postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

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Merciful

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Re: postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

von Merciful am 14.03.2019 09:42

Hallo, Hyperion,

du nennst einen bedenkenswerten Punkt.

Nämlich jene Tatsache, dass der Begriff Postevangelikalismus keine positive Aussage darstellt.

Der Begriff sagt negativ aus, was jene, die sich dem Postevangelikalismus zugehörig fühlen, nicht mehr sind.

Notwendig aber ist letztlich eine positive Aussage.

Eine Aussage, die bekennt: Ich bin der und ich glaube dies.

Diese Notwendigkeit führte schon in der Frühzeit der Kirche zur Ausbildung des Bekenntnisses.

Ich denke etwa an das Apostolikum (Apostolisches Glaubensbekenntnis).

Schon in der Bibel finden wir einzelne Bekenntnisse.

Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.

(Hebräerbrief 13, 8; Lutherbibel 2017)

Merciful

Antworten Zuletzt bearbeitet am 14.03.2019 09:46.

Hyperion

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Re: postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

von Hyperion am 14.03.2019 11:24

@Merciful: Na ja, ich weiß jetzt zwar nicht inwiefern ein positiver Begriff (bzw. eine positive Aussage) notwendig ist, wie du meintest, aber grundsätzlich hast du meine Intention schon ganz richtig erfasst. Ich finde solche Begrifflichkeiten halt ganz einfach schwierig, weil schlussendlich mehr Fragen aufwerfend, als aufklärend. Ich hab' aber auch kein echtes Problem damit, wenn sich Gläubige mit solch einem Begriff selbst kennzeichnen möchten. Schlimmer fände ich es da schon, würden sie mit solch einem Begriff in diffamierender Weise dargestellt werden. 

Es ist, wie gesagt, kompliziert. Im Christentum können Selbstbezeichnungen nämlich durchaus den Geschmack des Diffamierenden haben. "Bibeltreu" ist z.B. solch ein Begriff. Denn die, die sich bibeltreu nennen, wollen sich mit dieser Bezeichnung ja von den Christen abgrenzen, die sie eben nicht für bibeltreu halten. Schlussendlich sagen sie also damit, dass die anderen sich hinsichtlich der Bibel treulos verhalten und das ist dann schon eine klare Diffamierung.

Oder nehmen wir z.B. folgenden Vergleich: man ist im Leben nicht zunächst präverheiratet, dann verheiratet und wenn's doof läuft dann irgendwann postverheiratet, sondern man ist zunächst ledig, dann verheiratet und im blödsten Fall dann leider geschieden. Das sind klar voneinander unterscheidbare Begriffe, die den jeweiligen Familienstand deutlich kennzeichnen. Und sowas wünschte ich den "Postevangelikalen" eben auch, weil sie sich in ihrem Leben ja sicherlich auch nicht irgenwann einmal als "präevangelikal" verstanden haben...

Ich selbst bin z.B. im Alter von 13 Jahren in einem evangelikalen Umfeld gläubig geworden und hab' mich dann so ab dem 18ten Lebensjahr in eine andere Richtung bewegt und weiß deshalb sehr genau, wie schmerzhaft solch eine Entwicklung sein kann. Aber ich wäre halt nie auf den Gedanken gekommen mich nun als Postevangelikalen zu bezeichnen. Am liebsten würde ich deshalb einfach sagen "ich bin Christ und fertig...", aber ich weiß eben auch, dass das leider gar nicht so einfach ist, weil Christsein angesichts der unfassbar zahlreichen Denominationen eben sehr unterschiedlich aufgefasst werden kann. Und darüberhinaus habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass sich mein persönliches Gottes-, Welt- und Menschenbild teilweise deutlich von dem anderer Christen unterscheidet. Deshalb vermute ich, dass der Begriff "Postevangelikal" eben aus solch "einer Not" heraus entstanden ist.

LG
Hyperion

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Bithya85

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Re: postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

von Bithya85 am 14.03.2019 13:27

@Hyperion kann ich verstehen, ich finde den Begriff auch nicht gut gewählt. Aber er sagt eben genau das aus, man war evangelikal und ist es jetzt nicht mehr. Ich kann verstehen, dass man damit Probleme hat. Einige sagen dazu auch progressiver Glaube, den Begriff mag ich aber noch weniger das sage ich noch ungerner, weil das eben dieses "ich bin besser als du" beinhaltet. Oder besser: Kann man leicht so verstehen. Weil progessiv ja fortgeschritten weißt und wenn man sagt: Ich habe einen fortgeschrittenen Glauben... das klingt sehr... merkwürdig :-D 

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Hannalotti

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Re: postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

von Hannalotti am 14.03.2019 13:46

Hallo Bithya85,
habe gerade eben mal ein bisschen in diesen Thread hineingelesen. Sehr interessant...
Bithya85: Ich habe einen fortgeschrittenen Glauben... das klingt sehr... merkwürdig :-D
Naja, es klingt ehrlich gesagt (auch wenn Du den Satz nicht von Dir persönlich aussprichst, sondern nur den Begriff erläuterst) "von oben herab".
Ich habe übrigens ein paar Mal in "Hossa-Talk" hineingehört. Es sind teilweise doch andere Ansichten als in anderen Freikirchen zu finden.
Gerade bspw. in Puncto Homosexualität.
Natürlich muss man sich auch mit den umstrittenen Bibelstellen auseinandersetzten, aber mir fällt gerade in der postevangelikalen Richtung der oft wiederholte Satz: "Glaube ist Stückwerk" als Gegenargumentation auf. Bloß: Jeder, der das sagt, glaubt selbst die alleinige Wahrheit zu besitzen und begegnet dem "konservativen" Bruder gegenüber intolerant und tritt seinen konservativen Geschwistern gegenüber wie ein Richter auf. Und das finde ich oft sehr schade.
P.S.: Die Absätze wollen nicht so, wie ich will. Wie kriegt man das hin?

Antworten Zuletzt bearbeitet am 14.03.2019 13:56.

Merciful

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Re: postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

von Merciful am 14.03.2019 14:17

Hallo, Hyperion,

die Identitätsfrage bewegte mich mein Leben lang, sie ist für mich von existentieller Bedeutung.

Wer bin ich? Wer möchte ich sein? Was glaube ich? Wovon bin ich überzeugt? Wie möchte ich handeln?

Auch der Herr Jesus Christus sah sich mit dieser Frage konfrontiert.

Ist er einer der Propheten? Ist er der Christus? Ist er der Sohn Gottes?

Seine Zeitgenossen waren über dieser Frage uneins.

Ich gehe davon aus, dass Jesus sich dieser Frage in einem längeren Prozess stellte.

In seinem Selbstverständnis bildete sich die Gewissheit aus, der Menschensohn zu sein, der verheißene König Israels.

So finden wir auch, besonders im Evangelium nach Johannes, ausgesprochen positive Aussagen:

Ich bin das Brot des Lebens.

Ich bin das Licht der Welt.

Ich bin der gute Hirte.

Ich bin der wahre Weinstock.

Vorher schon stellte sich die Identitätsfrage Johannes dem Täufer:

Ich bin nicht der Christus.

Ich bin die Stimme eines Predigers in der Wüste.

So, meine ich, wird auch ein jeder Christ heute sich jener Frage stellen und eine positive Antwort geben müssen.

Es genügt nicht, auszusagen, was man nicht (mehr) ist.

Merciful

Antworten Zuletzt bearbeitet am 14.03.2019 14:19.

Hyperion

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Re: postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

von Hyperion am 14.03.2019 14:47

@Bithya85: Aber findest du es dann nicht selbst etwas bedauerlich, dass du die nähere Bezeichnung deines christlichen Glaubens nur in Begriffen beschreiben kannst, die du selbst als nicht gut gewählt, oder gar merkwürdig bezeichnen würdest? Ich stell' mir das jedenfalls sehr schwierig und letztlich auch unbefriedigend vor.

Ich weiß jetzt nicht ob es hier im Thread war, oder ob ich das vorhin irgendwo in deinem Blog gelesen habe, aber irgendwo meintest du, dass du gerne authentisch glauben möchtest. Das finde ich sehr schön! Vorallem auch, weil das höchstwahrscheinlich schon von dem Zeitpunkt an galt, als du deine allerersten Glaubenschritte machtest und insofern dann ja auch weitestgehend vom Evangelikalismus unabhängig ist. Wäre dir dann das Selbstverständnis einer authentisch glauben wollenden Christin nicht viel näher, als das Selbstverständnis einer Postevangelikalen, oder einer Progressiven? Nur mal so lieb gefragt....

@Merciful: Ich kann dich sehr gut verstehen und gebe dir völlig recht. Das eigene Selbstverständnis und die Identitätsfrage ist von herausragender Bedeutung. Aber gerade deshalb ist es vielleicht auch so schwierig das ganze in die passenden Begriffe zu packen? Es ist aber sicherlich weit besser sagen zu können was man ist, als sagen zu müssen was man alles irgendwie nicht mehr ist....

LG
Hyperion

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Burgen
Gelöschter Benutzer

Re: postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

von Burgen am 14.03.2019 17:02

Hallöchen,

den Beitrag von bei www.worthaus.org von Prof.Dr. Siegfried Zimmer ist sehr hörenswert. Er spricht und erklärt 5 Bibelstellen und zeigt damit, wie wichtig es ist, die Bibelbücher nicht nur so nach dem Wortlaut zu lesen und zu glauben. Sondern, was wir hier im Forum früher schon schrieben, zB die einzelnen Aussagen, besonders auch der Briefe, ebenfalls im kulturellen Umfeld zu betrachten.

In diesem wirklich wichtigen Vortrag geht es um die Schwulen und Lesben.
Interessanter Weise stellte er sehr glaubwürdig heraus, dass die Bibel und Christus Jesus nie etwas zu dem Thema weder gesagt, noch geschrieben haben. Außerdem sind weltweit etwa 3-4 % Männer und 2-3 % Frauen jeweils schwul oder lesbisch.

Trotzdem wurden über die Jahrhunderte Menschen im 5-6 stelligen Bereich deswegen getötet, gefoltert, umgebracht. Und niemand kirchlicherseits hat darüber Leid geäußert oder sich entschuldigt. Im Gegenteil.

Diesen Beitrag möchte ich hiermit wirklich wärmstens empfehlen für „jederMann / Frau“ . Gerade auch für Christen.
Das Thema heißt: Die Schwulenfrage - Die Bibel, die Christen und das Homosexuelle vom 7.2.15

LG
Burgen

Antworten Zuletzt bearbeitet am 14.03.2019 17:06.

Hannalotti

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Re: postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

von Hannalotti am 14.03.2019 17:28

Hallo Burgen,

Burgen: Interessanter Weise stellte er sehr glaubwürdig heraus, dass die Bibel und Christus Jesus nie etwas zu dem Thema weder gesagt, noch geschrieben haben.

Weil es für Jesus/Gott nur die Option von Ehe aus Mann und Frau gibt. Er sagt selbst:

Jesus: Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer sie am Anfang männlich und weiblich erschaffen hat und dass er gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein?

https://www.bibleserver.com/text/EU/Matth%C3%A4us19%2C5-6



Burgen: Trotzdem wurden über die Jahrhunderte Menschen im 5-6 stelligen Bereich deswegen getötet, gefoltert, umgebracht. Und niemand kirchlicherseits hat darüber Leid geäußert oder sich entschuldigt. Im Gegenteil.


Das stimmt nicht! Hier nur einige Beispiele:



Jürgen Werth: Werth betonte, es sei die Pflicht jedes Christen, Respekt vor den Menschen zu haben. In diesem Sinne entschuldigte er sich im Namen der Allianz bei Homosexuellen, die Diskriminierungen erfahren hätten. "Ich persönlich bin der Meinung, dass Homosexualität nicht dem Schöpfungsgedanken Gottes entspricht, aber ganz vieles, was wir heute tun, entspricht dem nicht", erklärte er weiter.


https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/gesellschaft/2011/06/03/sind-evangelikale-extrem-diskriminierend/

oder auch eine andere:


http://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Landesbischof-entschuldigt-sich-bei-Homosexuellen
LG
Hannalotti

Antworten Zuletzt bearbeitet am 14.03.2019 17:30.

Cleopatra
Administrator

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Re: postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

von Cleopatra am 14.03.2019 18:03

Ganz kurzer EInwand, bevor sich das Thema hier ändert:
 
Liebe Burgen, bitte lies man 3. Mose 18 (vor allem Vers 22) und 3. Mose 3,22.
 
Lg Cleo

Die Bibelverse sollen meine Meinung bilden, nicht begründen
Zitate im Forum, wenn nicht anders vermerkt, aus der rev.Elberfelder

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Burgen
Gelöschter Benutzer

Re: postevangelikale Glaubensrichtung, was ist darunter zu verstehen ?

von Burgen am 14.03.2019 18:52

Ja, genau, diese Stellen aus 3.Mose sind seine Grundlage. Und dann folgen noch 3 weitere von Paulus.

Ich denke, dass er wegen der Entschuldigung die beiden großen Kirchen meinte.

Er sprach davon, wie es in England gehandhabt wurde, nämlich umgebracht oder ins Gefängnis und in Steinabbauminen.

Die Zeitungsartikel kenne ich nicht. Habe mich nie mit solchen Aussagen beschäftigt.

Sein Vortrag ist von 2015 und für mich wirklich wunderbar nachvollziehbar.

Vergleichbar mit dem, was in etlichen Kirchgemeinden an Ausgrenzung geschieht.

Ja, natürlich hat Gott eine Frauund einen Mann geschaffen. Damals und im Orient wohl noch heute, bekam jeder Mann

15 oder mehr oder weniger Kinder mit seinen Frauen. Es herrschte das Patriarch.

Jedenfalls empfehle ich as Video anzuhören.

Denn genau um solch Aussagen scheint es Bythia wohl zu gehen.

Diese Verallgemeinerungen, die kulturell gehandhabt wurden und dann dogmatisch in eine Kirchenlehre eingepflanzt wurden.

Und wer nicht dazu passt muss eben gehen oder bekommt keine Arbeit, wird gar gekündigt.

Das alles im Namen Gottes.

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