persönlich vs. unpersönlich

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christ90

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persönlich vs. unpersönlich

von christ90 am 17.11.2015 20:46

Vorweg sei gesagt, dass der Titel durchaus bewusst gewählt wurde, in Anlehnung an meinen letzten Thread (Nähe vs. Distanz), zumal er zu diesem in enger Verbindung steht; ist es doch unzweifelhaft so, dass die Auffassung von Gott das Verhältnis zu ihm ganz wesentlich bestimmt.Unser Verhältnis zu Gott hat zweifelsohne sehr viel damit zu tun, inwiefern wir ihn uns als Person vorstellen. Ein wirkliches, von Ehrfurcht und Vertrauen geprägtes Naheverhältnis ist wohl nur denkbar zu einem personal verstandenen Gott, nicht zu einer unpersönlichen „höheren Macht". Dass Gott eine Persönlichkeit ist (allein dann macht es überhaupt Sinn von „Gott" zu sprechen), erweist sich uns indes im alltäglichen Leben: Da erfahren wir ein ganz gezielt-bewusstes, planvolles eingreifen, nicht das bloße sich auswirken einer höheren Macht. Wir empfinden für diesen Gott Respekt, Ehrfurcht, Liebe und Dankbarkeit, wie man sie nur einer Person gegenüber empfinden kann.

Die Frage, die sich m. E. dennoch stellt, ist, inwiefern man sich Gott als Person überhaupt vorstellen kann. Dass Gott letztlich unvorstellbar ist, unsere Vorstellung immer eine unzureichende bleiben muss, liegt auf der Hand - und so sollten wir uns dessen stets bewusst sein, dass jegliche Vorstellung von Gott, mit Attributzuschreibung, stets Hilfsvorstellung bleiben muss. Nur allzu leicht ist man sonst geneigt, die eigene Begrenztheit auf Gott, wenigstens unbewusst, zu übertragen und ihn als ein zeitliches Wesen aufzufassen, gleichsam als einen allmächtigen Übermenschen.

Ein zentrales Kriterium für Persönlichkeit ist das Vorhandensein eines Selbstbewusstseins. Gott ist sich seiner selbst und dessen, was er tut sicherlich ganz und gar bewusst. Warum sollte der Schöpfer von Bewusstsein nicht auch selbst über solches verfügen. Angesichts seiner zeitlosen Vollkommenheit, seiner Unverändertheit, kann man nun m. E. jedoch nicht so weit gehen zu behaupten, er handle aus Selbstreflexion, ginge gleichsam in sich und hinterfrage sich selbst in seinem Tun, stimme sich ab mit sich selbst. All dies hat er schlichtweg nicht nötig. Stets augenblicklich das Richtige zu tun kostet ihn kraft seiner Vollkommenheit nicht die geringste Mühe. Er ist schlechterdings Vollkommen, braucht sich seine Vollkommenheit nicht zu „erarbeiten", sich Entscheidungen nicht abzuringen, ja im Grunde solche nicht einmal zu fällen; intuitiv „entscheidet" er sich für das Richtige.

Man könnte nun weiter folgern: Wenn Gott die Liebe ist, so kann er ja nur lieben; er entscheidet sich dann nicht für selbige, liebt vielmehr „automatisch". Doch stellt sich dann m. E. die Frage ob und inwiefern es sich dann noch um Liebe handeln kann - und ginge damit nicht auch das „persönliche" verloren, was letztlich auf einen Pantheismus hinausliefe? Sollte man nicht doch eher sagen: Weil er sich eben auch anders entscheiden könnte, es jedoch bewusst nicht tut, darum ist er die Liebe? Eben die bewusste, freie Entscheidung für sie macht doch die Liebe erst aus. Andererseits ist die Liebe Gottes Wesen, seine Identität; er kann nicht nicht lieben: Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen. (2Tim2,13)

Hm...Soweit meine, zugegeben nicht ganz widerspruchsfreien Gedanken; wie denkt ihr über dieses, sich bei näherer Betrachtung m. E. als gar nicht mal so einfach erweisende Thema?


Anbei sei noch bemerkt, dass es mir hier um einen sachlichen Austausch zu tun ist. Auf persönliche, untergriffige Äußerungen/Zuschreibungen jeglicher Art werde ich, wie schon zuletzt, nicht eingehen.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 17.11.2015 20:51.

Pal

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Re: persönlich vs. unpersönlich

von Pal am 17.11.2015 21:23

Lieber @Christ, ich bin der Meinung, Gott kann nicht böse/lieblos/ungerecht/unheilig sein, weil das einfach seine Urzustände sind. So ist sein Wesen: LIEBE, GUT, GERECHT, HEILIG - und das in einer, uns Menschen, unvorstellbar absolut vollkommenen Weise.

Da gibt es für mich kein "hineindenken", ob ER sich nicht ab und zu doch selbst kontrollieren müßet, ob ER sein eigenes Wesen auch noch "einhält". ER ist eben so, genauso wie du nichts anderes sein kannst, als was du eben bist.

Gut, du kannst jetzt zB "Schimpanse" spielen, aber in deinem Wesen wirst du dadurch nicht zum Affen sondern bleibst immer noch ein Mensch.
Verstehst du, wie ich das meine?

==============

Auf der anderen Seite habe ich für deine Frage nach einer Personifizierungs-Vorstellung doch die allerleichteste Antwort: JESUS CHRISTUS, Gott in Person!
Gott als Mensch zu betrachten in jedem Kapitel der Bibel, wo wir von IHM lesen.
So sagte es unser Heiland doch auch:

Joh 14:7 Wenn ihr mich kenntet, so kenntet ihr auch meinen Vater. Und von nun an kennt ihr ihn und habt ihn gesehen. Joh 14:8 Spricht zu ihm Philippus: HERR, zeige uns den Vater, so genügt uns. Joh 14:9 Jesus spricht zu ihm: So lange bin ich bei euch, und du kennst mich nicht, Philippus? Wer mich sieht, der sieht den Vater; wie sprichst du denn: Zeige uns den Vater? Joh 14:10 Glaubst du nicht, daß ich im Vater bin und der Vater in mir?

Phillippus wollte gerne Gottvater sehen und er meinte damit seiner Gott-erkenntnis Genüge zu tun.
Jesus kontert ihn ganz wunderbar.
"Schau mich an, dann siehst du den Schöpfer. Dann siehst du wie der Vater denkt, redet, handelt.
Bis hin nach Golgatha siehst du alles göttliche, was du nur zu sehen brauchst!"
Hier ist Gott in seiner personifiziertesten Form.
Gott "konzentriert" in einen Mann!
"Komprimiert" in einen Körper, und offenbart in vollster Herrlichkeit und Liebe, am Kreuzesholz.

Ist das eine Antwort für dich?

Antworten Zuletzt bearbeitet am 17.11.2015 21:32.

Cleopatra
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Re: persönlich vs. unpersönlich

von Cleopatra am 18.11.2015 09:24

Also ich persönlich stelle mir Gott garnicht so als einen Menschen vor.
Was wir von ihm wissen, sind sehr viele Wesenszüge.
Das können wir uns eben so vorstellen, wie es in der Bibel genannt wird.
Ja, wir  benutzen auch manchmal das Wort "Vater" und "streckt seine Arme nach dir aus" und so weiter.
Aber das sind eben Symbole und Hilfestellungen uns alles besser vorzustellen mit unserem kleinen Hirnchen
Und Bilder dafür zu benutzen finde ich nicht schlimm, Jesus selbst hat viele Gleichnisse benutzt.

Lieber Pal, deine Antwort mit Jesus als "Spiegel Gottes" finde ich auch sehr hilfreich.

Lg Cleo

Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder

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solana

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Re: persönlich vs. unpersönlich

von solana am 18.11.2015 11:20

Ich sehe dabei folgendes Problem: Wenn wir uns eine "Person" vorstellen wollen, dann stellen wir uns automatisch eine menschliche Person vor, weil wir nun mal nur solche Personen kennen.

Diese Vorstellung nun einfach so auf Gott zu übertragen, kann ihm nicht gerecht werden. Gott ist nun mal keine menschliche Person.
In gewisser Weise "vermenschlicht" man Gott dadurch, macht sich in seiner Vorstellung ein Bild, das Gott einschränkt auf den Inhalt unserer Vorstellungskraft.

In gewisser Weise passiert so das, was in Röm 1 so ausgedrückt ist:

Röm 1, 20 Denn Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird seit der Schöpfung der Welt ersehen aus seinen Werken, wenn man sie wahrnimmt, sodass sie keine Entschuldigung haben. 21 Denn obwohl sie von Gott wussten, haben sie ihn nicht als Gott gepriesen noch ihm gedankt, sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren Gedanken, und ihr unverständiges Herz ist verfinstert. 22 Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Narren geworden 23 und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit einem Bild gleich dem eines vergänglichen Menschen und der Vögel und der vierfüßigen und der kriechenden Tiere.

Gott offenbart sich uns auf vielfältige Weise - in seinem Wort, in der Natur, im persönlichen Zwiegespräch usw.
Da kommt uns Gott ganz nahe, begegnet uns "persönlich".

Das heisst aber nicht, dass wir damit Gott "vollkommen erfasst" hätten. 
Gottes Offenbarung richtet sich nach dem, was wir Menschen von ihm verstehen und begreifen können, er offenbart sich in den Grenzen unseres menschlichen Auffassungsvermögens.
Und innerhalb dieser Grenzen offenbart uns Gott alles, was wir wissen und erkennen müssen. Das, was wir (noch) nicht erkennen können, ist auch nicht nötig für unseren Lebensweg mit ihm; der "Rest" ist Vertrauen.

Das heisst aber nicht, dass ER auf diese Grenzen beschränkt wäre - nur unser Begreifen ist beschränkt.

Dessen müssen wir uns immer bewusst sein, dass Gott immer noch unendlich viel grösser und unbegreiflicher ist als alles, was wir von ihm begreifen und erkennen können.
Eines Tages wird diese irdische Begrenzung aufgehoben sein und dann sehen wir "von Angesicht zu Angesicht".

So weit mal meine Gedanken dazu.
Gruss
Solana
 

angeführte Bibelstellen (soweit nicht anders gekennzeichnet) sind aus Luther 1984/2017 zitiert nach dem Bibelserver

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Greg

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Re: persönlich vs. unpersönlich

von Greg am 18.11.2015 15:25

So ähnlich wie pal.

Ich bin eine fröhliche Knackwurst! 

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christ90

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Re: persönlich vs. unpersönlich

von christ90 am 18.11.2015 20:28

Pal: Gott kann nicht böse/lieblos/ungerecht/unheilig sein, weil das einfach seine Urzustände sind.

Ich nehme an, du meinst: weil sie es eben nicht sind.

Die Frage, auf die das ganze letztlich hinausläuft ist: Kann oder will er es nicht sein (böse, lieblos, unvollkommen). Ich denke, man kann sagen, dass bei Gott können und wollen eins sind. Er ist per Definition vollkommen, da er in seinem Sein Vollkommenheit definiert und sich nicht erst für diese entscheiden muss. Das hieße ja, dass Vollkommenheit etwas wäre, das außerhalb Gottes existierte, etwas, dass er selbst erstreben/für das er sich entscheiden müsse um überhaupt erst Gott sein zu können - was ja nicht sein kann. Gott ist einzig sich selbst verpflichtet. Er allein ist der Maßstab für Vollkommenheit. Ohne Gott keine Vollkommenheit. Egal was er tut, es wird immer vollkommen sein. Und dennoch kann, ja muss man m. E. sagen, dass Gott sich dennoch bewusst dazu entscheidet, so zu sein, wie er ist, so zu agieren, wie er agiert, er fortwährend bestrebt ist, sein eigens erdachtes Ideal zu erfüllen; welches er jedoch nicht erfüllen muss, (wer sollte ihn auch dazu zwingen?) sondern es freiwillig tut; womit der in meinem vorherigen Post angedeutete Widerspruch gelöst wäre.

Da gibt es für mich kein "hineindenken", ob ER sich nicht ab und zu doch selbst kontrollieren müßte, ob ER sein eigenes Wesen auch noch "einhält". ER ist eben so, genauso wie du nichts anderes sein kannst, als was du eben bist.

Der Grund, weshalb ich die Frage aufwarf, ob Gott ein selbstreflektiertes Wesen sei, liegt schlicht darin, dass es sich bei Selbstreflexion doch um ein wesentliches Kriterium von Persönlichkeit, auch eine Bedingung von Freiheit, handelt. Fällt nun dieses ganze „Innenleben" weg, so stellt sich die Frage inwiefern uns Gott dann noch als Persönlichkeit erscheint. Ein Gott, der lieben muss, gleichsam automatisch, ohne sich dafür, vermittelst Selbstreflexion zu entscheiden, erscheint mir persönlich nicht mehr als eine Person, eher als eine, wenn auch uns offensichtlich wohlgesonnene, höhere Macht. Daher würde ich deinen zweiten Satz so nicht unterstreichen.
  
So, jetzt erstmal ne kleine Denkpause...

Antworten Zuletzt bearbeitet am 18.11.2015 20:30.

christ90

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Re: persönlich vs. unpersönlich

von christ90 am 19.11.2015 00:22

Pal: Auf der anderen Seite habe ich für deine Frage nach einer Personifizierungs-Vorstellung doch die allerleichteste Antwort: JESUS CHRISTUS, Gott in Person!

Damit hast du natürlich Recht, wiewohl du die eigentliche Schwierigkeit damit umgehst: Jesus, als Person, können wir uns sehr wohl vorstellen, in ihm erfahren wir, resp. erfuhren seine Zeitgenossen Gott buchstäblich mit ihren Sinnen. In Jesus gewährt uns Gott Einblick in sein Wesen. Obschon Wesenseins mit dem Vater stand Jesus gewissermaßen vor demselben Problem wie wir: Auch er war, was Gott betrifft auf Hilfsvorstellungen angewiesen, betete ihn an als himmlischen Vater.

Cleo: Also ich persönlich stelle mir Gott garnicht so als einen Menschen vor.

Ich denke auch, dass wir uns Gott nicht als einen Menschen vorstellen sollten. Auch Jesus hätte sich dagegen wohl entschieden verwahrt.
Des Weiteren stimme ich mit deinem Beitrag überein.

Solana: Wenn wir uns eine "Person" vorstellen wollen, dann stellen wir uns automatisch eine menschliche Person vor, weil wir nun mal nur solche Personen kennen.
Diese Vorstellung nun einfach so auf Gott zu übertragen, kann ihm nicht gerecht werden. Gott ist nun mal keine menschliche Person.

Fassen wir Gott als (vorgestellte) Person auf, so werden wir ihm nicht gerecht. Und doch handelt es sich bei ihm beileibe nicht um ein unpersönliches Es. Sollte Gott, der Grund aller menschlichen Individualität und Personalität, nicht selbst ein personales Du sein, und nicht ein unpersönliches Es? Ein Gott, der Personalität begründet kann selber nicht apersonal sein. Gott bleibt in der Hinsicht gewiss nicht unter unserem Niveau.

Auch deinen weiteren Ausführungen kann ich mich nur anschließen.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 19.11.2015 00:22.

Pal

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Re: persönlich vs. unpersönlich

von Pal am 19.11.2015 10:14

Zum Überdenken des hiesigen Themas noch ein paar Bibelverse:

1Jo 1:1 Das da von Anfang war, das wir gehört haben, das wir gesehen haben mit unsern Augen, das wir beschaut haben und unsre Hände betastet haben, vom Wort des Lebens 1Jo 1:2 und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, welches war bei dem Vater und ist uns erschienen: 1Jo 1:3 was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch, auf daß ihr mit uns Gemeinschaft habt; und unsre Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus.

Mir scheint, Johannes war hier von etwas sehr beeindruck. Etwas, was er gesehen, gehört und betastet hatte: Das ewige Lebenswort wird mit diesen Aussgen, in personifizierter Menschengestalt, bestaunt!

Joh 1:14 Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.
Das, was für die Juden eine Lästerung gewesen war, nämlich das eine Person von sich behaupten würde, sie wäre göttlich - oder Gottes direkter Abstammung - wurde in Jesus zur Wahrheit.

Das was vor Jesus noch verboten war, um eine Person anzubeten, das dürfen wir heute, mit ruhigem Gewissen, tun!

Es gibt für uns faktisch beides: Den Allerhöchsten in "unfaßbarer Form" und die Person Gottes in Menschengestalt.
mM

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