. B. 2Petrus, Hebräerbrief). Das zeigt: Die Kanonisierung war ein geistlich motivierter, aber menschlich geführter Prozess – nicht eine göttlich garantierte Auswahl.
p.s. : ja Nusskeks, auch ich werde mich künftig kürzer fassen

Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von Suchender am 12.08.2025 23:23Hallo @Burgen,
sorry für die verzögerte Antwort auf deinen Beitrag, aber @Nusskeks argumentierte sehr anspruchsvoll und deshalb brauchte ich richtig viel Zeit um dessen Beiträge zu beantworten. Nein, nk und ich kennen uns nicht von wo andersher.
Du sagst : "Was verstehe ich eigentlich und was lerne ich durch genau die Unterschiede im Wort Gottes und warum, wozu gibt es all die Unterschiede der Persönlichkeiten innerhalb des Lesestoffes der Bibel? Hat Gott Vater damit einen bestimmten Zweck, den er erst im zweiten Teil der ganzen Schrift in Jesus auflösen wird?"
Das wissen wir (noch) nicht, vielleicht werden wir es einst wissen ....
Du sagst : "Ich glaube das, was ich beim Lesen, Hören, durcharbeiten verstehe" und da stimme ich dir voll und ganz zu :
Denn wie soll man etwas glauben, das einem selbst nach mehrmaligem, sehr intensivem, gründlichem "Durcharbeiten" suspekt, also unglaubwürdig erscheint ?
Ich sehe das so :
Ich denke nicht, dass Gott verlangt, dass wir alles glauben, was da auf Papier gedruckt ist.
Auch denke ich nicht, dass als Voraussetzung unserer Errettung jeder einzelnen biblischen Geschichte Glauben geschenkt werden muss.
Gott will dass wir an unseren Erlöser Jesus Christus glauben.
Ich glaube an Jesus - nicht an Paulus oder Lukas.
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von Suchender am 13.08.2025 00:14@Weateyd,
Danke dass du dir die Mühe machtest, die zentralen Details der drei Kapitel in der Apg tabellarisch zusammen zu fassen.
Das macht die Sache natürlich vorteilhafter, weil man nicht ständig in der Apg vor- und zurückblättern muss.
Du sagst :
"Ich denke, nur Paulus sah ein Licht. Denn wenn das Licht so stark war, dass Paulus vorübergehend Blind wurde, würde ich annehmen, dass auch seine Begleiter Blind werden müssten."
Gutes Argument.
Da gibt es nämlich noch eine andere mögliche Erklärung : Paulus unterlag einer Halluzination.
Das könnte erklären dass Paulus selbst kein Wort über eine tatsächliche Erblindung, also medizinisch "Amaurose" sagt.
... was aber reine Spekulation meinerseits ist.
Im Wechsel zwischen reiner Erzählform (Apg 9) und zitierter Darstellung (Apg 22 und 26) sehe ich jetzt keinen Anlass für Kritik.
Ist ja nichts anderes als : "Hans sagte dass er jetzt ein Bier trinkt" zu "Hans sagt ich trinke jetzt ein Bier"
Du sagst : "In Apg 9 und 22 wird geschrieben, das Paulus fiel. Ob andere auch fielen, ist nicht erwähnt. Vielleicht taten sie das auch?"
Also ich lese in Apg 9 dass die anderen standen starr vor Schreck, in Apg 22 steht nichts ob die anderen standen oder fielen, in Apg 26 fallen alle auf den Boden.
Du hast völlig Recht : da widerspricht sich Lukas ja schon wieder in seinen Darstellungen !
Das war mir noch gar nicht aufgefallen ....
Ich werde auch diese Unstimmigkeit in meinem morgigen Gespräch mit meinem Pfarrer beleuchten.
Denn meinen Pfarrer bat ich zum Thema um ein Gespräch und er hat mich für heute Abend (Mittwoch) zum ausführlichen Gespräch in sein Büro eingeladen.
Ich freue mich auf das Gespräch.
Jedoch muss ich mich auf dieses Gespräch vorbereiten und kann deshalb heute keine weiteren eurer Beiträge beantworten, ich bitte um Verständnis ...
Re: wie umgehen mit Zweifeln an Paulus und Lukas ?
von nusskeks am 13.08.2025 08:50Lieber Suchender,
danke für deine Klarstellungen. Ich gehe knapp auf die drei Blöcke ein – erst Sachliches, dann ein kurzer Blick auf die Vertrauensfrage.
6) „Nur ein Autor, kein Zeugenplural?"
Unabhängige Quelle zu Lukas: Die Paulusbriefe sind zeitlich vor der Apostelgeschichte entstanden und bilden eine eigenständige Quelle. Wenn Paulus in Gal 1–2 seine Begegnungen mit Kephas (Petrus), Jakobus und Johannes schildert und die „rechte Hand der Gemeinschaft" beschreibt (Gal 2,9), ist das nicht Lukas, sondern Paulus selbst. Damit hast du mindestens zwei voneinander unabhängige Stränge: Paulus (autobiographisch) und Lukas (historiographisch).
„Wir"-Abschnitte in Apg: Die Wir-Berichte (Apg 16; 20–21; 27–28) markieren Eigenbeteiligung. Das ist kein Beweis im mathematischen Sinn, aber es ist innenbiblische Evidenz für Augenzeugennähe.
Ananias: Auch ohne externen Ananias-Bericht tragen die Paulusbriefe den Kern (Berufung, Anerkennung durch Jerusalemer Säulen). Lukas ergänzt die lokale Vermittlung durch Ananias – das macht die Szene nicht unglaubwürdig, sondern konkret.
7) Jesus, Paulus und Sexualethik / Frauen
Kontinuität, nicht Innovation: Jesus definiert die Ehe schöpfungsbezogen (Gen 1–2; Mt 19,4–6) und nennt porneía als das, was von innen „verunreinigt" (Mk 7,21–23). Im damaligen Judentum umfasste porneía die Tora-Verbote (u. a. Lev 18; 20). Paulus übersetzt diese Jesus-/Tora-Logik in den heidnischen Kontext: arsenokoîtai ist kein „neues Paulusrecht", sondern aus der LXX-Formulierung von Lev 18,22/20,13 gebildet (Wort aus der Tora in paulinischer Kurzform). Darum schließt 1Kor 6,9–11 mit Gnade: „Solches sind etliche von euch gewesen; aber ihr seid gewaschen..." – keine Abwertung von Personen, sondern Ruf in die Nachfolge.
Frauenbild: Paulus verbietet Frauen nicht generell „Stimme" – im Gegenteil: Frauen beten und weissagen in der Gemeinde (1Kor 11,5); Priska unterweist zusammen mit Aquila den Apollos (Apg 18,26); Phoebe ist diakonos und prostatis (Röm 16,1–2); Junia wird als herausragend unter den Aposteln genannt (Röm 16,7, so traditionell verstanden). Die umstrittenen Texte (1Kor 11; 1Tim 2) sprechen Ordnung und Lehrautorität an, nicht den Wert. Jesus würdigt Frauen – Paulus tut es ebenfalls, wenn auch mit Aussagen zur Ordnung der Gemeinde. Das ist Spannung, aber kein Widerspruch im Kern.
8) Kanon – „zirkulär" und „nur menschlich"?
Nicht zirkulär: Wenn ich Gal 1–2 anführe, argumentiere ich nicht mit Lukas über Lukas, sondern mit Paulus über Lukas – einer unabhängigen Frühquelle.
Wie wurde entschieden? Die alten Kriterien waren Apostolizität (Augenzeugennähe/ apostolische Autorität), Übereinstimmung mit der Regel des Glaubens (kein anderes Evangelium) und katholische Rezeption (breiter Gebrauch in den Gemeinden). Dass z. B. 2Petr/Hebr länger diskutiert wurden, belegt Sorgfalt, nicht Willkür.
Historische Zuverlässigkeit: Gerade Lukas/ Apostelgeschichte ist reich an überprüfbaren Details (Ämter, Titel, Orte, Reisewege). Die Kirche hat nicht „nützliche Literatur" gewählt, sondern Schriften, die das apostolische Zeugnis von realen Ereignissen tragen. Der Prozess war menschlich und geistlich – und die frühe, weite Annahme quer über Gemeinden und Regionen ist historisch bemerkenswert.
Kurz zur Vertrauensfrage: Du bekennst Christus – das ist der Grund. Der nächste Schritt ist m. E. fair zu prüfen, ob die apostolischen Zeugen im Kern übereinstimmen (sie tun es) und ob die Spannungen plausibel erklärbar sind (bei Apg 9/22/26: ja – Sprache, Perspektive, Fokus). Vertrauen in Gottes Wort ist nicht blind; es ruht auf historischer Verankerung und der inneren Kohärenz des Gesamtzeugnisses. Statt „persönlicher Bereinigung" schlage ich vor: Lies die Texte kanonisch – lass Schrift Schrift auslegen, und miss Paulus an Jesus' Schöpfungslogik, nicht an modernen Erwartungen.
Jesu Sicht auf die Schrift
Einen Punkt möchte ich bewusst ergänzen: Jesus, dem Du (an)gehörst, selbst spricht von der Schrift als Gottes Wort, „das nicht gebrochen werden kann" (Joh 10,35), und als Zeugen für seine Person und sein Werk (Joh 5,39). Er sieht sie nicht als loses Stimmengewirr, das wir nach Belieben sortieren, sondern als von Gott gegebenes Zeugnis, das uns zu ihm führt und Autorität hat. Wenn wir Jesus in diesem Punkt folgen wollen, bedeutet das auch, die apostolischen Zeugen nicht primär von außen zu richten, sondern uns von ihrem Wort richten und leiten zu lassen. Aus eigener Erfahrung kann ich dazu ebenfalls nur ermuntern.
gruß
nk
One of Israel