Vom unfreien Willen
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Re: Vom unfreien Willen
von Hyperion am 14.05.2014 17:20Also eigentlich bin ich jetzt mal davon ausgegangen, bzw. hatte ich gehofft, dass Du mal auf meine Frage an Dich und generell auf die Aussagen meines Posts eingehst. Es würde mich nämlich wirklich sehr interessieren, wie Du von freiwilliger Herzensbuße sprechen kannst, wo Du doch der Überzeugung bist, gar keinen freien Willen zu haben?
Und was ist mit den Aussagen Jesu, in denen er immer wieder expliztit fordert, dass wir seine Gebote halten, dass wir tun sollen, was er uns gesagt hat? Wenn Jesus von der Unfreiheit des Willens überzeugt gewesen wäre, wie kann er dann solche Gebote aufstellen? Er müsste dann doch eigentlich ganz genau wissen, dass wir gar nicht die Freiheit dazu besitzen, seine Gebote zu halten, oder?
Aber weil Dir die Römer 9 Stelle so wichtig ist, will ich jetzt ganz einfach mal annehmen, dass da nicht grundsätzlich nur von den Nationen und den Juden die Rede ist, sondern von allen Menschen.
Was haben wir dann? Wir haben dann einen völlig souveränen Gott, der mit seinen Geschöpfen machen kann was er will (und dies auch tut), sich dabei auch an keinerlei "Spielregeln", Bünde, Versprechen und Zusagen halten muss und in letzter Konsequenz einen Großteil seiner Geschöpfe nur allein deshalb geschaffen hat, weil er sie für alle Zeiten in einer Hölle quälen mag und die Geschöpfe nicht die geringste Chance haben, etwas an dieser Tatsache zu verändern, weil sie ja von Anfang an eben souverän für diese Hölle geschaffen wurden und keinen freien Willen besitzen, um Gott um Gnade zu bitten, respektive Buße zu tun und zu ihm umzukehren.
Summasummarum ein völliger grausamer und schrecklicher Gott, in dem es sowas wie Gerechtigkeit und Liebe nicht gibt! Ein totalitärer Herrscher, der nicht dazu in der Lage ist, seinen Geschöpfen Freiheit zu schenken, da er alles nur erzwingen mag, anstatt sich die Liebe seiner Geschöpfe zwanglos und aus deren freien Willen heraus (zurück)"schenken" zu lassen!
Insgesamt und abschließend also nicht der Gott den die Bibel beschreibt, sondern wohl eher das genaue Gegenteil davon!
Also ehrlich Pal, Du hast da manchmal sehr seltsame und auf mich wirklich ausgesprochen befremdlich wirkende Gedanken! Nun ja, die Folterkammern des Antichristen also...
Nochmal, ich hatte es ja in meinem vorherigen Post schon gesagt, aber offensichtlich verstehst Du es nicht. Nur weil der Mensch einen freien Willen hat, ist er überhaupt dazu in der Lage seinen Eigenwillen aufzugeben! Ohne freien Willen kann er unmöglich seinen Eigenwillen aufgeben denn er wird nach Luther ja dann entweder von Gott, oder dem Teufel geritten! Und da Du ja so großen Wert auf Römer 9 legst und die absolute Souveränität Gottes so gerne betonst, kann es also sehr gut sein, dass Gott mal eben so beschließt, dass Du nicht standhaft bleiben wirst und das war's dann wohl, oder?
Der freie Wille des Menschen kann sich jedoch völlig Gott hingeben, er will nur noch Gott und er will nicht mehr sich selbst. Und so lässt er also völlig von sich ab, auch von seinem Wollen! Und er lässt noch mehr, was Jesus in den Seligpreisungen übrigens mit den Worten beschrieb:
Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel.
Arm an Geist ist der Mensch, der nichts weiß, nichts will und nichts hat. Und dieses nicht Wissen, nicht Wollen und nicht Haben ist der spirituelle Prozess, in dem der Mensch völlig von sich selbst lässt und Gott sich völlig in den Menschen "ergießt". Und das geschieht rein aus Gnade und nicht aus Werken (wenn ich mal Zeit und Lust habe, mache ich zum Thema "geistiger Armut" vielleicht mal einen Thread auf).
Das ist das, was Du offensichtlich nicht verstehst, nicht sehen kannst! Denn nur weil der Mensch frei dazu ist, völlig von sich zu lassen, an nichts mehr festzuhalten, auch nicht an seinem Eigenwillen, nicht an seinem Wissen und nicht an seinem Haben, kann er dem Bild des Sohnes gleichförmig gemacht werden!
Es ist unsere Freiheit uns Gott zuzuwenden und ihn aus ganzer Seele, mit aller Kraft, mit dem ganzen Herzen und all unserer Vernunft zu lieben. Und der Mensch, der Gott auf solche Weise liebt, wird dem Bild des Sohnes gleichförmig gemacht, denn dazu ist der Liebende vorherbestimmt (Römer 8, 28+29) und dann kann einen solchen, zunichtegewordenen Menschen, auch kein Antichrist oder sonstwas Probleme bereiten!
LG
Hyperion
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
Re: Vom unfreien Willen
von Pal am 14.05.2014 21:08Arm an Geist ist der Mensch, der nichts weiß, nichts will und nichts hat. Und dieses nicht Wissen, nicht Wollen und nicht Haben ist der spirituelle Prozess, in dem der Mensch völlig von sich selbst lässt...
Also das ist einmal ein Satz von Dir, den ich bejahen kann.
Hier meinst du wohl die voranschreitende Erlösung vom Selbst. Da findet sich der Mensch in der Ruhe Christi wieder und sein größter Wunsch ist nur noch Gottes Wille. Und dann bist du freiwillig nicht mehr "DU", sondern lebst den "Christus in dir" aus. Dann hat die Liebe Christi ihr Ziel mit dir (und deinem Willen) erreicht.
Ja, die Hölle wird grausam, da hast du gewiß recht! - Wenn dir das zu grausam erscheint, mußt du dich trotzdem mit dieser biblischen Tatsache arrangieren. Oder nicht? -
Ja Gott hat "Spielregeln". Und die Spielregel ist SEINE absolute Gerechtigkeit.
...doch möchte ich nun nicht den Bogen überspannen und wieder ins Hamsterrad mit dir einsteigen...
Du sollst recht behalten!
Dein freier Wille bringe dich in den Himmel!
Tschüß...
Wintergruen
Gelöschter Benutzer
Re: Vom unfreien Willen
von Wintergruen am 14.05.2014 21:50Hyperion schrieb : Arm an Geist ist der Mensch, der nichts weiß, nichts will und nichts hat.
Arm am Geist ist der Mensch, der mit seinem ganzen Wesen fühlt, daß sein menschlicher Geist äußerst arm ist, äußerst unvollständig, äußerst erbärmlich, um selbst für sich zu leben. Vielmehr bedarf er immer Desjenigen, Der allein reich an Geist ist: Und das ist Gott. Arm im Geist ist der Mensch, der fühlt, daß nicht einem einzigen Gedanken, Gefühl, Werk, Leben oder Erfolg vorteilhaft und von Nutzen sein kann , sondern verschwinden und vergehen müssen, wenn sie nicht von Gott genährt und unsterblich gemacht werden. .. und sich aufrichtig darum müht und quält, seinen Geist durch den Geist Gottes zu erfüllen zu vervollständigen und zu vollenden ..
Dieses Gefühl geistlicher Armut ist der Anfang des christlichen Lebens. Denn es stachelt den Menschen ständig dazu an, sich in Gott zu bereichern . Der Mensch merkt das er ohne Gott nichts ist, nichts vollbringen kann und verloren ist.
Schön erklärt in Lukas wo es um ein Beispiel geht von der falschen Selbstsicherheit des reichen Mannes
Lukas 12,20-21...Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast? So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist.
Doch Gott ist derart reich an allem, was unsterblich und ewig ist, daß der Mensch, soviel er sich an ihm bereichert, immer ein völliger Bettler IHM gegenüber bleibt. Das bedeutet, daß das Gefühl der geistlichen Armut den Christen ständig auf dem gesamten Weg seiner Vervollkommnung/Heiligung begleitet. Alle Taten und Qualen auf diesem langen Weg erträgt er mit außergewöhnlicher Freude und Seligkeit. Denn in dem Gefühl der geistlichen Armut selbst ist das unsterbliche Gefühl außergewöhnlicher Seligkeit enthalten, einer Seligkeit, die nur die geistlich Armen kennen. Das ist eben auch das erste Wunder, welches Christus an Seinen Nachfolgern vollbringt... Die erste Tugend, wenn auch schwer und qualvoll, ist vollkommen von Seligkeit erfüllt, und je mehr der Mensch sich darin übt, umso mehr ergießt sich diese außergewöhnliche Seligkeit durch sein ganzes Wesen. Und daher dürstet der Christ immer mehr nach diesem Leben, diesem seligen Gefühl und nirgends findet dieses Gefühl UND seine Demut ein Ende...Denn ein anderer Name für die geistliche Armut ist... die Demut.
Er WILL dann nur noch Gottes Himmelreich, trachten nach den himmlichsen Gütern . Diese Fähigkeit des Wollens nach der göttlichen Ordnung und den göttlichen Gesetzen ,sind ihm in die Wiege gelegt worden . Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild und siehe es war GUT heißt es...
Phil. 2,13.. Denn Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt. Genauso wie ihm die Begierden, die Leidenschaften, das Bewegen seiner Gliedmaßen, Emotionen, Geist, Sprache , Denken ,Vernunft , Logik und alle anderen notwendigen Dinge die er zum Leben benötigt mitgegeben wurden um sie am liebsten vernünftig nach der göttlichen Ordnung einzusetzen. Jedoch ist der Mensch auch frei zu entscheiden ob er das Wollen nach den göttlichen Gesetzen ausrichtet bzw dort hinlenkt . Mit jeder Sünde die er praktiziert, entscheidet er sich gegen die göttliche Ordnung. Er setzt sein Wollen in die falsche Richtung, die ihm natürlich mehr schadet statt nützt....aber das entscheidet er selbst...Niemand zwingt ihn ..
reichen Segen euch Allen
Merciful
Gelöschter Benutzer
Re: Vom unfreien Willen
von Merciful am 14.05.2014 21:59Angenommen, der menschliche Wille ist frei. Dann ist er frei. Dann haben auch Menschen, die da sagen, der Wille sei unfrei, einen freien Willen.
Angenommen, der menschliche Wille ist unfrei. Dann ist er unfrei. Dann haben auch Menschen, die da sagen, der Wille sei frei, einen unfreien Willen.
Aus diesen beiden Sätzen würde ich schlussfolgern wollen, dass es wohl nicht gar so wichtig ist, ob wir nun sagen, der Wille sei frei oder ob wir sagen, der Wille sei unfrei.
Es ist, wie es ist, und ändern können wir es nicht. Auch unsere Rede ändert es nicht.
Ist der Wille frei, so ändert sich dies nicht dadurch, dass wir sagen, er sei unfrei.
Ist der Wille unfrei, so ändert sich dies nicht dadurch, dass wir sagen, er sei frei.
Man könnte nun allenfalls abwägen, welche Rede in pädagogischer Hinsicht die wertvollere ist.
Die Rede vom freien Willen erinnert daran, dass wir uns als Christen nicht nur passiv auf die Gnade Gottes verlassen sollen, sondern aktiv unser Heil bewirken sollen, weil Gott in uns das Wollen und Wirken wirkt.
Die Rede vom unfreien Willen erinnert daran, dass wir unser Heil zu bewirken vermögen allein aufgrund der Gnade Gottes, die unserem Widerwillen und unserer Trägheit die Kraft der Liebe und das Gelingen des guten Werks entgegensetzt.
So haben beide Reden ihren Wert, meine ich.
Merciful
Re: Vom unfreien Willen
von Pal am 15.05.2014 08:21Denn solchen Menschen könnte nichts genügend gesagt oder geschrieben werden, wenn man gleich viele tausend Bücher tausendmal wiederholte. Das wäre, als wenn man das Meeresgestade pflügen oder der Wüste Samen anvertrauen oder ein durchlöchertes Faß mit Wasser füllen wollte.
Nun genau das beabsichtige ich nicht!
Ja, lieber Merci, dein Beitrag zeugt von Weitsicht, - danke!
Bevor auch ich diesen Thread nun mal verlasse - denn alle beiden Seiten sind wohl ausführlich genug behandelt - so möchte ich doch noch auf etwas Wichtiges hinweisen, was auch ein paar Schwestern hier betonten.
Wie immer die Sache mit dem Willen nun stehen sollte... so kommt es tatsächlich in meinem Leben im Grunde auf etwas anderes an.
Vor der Himmelspforte werden wir nicht gefragt: Bist du pro-lutheranisch oder anti-lutheranisch? Bist du Katholik oder Protestant? Bist du aus deinem eigenen Willen oder durch Gottes Willen hier?
Dort geht es darum, ob du wirklich "in Christus" bist ?
Und die die "außerhalb vom Weinstock" sind, werden dort oben einfach nicht reinkommen....
Doch wer auslebte, was es heißt in Jesu Liebe zu sein, der findet sich vor weit geöffneten Himmelspforten wieder.
Und dann treffen wir dort oben sicher die Personen aus den unterschiedlichsten, christlichen Richtungen. Die hatten möglicherweise ganz unterschiedliche Verständnisse über das, was sie als "biblische Wahrheit" auffaßten.
Dennoch bilden sie dann dort oben einen LEIB! Ein Blut, ein Geist und eine Liebe!
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Noch ein Wörtlein zu Luther.
Ich bin auch nicht mit allem einig was "old Martin" in seiner umstrittenen Abhandlung von sich gab.
Ganz besonders mißfällt mir die agressive Art mit der er Erasmus von Rotterdam schließlich als eine Art Feind und gotteslästerlich verurteilt.
So erzeugte sein Disput eine lieblose, unversöhnliche Wunde, deren Ursache (nämlich der frei-unfreie Wille) gar nicht solch einen Stellenwert hat, um deshalb der anderen Seite die Seligkeit abzusprechen....
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Auf alle Fälle habe ich eure Umgangsart hier, mit der ihr andere Meinungen ertragt, geschätzt.
soweit, sogut - seid in Christus gesegnet!
Wintergruen
Gelöschter Benutzer
Re: Vom unfreien Willen
von Wintergruen am 15.05.2014 12:23ich bekam schon Angst das wir bei Antwort 666 aufhören .... :))))
Lieber Pal.. segen dir ...
Re: Vom unfreien Willen
von StefanS am 15.05.2014 14:28Pal hat nur Angst, den ausgelobten Preis für die tausendste Antwort auszuzahlen!
So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind.
Re: Vom unfreien Willen
von Hyperion am 15.05.2014 17:19Das ist wirklich sehr nett von Dir und ich wünsche Dir auch von Herzen Gottes Segen!
LG
Hyperion
Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.